Abl UR 1875 nach S. 208 (Beilage, 01-07)
Steuergesetz des Kantons Uri
Sonntag, 6. Juni 1875
«Die Landesgemeinde des Kantons Uri,
Um die Staatsbedürfnisse, namentlich mit Rücksicht auf die Gotthardbahnsubvention, bestreiten zu können,
In Anwendung des § 21 der Kantonsverfassung,
Auf Antrag des Landrathes, beschliesst:
I. Steuerpflicht.
§ 1.
Die Deckung der Staatsausgaben, insoweit das Staatsvermögen und die indirekten Staatseinnahmen dazu nicht ausreichen, geschieht durch Erhebung einer Vermögens-, Einkommens- und Kopfsteuer.
§ 2.
Der Vermögenssteuer ist unterworfen:
a) Aller innerhalb oder ausserhalb des Kantons befindliche Besitzthum von Privaten, Gesellschaften, Korporationen, Gemeinden, Klöstern, Familien und milden Stiftungen der Kantonsbewohner, nach Abzug aller darauf haftenden Schuldenlasten.
b) Alle im Kanton befindlichen Gebäude und Liegenschaften auswärtiger Eigenthümer nach ihrem wahren Werthe.
c) Jedes auch nicht liegenschaftliche Vermögen einer auswärts wohnenden Person, welches im Kanton verwaltet wird.
§ 3.
Von der Vermögenssteuer sind ausgenommen:
a) Alle ausserhalb des Kantons befindlichen, hierseitigen Eigenthümern zugehörenden Liegenschaften und Gebäulichkeiten, welche erweislichermassen versteuert sind. b) Das gesammte Staatsgut, sowie Kirchen-, Schul- und Armengüter.
c) Oeffentliche für die Zwecke der Gemeinden verwendete Gebäulichkeiten.
d) Das unter waisenamtlicher Curatela verwaltete Vermögen, welches den Betrag von Fr. 2000 nicht übersteigt.
e) Handwerks- und Feldgeräthe, Hausrath und Kleider.
§ 4.
Der Erwerb- und Einkommenssteuer ist unterworfen:
Jeder, der im Kanton ein Gewerbe betreibt, Leibrenten, Pensionen, fixe Gehalte, Tantiemen etc. bezieht.
§ 5.
Von der Erwerb- und Einkommenssteuer sind befreit:
a) Das jährliche reine Einkommen bis auf den Betrag Fr. 600 für Haushaltungskosten.
b) Jeder jährliche fünfprozentige Ertrag an Zinsen, Renten, Leibgedingen, und von Grundstücken, insoweit derselbe von bereits versteuertem Vermögen herrührt.
§ 6.
Der Kopf-Steuer unterliegen: Alle männlichen Kantonsbewohner, die das 20. Altersjahr erfüllt haben, mit Ausnahme der Armensteuergenössigen.
II. Berechnung des Steuerbetrages.
§ 7.
Bei Anlage der Vermögens-Steuer wird der Massstab von Fr. 1000 zu Grunde gelegt und der zu erhebende Steuerbetrag nach Zehntelfranken bestimmt. Bruchtheile, welche sich von Fr. 1000—1500, von Fr. 1500—2000 u.s.w. ergeben, fallen als nicht steuerpflichtig, ausser Berechnung.
§ 8.
Jedes Vermögen an Grundeigenthum und Kapitalien ist der Steuer unterworfen, und zwar sollen sowohl Kapitalien als Obligationen, Aktien und dergleichen Werthtitel — es mögen selbe auf was immer eine Art angelegt sein — (gesetzliche Ausnahmen vorbehalten) nach ihrem Nennwerthe versteuert werden.
§ 9.
Die Berechnung des Werthes von Grundeigenthum (Liegen¬ schaften und Häuser) geschieht nach einem billigen Verkaufswerthe, mit Berücksichtigung des Ertrages und der darauf haftenden Grundlasten, und unterliegt der gleichen Taxation, wie das bewegliche Vermögen.
§ 10.
Bis eine — nach Massgabe bestimmter Vorschriften, deren Feststellung dem Regierungsrathe zukommt — noch vorzunehmende amtliche Schatzung sämmtlicher Liegenschaften stattgefunden haben wird, gilt die Selbst-Taxation derselben.
§ 11.
Bei Berechnung des Vermögens von im Kanton wohnenden Pflichtigen sind von dem Gesammtwerth des Besitzthumes allfällige Schulden in Abzug zu bringen. Bei steuerpflichtigem Besitzthum von Auswärtswohnenden darf ein Abzug darauf haftender Schulden nur dann stattfinden, wenn der Pflichtige sich darüber ausweisen kann, dass sein Besitzthum im Verhältniss zu seinem übrigen Vermögen nicht zu hoch mit Schulden beladen ist.
§ 12.
Die Gotthardbahngesellschaft ist von der Entrichtung aller und jeder Kantons-, Bezirks- und Gemeinde-Steuer befreit. Diese Bestimmung findet jedoch auf Gebäulichkeiten und Liegenschaften, welche sich, ohne eine unmittelbare und nothwendige Beziehung zu der Eisenbahn zu haben, in dem Eigenrhume der Gesellschaft befinden möchten, keine Anwendung und ebenso unterliegen die im Kanton Uri wohnenden Angestellten der Gesellschaft der gleichen Steuerpflicht, wie die übrigen Einwohner des Kantons.
§ 13.
