Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde
Sonntag, 2. Mai 1920
Landesgemeinde vom 2. Mai 1920
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann:
Martin Gamma
Landschreiber:
Friedrich Gisler
Geschäfte:
Neuwahl des Regierungsrates / Wahl des Landammanns / Wahl des Landesstatthalters / Wahl der zwei Ständeräte / Entlassungsgesuch des Präsidents des Kreisgerichts / Ersatzwahl ins Kreisgericht Uri / Abänderung von Art. 28 KV (Volksbegehren) / Gesetz betreffend Beitragsleistungen an die Lehrerbesoldungen / Erhöhung des Kantonsbeitrages an das Kollegium / Inititaivbegehren (Lehrerbesoldungsgesetz) / Volksbegehren (Lehrlingsgesetz) / Initiativbegehren (Sonntagstanz am Kirchweihsonntag und bei Gesellschaftsanlässen) / Volksbegehren (Abgabe bei Tanzanlässen) / Bericht über die finanzielle Lage des Kantons / Bürgerrechtsgesuch (Fuchs) / Erneuerungswahl der Landschreiber / Erneuerungswahl der Landesfürsprecher / Erneuerungswahl der Landweibel.
Erhöhung des Kantonsbeitrages an das Kollegium.
Antrag:
«Gesuch der Kollegiumsgesellschaft um Erhöhung des Staatsbeitrages.
Mit Eingabe vom 8. Dezember 1919 richtet der Verwaltungsrat des Kollegiums Karl Borromäus von Uri an den Landrat zu Handen der Landesgemeinde das Gesuch, es möchte der bisherige fixe Staatsbeitrag von 7500 Fr. auf Fr. 15’000.— erhöht werden. Das Gesuch wird damit begründet, daß der Beitrag von Fr. 7500 seit Jahren der gleiche sei, daß das Kollegium jetzt 182 Studenten zähle, wovon 85 in Uri wohnhafte Bürger und Einwohner, während die ehemalige Kantonsschule nur eine ungleich kleinere Zahl von Urnern unterrichtet habe, daß ferner das Kollegium mit Defizit arbeite und auf Hilfe angewiesen sei.
Der Landrat zieht in Erwägung:
Diese Angaben sind richtig. Das Kollegium leistet dem Kanton Uri große Dienste, auch durch Unterricht in der gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschule. Die Teuerung setzt der Anstalt hart zu.
Allein diese Gründe sind für die Beurteilung des Gesuches nicht ausschlaggebend. Die Frage liegt so: Ist die Unterstützung des Kollegiums eine Pflicht des Staates oder der bestehenden Kollegiums-Aktiengesellschaft? Sie ist eine Pflicht der letztern.
Es ist daran zu erinnern, daß in den Jahren 1901 und 1902 eine Gesellschaft sich dem Urnervolke gegenüber anbot, ein Kollegium zu gründen und zu betreiben. Die Landesgemeinde 1902 nahm dieses Anerbieten an, und die Gegenleistung des Kantons an die Gesellschaft bestand in der Abtretung von Zeughaus und Schächengrund, in der Beteiligung einer Summe von Fr. 220’000 für bauliche Veränderungen, die aber um mehr als Fr. 100’000 überschritten wurde, ferner in verschiedenen Abtretungen und in der Ausrichtung des alten Staatsbeitrages an die Kantonsschule von Fr. 7500.- „für solange, als dieser Beitrag für den gedeihlichen Betrieb der Lehranstalt erforderlich ist". Man nährte also damals die Hoffnung, daß dieser Beitrag eines Tages dahinfallen werde.
Das Gesetz vom 4. Mai 1902 betr. Errichtung eines Kollegiums hat den Charakter eines Vertrages mit der Gesellschaft. Der Art. 3 bestimmt: „Weitere Leistungen an den Bau und den Unterhalt des Kollegiums und das Risiko des Betriebes desselben übernimmt der Kanton nicht." Und der Art. 4 legt diesen Sinn noch weiter aus in den Worten: „Der Betrieb des Kollegiums ist Sache einer zu bildenden Gesellschaft. Dieselbe muß über ein hinreichendes Kapital verfügen, um die im ersten Absatz genannten Verpflichtungen bestreiten und ein allfälliges Betriebsdefizit decken zu können."
Die Unterstützungspflicht ruht also bei der Kollegiumsgesellschaft und nicht beim Staate. Der Kanton kann dem Kollegium Karl Borromäus die Anerkennung der Leistungen auf dem Gebiete des Unterrichts aussprechen, muß aber darauf halten, daß die Kollegiumsgesellschaft die übernommenen Verpflichtungen erfüllt.
Und wenn, was anzunehmen ist, die alten Mittel nicht ausreichen, so wird zu einer Vermehrung derselben geschritten werden müssen, was in der heutigen Zeit, die für alle guten Zwecke Geld hat, nicht so schwierig sein sollte. Daß bezügliche Schritte unternommen worden, wird nicht gesagt.
Die Kollegiumsgesellschaft muß also auf den Weg der Kapitalvermehrung gewiesen werden, wobei die Frage, ob der Kanton sich hiebei beteiligen soll, offen bleiben mag. Eine solche Beteiligung in einem einmaligen Betrag wäre für den Kanton eher anzuraten, als die Durchlöcherung des Vertrages und Gesetzes von 1902, die das A bedeuten würde, dem das B und C unausweichlich folgen müßte. Ist der Pakt von 1902 einmal an einer Stelle beseitigt, so bedeutet das eine Ermunterung an die Gesellschaft, mit weiteren Gesuchen zu kommen. Es ist anzunehmen, daß der Kanton Uri unter den Lasten, welche ihm heute mit Rücksicht auf schwere Zeiten und außerordentliche Verhältnisse im Uebermaß aufgeladen werden, auch, dann noch zu tragen und zu seufzen haben wird, wenn die heutigen Gesuchsteller in besserer Lage sich befinden.
Aus diesen Erwägungen heraus wird beantragt, die h. Landesgemeinde wolle beschließen:
Auf das Gesuch des Verwaltungsrates des Kollegium Karl Borromäus von Uri, um Erhöhung des Staatsbeitrages von Fr. 7500.— auf Fr. 15’000.— sei trotz warmer Anerkennung der Leistungen dieser Unterrichtsanstalt dermalen nicht einzutreten, in der Meinung, daß es in der Pflicht und Möglichkeit der Kollegiumsgesellschaft gelegen sei, die Betriebsmittel zu erhöhen.»
Ergebnis:
Dem Gesuche des Verwaltungsrates des Kollegiums um Erhöhung des bisherigen jährlichen fixen Staatsbeitrages von Fr. 7500 auf Fr. 15000 wird, in Anerkennung der Leistungen dieser Unterrichtsanstalt, entgegen dem Antrag des Landrats entsprochen.
Link zum Beschluss betreffend Erhöhung des Kantonsbeitrages an das Kollegium
Quelle:
Abl UR 1920, Nr. 16, 15.04.1920, nach S. 356, 1-24 (Beratungsgegenstände); Abl UR 1920, Nr. 19, 06.05.1920, S. 413 ff. (Verhandlungen).
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