Gesetzesbestimmungen
Konkordat betreffend Bau und Unterhalt der Gotthardstrasse vom 26. Oktober 1826
LB UR (1842) Bd III S. 070-083
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Donnerstag, 26. Oktober 1826
«Nachdem sich die löbl. Stände Luzern, Uri, Basel, Solothurn und Tessin in der Absicht vereiniget haben, die geeignetsten Mittel zu ergreifen, um dem fernern Zerfall des Transithandels von Basel aus bis an die Grenzen von Piemont und Italien auf der Seite des Kantons Tessin über den St. Gotthardsberg zu steuern und so viel möglich die Quelle des Wohlstandes auf diese alte Straße zu leiten, welche sich durch die Mitte der Schweiz zieht, so wie selbe darauf standhaft zu erhalten, sind dieselben nach einer reifen Ueberlegung über folgende Artikel übereingekommen:
§. 1. Die löbl. Stände Basel und Solothurn verpflichten sich, die Straße über den untern Hauenstein von Buchten aus bis Trimbach auf eine solche angemessene Art zu erbauen, daß die Waaren bequem auf den Fuhren transportirt werden können, und zwar nach den von den eidgenössischen Kommissarien genehmigten Plänen, die in den Archiven der hohen Tagsatzung niedergelegt sind.
§. 2. Der löbl. Stand Luzern verbindet sich, die Straße, die durch sein Gebiet von Reyden bis auf Luzern führt, auf gleichem Fuße zu erbauen oder so zu korrektioniren, daß man keines Vorspannes bedürfe.»
§. 3. Der löbl. Stand Uri verpflichtet sich, die Straße von Fluelen bis Amsteg so zu korrektioniren, daß sie wenigstens die Breite der Bergstraße haben soll, und ohne Vorspann befahren werden könne, sowie dann auch diejenige ganz neu zu erbauen, welche von Göschenen bis an die Grenzen des Kantons Tessin führt, mit Inbegriff der Fläche des Ursern-Thales und zwar nach der Anlage und Vermessung des Planes des Hrn. Landammanns Meschini, mit Vorbehalt aber allfälligen Berichtigungen, die bei der Ausführung noch nöthig erfunden werden könnten.
Die Regierung von Uri wird bei Anlaß der Ausführung die größte Sorge tragen, daß das Ansteigen von Göschenen bis auf die Höhe des Berges so sanft als möglich werde.
§. 4. Der löbl. Stand Tessin verpflichtet sich, den noch übrigen Theil der Straße von den Grenzen des Kantons Uri auf dem St. Gotihardsberg bis zur gegenwärtigen neuen Straße in und durch Airolo führend nach der Anlage und den Vermessungen der von Hrn. Landammann Mseschini aufgenommenen Plänen zu erbauen.
§. 5. Die fünf betheiligten löbl. Stände verpflichten sich, die betreffenden Arbeiten gleichzeitig zu unternehmen, sobald das gegenwärtige Konkordat die endliche Genehmigung der betheiligten hohen Regierungen, so wie die Verlängerung und Vermehrung des Zollbezugs zu Gunsten der Kantone Uri und Tessin nach Inhalt der §§. 10. und 11. des gegenwärtigen Konkordats, die Bewilligung wird erhalten haben, und sobald es die Jahrszeit gestattet; sie verpflichten sich ferner, diese Arbeiten ununterbrochen und mit aller Sorgfalt fortzusetzen, und so viel möglich bis Ende des Jahres 1829 zu beendigen.
§. 6. Jeder Kanton wird auf seinem Gebiete nicht nur allein die ordentliche Unterhaltung der korrektionirten oder nach gegenwärtiger Uebereinkunft neu erbauten, sondern auch aller sämmtlichen Straßen, die durch ihre Gebiete auf der geraden Linie von Basel nach Magadino, Locarno, Chiasso und Ponte Tresa führen, besorgen.
Die fünf betheiligten Kantone verpflichten sich, die Räder mit breiten Radfelgen einzuführen, und sie zu begünstigen.
§. 7. In Beziehung auf die Eröffnung des Passes über den St. Gotthard zur Zeit, wo die Erde mit Schnee bedeckt ist, verbinden sich die löbl. Stände Uri und Tessin auf ihren beidseitigen Gebieten in der Mitte des Berges an einem schicklichen Orte ein Schirmhaus erbauen zu lassen, und unter sich die nöthigen Anordnungen zu treffen, daß zu jeder Zeit der Durchpaß offen bleibe.