Der Erwerb- und Einkonnnenssteuer wird der Massstab von Fr. 100 zu Grunde gelegt und der zu erhebende Steuerbetrag auf je Fr. 100 bestimmt, in dem Sinne, dass bei einer Vermögenssteuer mit dem Ansatze von einem Franken von Fr. 1000 die Erwerbsteuer 1/3 Prozent betragen soll.
§ 14.
Bei Berechnung von Einkommen, welches von der Betreibung eines Gewerbes herrührt, sind fünf vom Hundert des Betriebskapitals, sowie die mit Gewinnung des Einkommens verbundenen Unkosten, in Abzug zu bringen.
§ 15.
Das Bezirks-Korporations-Vermögen, welches von den Gemeinderäthen unter Beizug von Fachmännern mit Controlvorbehalt geschätzt werden soll, bezahlt die Hälfte der vom Privatvermögen zu erhebenden Steuer.
§ 16.
Die Kopf-Steuer, welche von jedem 20jährigen männlichen Kantons-Einwohner zu beziehen ist, beträgt Fr. 1 per Kopf, wenn die Vermögenssteuer per Tausend Fr. 1 beträgt; Fr. 1 1/3 wenn diese auf Fr. 2, und Fr. 2, wenn sie auf Fr. 3 per Tausend zu stehen kommt.
III. Ausmittelung des steuerpflichtige« Vermögens- und Einkommens.
§ 17.
Der Betrag der Steuerleistung wird durch Taxation ausgemittelt, zunächst durch Selbsttaxation der Pflichtigen, sodann durch den Gemeinderath, endlich mittelst spezieller Ausübung der Oberkontrolle durch den Regierungsrath.
§ 18.
Wenn die Vermögensverhältnisse durch Erbschaft, Theilung Kauf und Verkauf, Verheirathung, Geschäftsbetrieb, Gehaltserhöhung etc. wesentlich verändert werden sollten, so ist der Steuerpflichtige zur Angabe solcher Veränderungen aufgefordert.
§ 19.
Für Vornahme der Selbsttaxation wird jedem Steuer¬ pflichtigen vom Gemeinderathe seiner Gemeinde ein gedrucktes Steuer-Formular zugestellt, auf welches die Werthung seines Vermögens und Einkommens, nämlich:
a) Liegenschaften,
b) Kapitalien,
c) Uebriges Vermögen,
d) Erwerb und Einkommen nach Massgabe der §§. 2 und 4 eingetragen werden soll. Der Pflichtige hat dieses Formular 14 Tage nach Empfang desselben gewissenhaft ausgefüllt, dem betreffenden Gemeinderathe zuzustellen. Geschieht dies ohne genügende Entschuldigung nicht, so hat der Gemeinderath statt des Pflichtigen die Taxation zu bestimmen und es ist überdies der Säumige dem Strafrichter zur angemessenen Ahndung zu überweisen.
§ 20.
Die Gemeinderäthe führen über die Taxationen ein Gemeinde-Steuer-Register, haben die Vollständigkeit des Verzeichnisses aller Steuerpflichtigen und die Richtigkeit der eingetragenen Taxationen sorgfältig zu prüfen und die nöthigen Veränderungen vorzunehmen. Von diesem Register ist dem Regierungsrathe alljährlich eine Abschrift einzureichen, auf dessen Grundlage ein Kantonal-Steuer-Register angefertigt und fortgeführt werden soll.
§ 21.
Bei obwaltenden Zweifeln über richtige Vermögens- und Einkommensangabe, sind die Gemeinderäthe verpflichtet, die betreffenden Taxationen selbst zu bestimmen. Dem Steuerpflichtigen steht der Rekurs an das Kantonsgericht als letzte Instanz offen, welcher innert Monatsfrist auszuüben ist.
IV. Steuerbezug.
§ 22.
Der Einzug der Steuer wird durch den Staat besorgt. Säumige Entrichtung der Steuer nach vorangegangener Mahnung und Ablauf von 1 Monat zieht einen Zuschlag von 5 %, des Steuerbetrages zu Lasten des Pflichtigen nach sich.
V. Folgen unrichtiger Vermögens-, Erwerbs- und Einkommens-Angabe.
§ 23. Diejenigen, bei welchen es sich nachträglich ergeben sollte, dass sie zu wenig Vermögen oder Einkommen angegeben haben, verfallen in die Nachbezahlung des doppelten Betrages der Steuer.
Bei inzwischen erfolgtem Absterben der Pflichtigen bleiben deren Erben für diese Nachbezahlung haftbar.
VI. Allgemeine Bestimmungen.
§ 24.
Der Steuerbetrug wird vom Landrath jeweilen bei Feststellung des Voranschlages (Budget) bestimmt und der ordentlichen Landesgemeinde unter genauer Darstellung der Finanzlage des Kantons vorgelegt.
Der Landrath wird durch den Regierungsrath die Steuer-Register der sämmtlichen Gemeinden einer genauen Prüfung unterstellen.
Je alle 4 Jahre hat eine neue Taxation sämmtlicher Steuerpflichtigen in den Gemeinden stattzufinden. Jeder Einwohner ist versuchtet, seine Steuern in derjenigen Gemeinde zu erlegen, in welcher er wohnhaft ist.
Das Korporations-Vermögen dagegen wird da versteuert, wo der Sitz der Verwaltung ist.
§ 25.
Der Bezug der Steuer beginnt mit dem Jahr 1876 und zwar mit ein vom Tausend.»
Landsgemeindebeschluss vom 06.06.1875
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