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Gesetzes- und Verfassungsbestimmungen

LB UR Bd 09 (1922-1929) S. 158-163.
Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer
Sonntag, 2. Mai 1926
   
«Die Landsgemeinde des Kantons Uri, in Vollziehung des Art. 37 der Kantonsverfassung, auf den Antrag des Landrates, beschließt:

Art. 1.
Von allen im Kanton auf die Seitenlinien fallenden Erbschaften, Vermächtnissen und Schenkungen wird eine progressive Erbschafts- und Schenkungssteuer erhoben.

Art. 2.
Der Erbschafts- und Schenkungssteuer sind unterstellt die Vermögens- und Einkommensvermehrungen durch gesetzliche Erbfolge, letztwillige Verfügung, Erbvertrag, Schenkungen und Vermögenszuwendungen.
Die Steuer wird erhoben, wenn der Erbgang im Kanton Uri eröffnet wird oder die zuwendende Person im Kanton Wohnsitz hat.
Der Erbschaftssteuer unterliegen auch Vermögensanfälle, die von auswärts in den Kanton Uri zufließen, sofern nicht außer Kanton eine Erbschafts- oder Schenkungssteuer davon erhoben wird.
Auf alle Fälle ist die Erbschaftssteuer zu entrichten von im Kanton liegendem Grundeigentum, auch wenn der Erbgang nicht im Kanton Uri eröffnet wird.

Art. 3.
Von der Erbschaftssteuer sind befreit:
a) Erbschaften und Zuwendungen an Geschwister, Verlobte, Angestellte und Bedienstete, soweit die Beträge für die einzelnen Empfänger 2000 Fr. nicht übersteigen.
b) Vermächtnisse und Zuwendungen an Patenkinder, soweit sie 1000 Fr. nicht übersteigen.
c) Erbschaften und Zuwendungen jeder Art bis zum Betrage von 500 Fr. für den einzelnen Empfänger.
d) Vermächtnisse und Zuwendungen für fromme, wohltätige und gemeinnützige Zwecke, sowie für öffentliche Anstalten des Bundes, des Kantons und der Gemeinden von Uri.

Art. 4.
Erbschaften und Zuwendungen, welche die in Art. 3, lit. a, b und c, erwähnten Summen übersteigen, unterliegen der Steuerpflicht für den vollen Betrag. Bei mehrmaligen Zuwendungen an eine und dieselbe Person durch den nämlichen Erblasser wird für die Erbschaftssteuer auf den Gesamtbetrag des Anfalles abgestellt.
Als Schenkung gilt jede freiwillige und unentgeltliche Zuwendung von Geld, Sachen oder Rechten mit Einschluß des Erbauskaufs, sowie der schenkungsweise Erlaß von Verbindlichkeiten.

Art. 5.
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer beträgt:
a) für Geschwister, Stiefkinder 3 %
b) für Neffe und Nichte 4 %
c) für Oheim, Tante, Großneffe und Großnichte 6 %
d)für Geschwisterkinder (Vettern und Basen) 8 %
e) für alle weitern Blutsverwandten 12 %
f) für die anderen nicht verwandten, aber durch letztwillige Verfügung berufenen Erben, Vermächtnis- und Schenkungsnehmer 15 %
Von Erben, welche infolge des Eintrittsrechtes neben Verwandten einer nähern Linie des gleichen Stammes zum Erben kommen, wird die Steuer nach dem Prozentsatz bezogen, der für die nähere Linie gilt.

Art. 6.
Im Falle der Einsetzung von Nacherben haben Vor- und Nacherbe die Steuer nach Maßgabe ihres Verwandtschaftsgrades zum Erblasser zu bezahlen (Art. 487 und 488 ZGB.).
Vermögen mit Nutznießungsrechten ist wie die übrige, zur Verteilung gelangende Hinterlassenschaft zu behandeln und muß somit bei Festsetzung der Steuer den Erben in Anrechnung gebracht werden.

Art. 7.
Zu den nach Art. 5 festgesetzten Steuerbeträgen werden Zuschläge erhoben wie folgt:
Bei einem Erbteil oder einer Zuwendung
von über Fr. 10’000 = 10 % des Steuerbetrages
von über Fr. 20’000 = 20 % des Steuerbetrages
von über Fr. 30’000 = 30 % des Steuerbetrages usw.
Dieser Zuschlag erhöht sich für je weitere 10’000 Fr. um je 10 % des Steuerbetruges, jedoch nur bis das Doppelte des einfachen Steuerbetrages erreicht ist.