Die Eröffnung des Passes über den Schnee soll so geschehen, daß die gleichen Schlitten, welche die Kaufmannsgüter auf der Ebene führen, sie auf dem Berge, ohne daß sie umgeladen werden müssen, können fortgeschafft werden. Zu diesem Ende und um die beiden Regierungen für ihre hierauf bezüglichen Kosten zu decken, sollen hochdieselben begwältiget seyn, jede von ihnen eine außerordentliche Gebühr von allen Kaufmannsgütern ohne Ausnahme im Verhältniß von einem halben Batzen wenigstens auf die 100 Kilograme zu beziehen. Dieser Bezug wird nach gegenwärtiger Uebung vom 1. November bis letzten April statt haben.
Der Kanton Tessin wird seinerseits sorgen, daß das Hospitium auf dem St. Gottßardsberge in jenem Zustand hergestellt werde, daß die Fremden darin wieder können aufgenommen und ihnen die nöthigen Hülfsleistungen in der schlimmern Iahrszeit abgereicht werden. Derselbe wird zugleich trachten, daß diese Besorgung, wie früher war, Personen geistlichen Standes anvertraut werde, welche besonders zu einer solchen frommen Stiftung gewidmet sind.
Vermöge dieser außerordentlichen Taxe, welche die beiden Regierungen von Uri und Tessin in Kraft des gegenwärtigen Artikels während der Winterzeit beziehen, liegt es in ihrer deutlichen Verpflichtung, zu sorgen, daß nicht nur allein der Durchpaß über den Berg, sondern die ganze Straße selbst diesseits weiter als Amsteg, und jenseits weiter als Airolo, bis dahin, wo es die Noihwendigkeit erfordert, beständig offen und für die Reisenden, so wie für die Schlitten, welche Waaren führen, fahrbar bleibe.
§. 8. Um sich zu versichern, daß die Handlungsstraße von Basel bis an die Grenzen der Lombardie und des Piemonts auf der ganzen Linie stets in einem guten Zustande unterhalten werde, werden jedes Jahr bei dem Anlasse der Versammlung der hohen Tagsatzung die Ehrengesandtschaften der betheiligten löbl. Stände zusammentreten, und können in Gemäßheit der von ihren resp. hohen Behörden erhaltenen Instruktionen durch einen oder zwei Kommissarien eine Beaugenscheinigung des Bestandes der Straße anordnen und sich einen Bericht über den Befund abstatten lassen, auf welchen hin die Abgeordneten der fünf Kantone die geeigneten Maßnahmen treffen können, im Falle, daß einer dieser Kantone die Unterhaltung seiner Straße vernachlässigt hätte.
Die löbl. Stände verpflichten sich ebenfalls, schon von jetzt an und so wie späterhin die eintretenden Umstände es erfordern werden, jeder auf seinem Gebiete alle nöthigen Maßnahmen zu treffen, durch welche die Schnelligkeit und Pünktlichkeit, so wie dann auch die Sicherheit der Waaren längs der Route bezweckt werden kann. Zu diesem Ende wird kein Kanton zugeben, daß weder Regulative noch Verfügungen, von welcher Beschaffenheit sie auch seyn mögen, eingeführt werden, welche dem Transit in Beziehung der Schnelligkeit oder der nöthigen Wohlfeilheit des Transports schaden könnten.
Die löbl. Stände Luzern und Uri verpflichten sich, zu diesem hin besonders zu veranstalten, daß die Abfahrt der Schiffe zu Verführung der Waare von Fluelen nach Luzern und vice versa, wenigstens zweimal in der Woche statt habe, und daß die Schiffe für ihre Rückkehr wieder Rückladung erhalten mögen.
Die löbl. Stände von Basel und Luzern verpflichten sich, ihrerseits zu sorgen, daß die Waaren ohne jede Verspätung von ihren betreffenden Stätten abgeführt werden, zu welchem hin die großen Lastwägen oder die kleinen Fuhren, je nach Maßgabe des größern oder mindern Zuflusses der Waare gebraucht werden mögen, jedoch immer unter der Begünstigung der freien Konkurrenz unter den Fuhrleuten. Zu diesem hin werden die löbl. Stände von Luzern, Basel und Uri eingeladen, sich hierüber zu verständigen.
§. 9. Im gemeinschaftlichen Einverständniß wird eine Tarife von Basel bis an die tessinischen italienischen Grenzen aus gleichförmige Grundsätze gefußt, festgesetzt werden. Diese Tarife wird auf den Unterschied der Straße nicht nur allein nach ihrer Länge, sondern auch nach dem Grade der Beschwerlichkeiten selbst, und folglich dann auch im Verhältniß des mindern Waaren-Gewichts, das man durch die gleichen Mittel wird führen können, berechnet werden.
Das Maximum dieser Tarife wird zu keinen Zeiten anders als durch das gemeinschaftliche Einverständniß der betheiligten löbl. Stände erhöht werden können.
