Gesetzes- und Verfassungsbestimmungen
LB UR Bd 08 (1916-1921) S. 438-441.
Gesetz betreffend die öffentlich-rechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses.
Sonntag, 1. Mai 1921
«Die Landesgemeinde, in Ausübung des den Kantonen durch das Bundesgesetz vorn 29. April 1920 vorbehaltenen Gesetzgebungsrechtes, beschließt:
Art. 1.
Der fruchtlos gepfändete und derjenige Schuldner, über welchen der Konkurs eröffnet worden ist, werden auf die Dauer von vier Jahren im Stimmrecht eingestellt, wenn gerichtlich festgestellt wird, daß der Schuldner seinen Vermögensverfall durch erhebliches Verschulden verursacht hat.
Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Strafrechtes über die Einstellung im Stimmrecht als Strafe bei Betreibungs- und Konkursvergehen.
Art. 2.
Über die Einstellung im Stimmrecht gemäß Art. 1, Abs. 1, entscheidet das zuständige Kreisgericht. Dieser Entscheid kann auf dem Berufungswege an das Obergericht gezogen werden.
Art. 3.
Der rechtskräftige Entscheid ist im Amtsblatt zu veröffentlichen und dem Gemeinderat der Wohn- und Heimatgemeinde mitzuteilen.
Art. 4.
Personen, wellche in andern Kantonen aus irgend einem Grund des Stimmrechts verlustig erklärt worden sind, können bis zum gleichen Zeitpunkt auch im Kanton! Uri ihr Stimmrecht nicht ausüben.
Art. 5.
Alle fruchtlos gepfändeten Schuldner und Konkursiten sind unfähig zur Bekleidung öffentlicher Ämter, zur Ausübung patentierter Berufsarten, zum Beizug als Urkundspersonen und zur Vertretung Dritter vor Behörden (Kantonsverfassung Art. 33) und sind nicht wählbar als Vormünder und Beistände.
Art. 6.
Die gemäß Art. 1 und 5 eingetretenen Rechtsfolgen werden vom Obergericht durch Wiedereinsetzung in die bürgerlichen Ehren und Rechte (Rehabilitation) aufgehoben, wenn der Konkurs widerrufen wird oder wenn sämtliche zu Verlust gekommenen Gläubiger befriedigt sind oder der Rehabilitation beistimmen.
Art. 7.
Schuldner, die bloss wegen Konkurses oder fruchtloser Pfändung das Stimmrecht verloren haben, werden vom 1. August 1921 an stimmberechtigt, sofern nicht bis dahin beim zuständigen Gericht ein Begehren um Einstellung im Stimmrecht gestellt wird.
Art. 8.
Der Landrat erläßt zu diesem Gesetz die notwendigen Ausführungsvorschriften.
Art. 9.
Durch dieses Gesetz werden die widersprechenden Vorschriften aufgehoben, besonders der letzte Absatz des Art. 5 des Gesetzes betreffend die geheime Abstimmung vom 7. Mai 1916, ferner lit. a und b, sowie letzter Absatz des Art. 100 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, und Art. 99 dieses Einführungsgesetzes, mit Ausnahme des zweiten Satzes über Zeugenfähigkeit, welcher bis zur allfälligen Änderung durch Revision des Zivil- und Strafverfahrens in Kraft bleibt.
Art. 10.
Dieses Gesetz tritt mit der Annahme durch die Landesgemeinde in Kraft.»
Landsgemeindebeschluss vom 01.05.1921 (LB UR 1916-1921 Bd. 8, S. 438).
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