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Themen des Automobilwesens in Uri im Detail
Wintersicherheit der Passstrassen / Wintersperre
Eine andere Forderung der Automobilisten war jahreszeitlich bedingt. Das Rad war in den Alpen nicht wintertauglich. Von der Industrie wurden zwar Versuche gemacht und Anstrengungen unternommen, dass das Automobil dem Winter trotzen könnte. So wurden in Andermatt und Umgebung Versuche mit einem Ford'schen Automobilschlitten durchgeführt. Bei Fuhrwerk und Kutsche gab es im Winter als Ersatz die Schlittenkufen. Das Automobil war jedoch auch auf Schnee und Eis auf den Antrieb seiner Räder angewiesen. Im Winter lag auf den Pässen zuviel Schnee, und die zusätzliche Lawinengefahr machte eine Öffnung unmöglich. Die Möglichkeit des Schlittenverkehrs und vor allem die, den Jahreszeiten trotzende Eisenbahn machten eine Räumung der Gotthardstrasse ab Amsteg noch nicht notwendig. Jedoch sollte sich auch dies ändern. Das moderne Wirtschaftsleben verlangte eine ganzjährig geöffnete Strasse. Es wollten aber auch die Einheimischen ihre Automobile zu Gewerbezwecken das ganze Jahr benutzen. Vor allem waren diese Kreise der Ansicht, dass sich die Kosten der Offenhaltung bei einer Einnahme von nahezu 300'000 Franken aus den Strassengebühren rechtfertigen liesse. Es wurde auch von privater Seite versucht, die wichtigste Durchgangsstrecke über den Gotthard länger offenzuhalten. Da Ende Oktober im Tourismus südseits der Alpen noch Hochsaison war, erklärte sich der Kanton Tessin bereit, einen "grösseren Beitrag an die erheblichen Kosten" zu zahlen.
Im Kanton Uri war es für die Regierung und den grössten Teil der Bevölkerung eine unbestrittene Tatsache, dass der Gotthardpass dem Automobilverkehr im Winter verschlossen blieb. Die Natur war hier immer noch stärker als die Technik. Für die nötigen Schutzbauten fehlte dem Kanton das Geld, und die finanziellen Aufwendungen wären für den volkswirtschaftlichen Ertrag wohl in keinem günstigen Verhältnis gestanden. Es bestand jedoch die Möglichkeit, den Pass länger offenzuhalten. Dieses Ziel wurde hauptsächlich durch private Initiative zu erreichen versucht. Hierfür trat in den 1930er-Jahren die „Gotthard-Vereinigung“ beziehungsweise die "Vereinigung Gotthardstrasse" ein.
Im Frühjahr 1930 wurde die Gotthardstrasse für den durchgehenden Verkehr auf den 20. Juni geöffnet. Der ganze Frühjahrsverkehr für das Urserental war deshalb sehr gering. Diese Tatsache führte im Herbst 1930 zur Gründung einer Vereinigung, "mit dem Zwecke, die Gotthardstrasse früher dem Verkehr zu öffnen und Automobilisten und Ferienreisende auf die alte berühmte Gotthardstrasse wieder aufmerksam zu machen." Es wurde beabsichtigt, durch die frühere Öffnung der Gotthardstrasse mehr Verkehr und damit Verdienst für Hotels und Gewerbe ins Urserental zu bringen und zweitens für Arbeitsbeschaffung für die im Frühling gänzlich arbeitslosen Arbeiter und Bauernsöhne zu sorgen. Organ für die Stimmen, welche den Pass möglichst lange offenhalten wollten, war die "Automobil-Revue". Die Zeitung beabsichtigte denn auch, die Arbeit der "Gotthard-Vereinigung", welche seit dem Winter 1931/32 den Pass früher zu öffnen versuchte, in das richtige Licht zu rücken. Primärer Grund, um die hohen Ausgaben zu rechtfertigen, war die wirtschaftliche Besserstellung der schweizerischen Tourismusgebiete.
1933 war es der Vereinigung gelungen, den Pass am 5. Mai zu öffnen. Nach Angaben der "AutomobilRevue" passierten bis 9. Juni rund 6'000 Wagen den Gotthard, wovon zirka 2'000 auf die eigentlichen Pfingsttage (Samstag bis Dienstag) entfielen. Die Ausgaben der Kantone Tessin und Uri für die Schneeräumungen auf der Gotthardstrasse beliefen sich dabei nach Angaben der Zeitung auf zirka 19'000 Franken.
Jedes Jahr wurden nun durch die "GotthardVereinigung" Verhandlungen mit den beiden Kantonsregierungen geführt. Diese "Marktereien" veranlassten im März 1934 den Vorstand, der "Vereinigung Gotthardstrasse" zu beantragen, die Öffnung der Strasse selbst durchzuführen und die Kantone Tessin und Uri um eine jährliche Subvention dieser Arbeiten anzugehen. Das Interesse der beiden Gotthardkantone an einer frühzeitigen Öffnung spiegelte sich dabei in den Beitragsleistungen wider: Der Kanton Tessin leistete den zehnfachen Betrag Uris. Dazu wurden noch freiwillige und festgesetzte Beiträge von Städten, Gemeinden, Verkehrsvereinen und so weiter auf beiden Seiten des St. Gotthard gezeichnet. Mit der Summe von 17'000 Franken glaubte die "Vereinigung Gotthardstrasse", das Risiko einer frühzeitigen Öffnung übernehmen zu können. Aber schon das erste Jahr 1934 zeigte, mit welchen Schwierigkeiten bei einer rechtzeitigen Öffnung auf den 20. Mai (Auflage des Kantons Tessin) zu rechnen war. Die Strasse wurde vertragsgemäss geöffnet; die Kosten beliefen sich aber auf rund 20'000 Franken. Die Regierung des Kantons Tessin erhöhte die Subvention auf jährlich 12'000 Franken. Im folgenden Jahre machten die Schneemassen (an einigen Orten bis zu 10 Meter hoch) der Vereinigung einen Strich durch die Rechnung, so dass die Öffnung auf 34'000 Franken zu stehen kam. Auch diesmal erhöhte nur die Tessiner Regierung ihre Beitragsleistung. Die Urner Regierung zeigte an einer frühzeitigen Öffnung kein grosses Interesse.