Da aber Verumständungen nicht nur allein Abänderungen in dieser Tarife nothwendig machen, sondern auch Anlaß geben könnten, daß man andere Maßnahmen nehmen müßte, die das allgemeine Beste erfordern dürfte, so ist man übereingekommen, daß die betheiligten löbl. Stände beim Anlaß der jährlichen Versammlung der hohen Tagsatzung, alles Dasjenige in ihrem Zusammentritt Vorbringen können, was sie zur Verbesserung und Beförderung des Transits zweckdienlich erachten werden, wo man dann in Folge der von den Regierungen erhaltenen Ermächtigungen unter Vorbehalt ihrer Genehmigung im Einverständniß dasjenige werde beschließen können, was man schicklich finden wird.
Wenn jedoch im Laufe des Jahres (außer dem Zusammentritt der hohen Tagsatzung) außerordentliche und dringende Verumständungen es erforderten, so könnte man sich über Alles mittelst Korrespondenz verständigen, was das allgemeine Beste des Transits erfordern dürfte.
§. 10. (Änderung Tagsatzung vom 13.08.1827)
1) Die Tagsatzung bewilligt dem löbl. Stand Uri, zum Behuf der Fahrbarmachung der Straße von Göschenen auswärts bis an die Grenze des Kantons Tessin, den Bezug nachfolgender Zoll- und Weggeldgebühren:
a) Von jedem Zentner Kaufmannswaaren zu 100 Pfunden Zurzacher. Gewicht, oder zu 50 Kilogrammen ohne Unterschied Btz. 2
b) Von einem Saum-, Sattel- oder jedem andern Pferde, das nicht zum Waarentransporte dient Btz. 1 Rp. 5
c) Von einem Pferde, welches an eine Kutsche, Chaise, oder ein anderes zum Transport von Menschen bestimmtes Gefährt gespannt ist, neben der Gebühr, welche die Person bezahlt Btz. 6
d) Von jedem Stück Hornvieh Btz. 1
e) Von jedem Stück Schaf, Schwein oder Ziege 1 ½ Rp.
2) Der Bezug dieser Gebühren hebt an, sobald die Straße von Göschenen aufwärts bis an die Grenze des Kantons Tessin, nach Maßgabe der in das eidgenössische Archiv niedergelegten Pläne, fahrbar gemacht seyn wird; und soll fortdauern, bis Kapital und Zinse der für die Straße von Göschenen bis und mit Inbegriff des Urnerlochs, und von und mit Inbegriff der Brücke zu Hospenthal bis an die Grenze des Kantons Tessin verwendeten Summe, eingerechnet die jährlichen Zuschüsse in eine dießfällige Tilgungskasse sammt deren Interessen, getilgt seyn werden.
3) Der löbl. Stand Uri ist verpflichtet, sobald der Bezug dieser Gebühren anhebt, dem hohen Vorort eine Rechnung über den Betrag der Baukosten, und von dann an, zu einfacher Kenntnißnahme durch die Tagsatzung, einen jährlichen Ausweis über den Ertrag der bewilligten neuen Gebühren und deren Verwendung zum Behufe der Liquidation einzureichen.
4) Der Tagsatzung soll von zehn zu zehn Jahren von Seite der fünf konkordirenden Stände Luzern, Uri, Solothurn, Basel und Tessin über den Zustand der Straßen und den Fortgang der Liquidation genügender Bericht und Ausweis erstattet werden; sie mag nach Umständen zu gleichem Zwecke auch eine besondere Beaugenscheinigung anordnen.
5) Nach Tilgung der im Art. 2 benannten Ausgaben hört der Bezug der im Art. 1 bewilligten neuen Gebühren auf.
6) Damit die Vortheile des Straßenbaues durch angemessene Zoll- und Transit-Einrichtungen unterftützt und gesichert werden; so erläßt die Tagsatzung an den löbl. Stand Uri:
a) zur Würdigung und möglichen Beachtung die Einladung, die alten Tariffe, mit Beibehaltung ihres bisherigen Betrags, insoweit abzuändern, als die neuen Fuhr-Einrichtungen es erfordern könnten, und die Tagsatzung von den getroffenen Abänderungen in Kenntniß zu setzen;
b) die Empfehlung, solche Einrichtungen zu treffen, daß transitirende Waaren bei dem Eintritt in den Kanton so viel möglich komulativ alle Gebühren bezahlen können, die auf der ganzen Strecke zu entrichten wären; und sich mit dem löbl. Stand Tessin darüber zu verstehen, daß die transitirenden Waaren, die aus dem Kanton Tessin kommen, nur einmal, entweder bei dem Eintritt oder Austritt in den Kanton Uri gewogen werden.