Art. 8.
Die Erbschaftssteuer wird der Staatskassa in bar entrichtet. Die Erben sind hiefür solidarisch haftbar.
Bei Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers und an Nichterben ist jedoch nur der Beschenkte oder dessen Rechtsnachfolger haftbar.

Art. 9.
Vom Reinertrag der Erbschaftssteuer hat der Staat einen Dritteil den Gemeinden im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl zu Schul- und Armenzwecken abzugeben.

Art. 10.
Die Zivilstandsbeamten haben bei Verantwortlichkeit von jedem Todesfalle ihrer Gemeinde, der eine Erbschaftssteuer nach sich ziehen könnte, sofort dem Gemeinderate und der Finanzdirektion Anzeige zu machen. Derselben ist soweit möglich ein Verzeichnis der Erben mit Angabe des Verwandtschaftsverhältnisses beizufügen.
Die Gemeinderäte sind verpflichtet, wenn die Gefahr des Steuerverlustes besteht, vorsorgliche Maßnahmen zu treffen.
Die Erben ihrerseits sind bei Strafe gehalten, den Gemeinderäten zuhanden der kantonalen Finanzdirektion innert 2 Monaten nach dem Tode des Erblassers ein alle Steuerwerte umfassendes, von sämtlichen Beteiligten oder deren Stellvertretern unterzeichnetes Inventar über den Nachlaß und den Teilungsvertrag einzuhändigen.
Die Berechnung der Erbschafts- und Schenkungssteuer gründet sich auf das endgültig bereinigte Inventar und den Teilungsvertrag. Bei Schenkungen unter Lebenden ist der Zeitpunkt der Schenkung für die Berechnung der Steuer zu berücksichtigen.

Art. 11.
Die Wertberechnung der Hinterlassenschaft oder Schenkung erfolgt auf Grund der Bestimmungen des Steuergesetzes; ferner sind einzubeziehen die Zuwendungen von Lebensversicherungen, Nutznießungen, ausgefolgtes Heiratsgut und anderes Vermögen, sofern es sich als Vorempfang (Art. 626 ZGB.) darstellt.
Lebenslängliche Renten werden für die Steuer im zehnfachen Betrage kapitalisiert.

Art. 12.
Alle Berechnungen über Erbschafts- und Schenkungssteuern sind von der Finanzdirektion dem Regierungsrate zur Nachprüfung vorzulegen.
Bei Zweifeln über die Richtigkeit und Vollständigkeit des eingereichten Ausweises über die Hinterlassenschaft und Vermögensaushändigung oder die Aufrichtigkeit abgeschlossener Rechtsgeschäfte, welche die Steuer beeinträchtigen, kann der Regierungsrat einen Untersuch anheben und demgemäß die Steuerberechnung berichtigen.
Den Erben und den Schenkungssteuerpflichtigen steht gegen den Entscheid des Regierungsrates der Rekurs innert 20 Tagen an das Obergericht offen. Im übrigen gilt das für Steuerrekurse vorgeschriebene Verfahren.

Art. 13.
Wer eine steuerpflichtige Erbschaft oder Zuwendung oder letztwillige Verfügung ganz oder teilweise verheimlicht oder das Gesetz durch fingierte Rechtsgeschäfte oder sonstwie umgeht, hat den dreifachen Betrag der schuldigen Steuer zu entrichten und wird überdies zur Bestrafung an den Richter überwiesen. Die Buße beträgt Fr. 20 bis Fr. 500.

Art. 14.
Die Erbschaftssteuer muß innert 4 Monaten nach dem Tode des Erblassers an die Staatskassa bezahlt werden. Ausnahmsweise kann der Regierungsrat diese Frist verlängern oder die Zahlungsweise erleichtern.
Sind die Erben nicht im Kanton wohnhaft oder erscheint die Entrichtung der Steuer aus andern Gründen gefährdet, so sind die Gemeinderäte und der Regierungsrat befugt, das Nötige zur Sicherung der Steuerentrichtung anzuordnen.

Art. 15.
Das Gesetz tritt nach erfolgter Annahme durch die h. Landsgemeinde sofort in Kraft.
Das Erbschaftssteuergesetz vom 29. Oktober 1889 wird hiemit aufgehoben.»

    
Landsgemeindebeschluss vom 02.05.1926, in: LB UR Bd 09 (1922-1929) S. 158-163.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 26.8.2018