Eine frühzeitige Passöffnung brachte eine Konkurrenz für die SBB, denn der Automobilist besass ja die Möglichkeit, das Automobil in Göschenen zu verladen und mit der Bahn nach Airolo zu spedieren. Während für die "AutomobilRevue" die Vorteile der frühen Öffnung offensichtlich waren, war der Ton in den Urner Zeitungen jedoch ein ganz anderer. Die Versuche, das wirtschaftliche Fazit der frühzeitigen Öffnung der Gotthardstrasse möglichst plausibel zu machen, wurde als Unternehmen gedeutet, um "den Gotthard-Kantonen den Speck durchs Maul zu ziehen". Dass das Automobil die städtische Zentren den Fremdenkurorten näher brachte und dadurch die Bedürfnisse nach Halt an jedem Orte schwanden, wurde in den Zeitungsberichten nicht mehr verschwiegen. Vor allem war es Mode und gehörte zum guten Ton, Pfingsten im Südtessin zu verbringen. Was Uri blieb, war der riesige Durchgangsverkehr.
Ausserhalb des Kantons stiessen solche Ansichten auf keinerlei grosses Verständnis. Der Zeitgeist verlangte, möglichst schnell in den Süden zu gelangen. Alles, was sich dem in den Weg stellte oder dieses Unterfangen behinderte, wurde vom Geist des Fortschritts als "mittelalterliche Schickanen" tituliert.
Die frühzeitige Öffnung des Gotthardpasses brachte jedoch Arbeit und Verdienst ins Land, was vor allem in den Wintermonaten im Urserental sehr willkommen war.
Bezüglich der Schneeräumung machte die Technik ständig Fortschritte. Neuartige Schneeräumungsmaschinen halfen mit, die Arbeit an den Pässen schneller voranzutreiben, machten aber dadurch auch manche Arbeitskraft überflüssig. Doch trotz der modernen Technik war die erwünschte Öffnung auf Pfingsten nicht immer möglich. Oft kam die Maschine bei den bis zu 10 Meter hohen Schneemauern und dem verharsteten Lawinenschnee nicht in Betracht. Die Strasse musste dann von Hand ausgehauen werden, wodurch wohl Zeit verloren ging, den Gebirgsbewohnern aber eine längere Arbeitsmöglichkeit geboten wurde. Auch beim Bahnverlad gab es technische Fortschritte.
Einigen Automobilisten schienen die Bemühungen um eine längere Offenhaltung der Passstrassen immer noch zu wenig. Laut Zeitungsmeldungen wurde von Seiten des Schweizerischen Touring-Clubs in einer Eingabe an den Bundesrat die ganzjährige Offenhaltung einer Alpenstrasse für den Durchgangsverkehr beantragt. Dieser Eingabe hatte sich auch die "Gotthard-Vereinigung" angeschlossen, welche für den genannten Zweck den Gotthard in Vorschlag brachte. Man wollte das ganzjährige Offenhalten des Gotthardpasses vor allem deswegen, weil dadurch ein Umfahren der Schweiz über die Brennerroute verhindert werden könnte.
Unabhängig der Diskussionen um den Gotthard-Strassentunnel wurde versucht, die bestehenden Verhältnisse auf den Passtrassen vor allem im Winter zu verbessern. Zur Öffnung des Passes wurden neuen Schneefräsen eingesetzt, um im Jahre 1954 den Gotthardpass "erstmals in der Geschichte" auf Ostern zu öffnen, was jedoch wegen eines Witterungsumschlages wieder einmal nicht gelang.
Literatur: Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 266 f. Schneeräumung 2 WK Der moderne Automobilverkehr verlangte im Winter gepflügte Strassen. Doch bestanden die motorisierten Schneepflüge vorerst nur aus einem Auto, welches zwei Bretter nach sich zog. Schneite es allzu stark, so konnte es passieren, dass der Schneepflug selbst im Schnee stecken blieb. Die Schneeräumdienste wurden von Garagisten durchgeführt. Die Macht der Gewohnheit zeigte sich dann, wenn man den Weg zur Arbeit plötzlich wieder zu Fuss zurücklegen musste. Die winterlichen Verhältnisse gaben vor allem bei den von auswärts eingewanderten Einwohnern zu Klage. Gisler-Jauch Rolf, Uri und das Automobil – des Teufels späte Rache, S. 251 f.
EREIGNISSE ZUM THEMA
1937
/
Samstag, 27. März 1937
Neuartige Schneeräumungsmaschine im Einsatz
Die Urner Zeitungen berichten, dass im Frühjahr eine neue Schneeräumungsmaschine ausprobiert wurde, deren Konstruktion aus rotierenden Schleudern und Schnecken bestand. Diese Maschine konnte mühelos Schneemengen bis zu zwei Meter Höhe räumen.
Quellen / Literatur:
GP, No. 24, 27. März 1937.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr /
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/ Letzte Aktualisierung: 03.03.2021