§. 11. Die fünf betheiligten löbl. Stände verbinden sich zugleich, bei der nächstfolgenden Tagsatzung das Ansuchen zu begünstigen, welches der löbl. Stand Tessin stellen wird, daß der jetzige Zoll, den er in Airolo bezieht, bei seiner Erlöschung auf dreißig Jahre verlängert werde, und zwar auf alle Waaren ohne Unterschied und daß ihm ein neuer Zoll von 4 Batzen per Saum (der Saum zu 300 Zurzacher Gewicht gerechnet) unbedingt auf alle Maaren gestattet werde.
Der Bezug dieses neuen Zolles von 4 Batzen wird anfangen, nachdem die neue Straße den Fuhren geöffnet seyn wird, und dann wird dieser Zoll von 4 Batzen zehn Jahre lang dauern, und während zwanzig andern aufeinander folgenden Jahren wird dieser Zoll von 4 auf 2 Batzen herabgesetzt werden, jedoch mit Vorbehalt in gemeinschaftlichem Verein, nach Ergebniß der Umstände eine Verlängerung desselben zu bestimmen.
Ueber diese Erhöhung oder neuen Zoll auf jede Waare hin wird der Kanton Tessin während der ganzen oben bemerkten Zeit und vom gleichen Zeitpunkt an, nämlich wenn die neue Straße den Fuhren geöffnet seyn wird, einen neuen Zoll neben demjenigen, den er jetzt schon bezieht, auf nachstehende Gegenstände in folgendem Verhältniß beziehen:
1) Für ein Saum-, Sattel, oder sonst ein anderes Pferd, ausgenommen jene, welche zum Waaren-Transport dienen Btz 1 Rp. 5;
2) Für ein Pferd, welches an einer Kutsche (Chaise) oder Wagen gespannt ist
Btz. 3;
3) Für jedes Stück Hornvieh Btz 1. Rp. 5;
4) Für jedes Stück Schaf, Geis oder Schwein Rp. 5
5) Für jede Person unter dem Titel Zoll oder Brückengebühr Rp. 5
§. 12. Gegenwärtige Uebereinkunft wird in allen ihren Theilen gegenseitig von den fünf betheiligten Kantonen gewährleistet und von den Ehrengesandtschaften bei dieser Konferenz angenommen; sie erhält aber ihre Vollziehung nicht eher, als bis die fünf betreffenden hohen Regierungen dieselbe werden raiifizirt und die hohe Tagsatzung die neuen Zoll-Ansätze wird genehmigt haben.
Die Ehrengesandtschaften der fünf Stände verpflichten sich, die Ratifikation derselben (jede Gesandtschaft bei ihrer h. Regierung) so bald möglich zu befördern, die sie dem Kanton Luzern einberichten werden, und die er dann den betheiligten Ständen zur Kenntniß bringen wird.
§. 13. In Ueberlegung endlich, daß der neue Straßenbau sowohl auf dem Gebiete von Uri, als auf jenem von Tessin eine besondere Aufmerksamkeit erfordere, indem man da zwei Sachen ins Auge fassen müsse, einerseits die Dauerhaftigkeit (Solidität) derselben und anderseits die Beschleunigung der Arbeiten; so wäre es sehr zu wünschen, daß die zwei Regierungen, denen dieser Straßenbau obliegt, für ordentliche und beförderliche Vollziehung entweder selbst sorgen oder unmittelbar durch einen kunstverständigen Mann von erprobten Kenntnissen und eines zuverlässigen Zutrauens würdig, besorgen lassen würden, damit man sich vergewissern könne, daß nicht nur allein der Plan, so wie er von Hrn. Landammann Meschini ist entworfen worden, in allen seinen Theilen vollzogen, sondern daß er auch auf eine wahrhafte und dauerhafte Art und in der möglichst kürzesten Zeitfrist ausgeführt werde, welches sich nicht erreichen läßt, wenn man sich nur beschränkten Einsichten und der Gewinnsucht der Unternehmer überlassen würde. Die Ehrengesandtschaften, welche diese Konferenz bilden, werden diese Bemerkung den Regierungen von Uri und Tessin angelegenst empfehlen, und in dieselbe ein großes Gewicht legen.
Das zwischen den hohen Ständen Luzern, Uri, Solothurn, Basel und Tessin, bezüglich auf die Fahrbarmachung der St. Gotthardsstraße unterm 26. Weinmonat 1826 abgeschlossene Konkordat, so wie der in dieser Beziehung mit dem hohen Stand Luzern besonders abgeschlossene Societäts-Vertrag wurden angenommen und bestätigt, und der w. w. Landrath bevollmächtigt, das Weitere zur Vollziehung anzuordnen.»
Quelle:
KO 26.10.1826, LB UR 1842 Bd III, S. 70-83.
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RECHTSAMMLUNGEN
ABKÜRZUNGEN
LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat
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