LB UR (1864) Bd VI a S. 085-087.
Gesetz über die Niederlassung der Kantonsbürger
Mittwoch, 4. April 1855
«Der Landrath des Kantons Uri,
In der Absicht, die Niederlassung der Landsleute im eigenen Kantone durch einige nähere Bestimmungen zu regeln,
Auf den Vorschlag des Regierungsrathes, beschliesst und verordnet hiemit:
§. 1.
Jedem unbescholtenen, aufrechtstehenden Kantonsbürger steht das Recht zu, in jeder andern Gemeinde des Kantons sich niederzulassen.
§. 2.
Derselbe soll sich beim Dorfgerichte derjenigen Gemeinde, in welcher er haushäblich sich niederlassen will, vor seinem Einzuge daselbst stellen und dafür anmelden, das ihn, wofern er obigen Bedingungen entspricht, in das Bürgerverzeichniss aufnehmen und ihm eine Bescheinigung dafür ertheilen wird, die er sofort der Gemeinde, welche er verlässt, einhändigen soll.
Dienstboten, Handwerker, Kostgänger u. dgl., welche in einer andern als der ursprünglichen Gemeinde sich aufhaltend, daselbst einen selbstständigen Haushalt beginnen wollen, unterliegen der gleichen Vorschrift.
Zuwiderhandelnde werden mit einer Geldbusse von Fr. 10 bis 20 belegt, als Niedergelassene nicht anerkennt und aus der Gemeinde ausgewiesen.
§. 3.
Der niedergelassene Kantons- und Bezirksbürger tritt in derjenigen Gemeinde, wo er sich haushäblich niedergelassen hat, in gleiche Rechte und Beschwerden, wie die übrigen Bürger derselben, ein, mit folgenden Ausnahmen:
a. Seine Nutzniessung an Waldungen und Allmendgärten in der neu bezogenen Gemeinde beginnt erst nach einjährigem Ansitze, dauert inzwischen in der verlassenen Gemeinde noch fort. (Landraths-Erkanntniss vom 7. März 1844.)
b. Die Armenunterstützung hat er, wofern er derselben vor dem ' ununterbrochenen 15jährigen Ansitze in einer andern Gemeinde bedürftig wird, nach Massgabe der Bezirksgemeinde-Erkanntniss vom 11. Mai 1844, von der ursprünglichen Gemeinde (der niedergelassene Bürger des andern Bezirkes aber ausschliesslich von derselben) zu empfangen,
c. Heirathsbewilligungen hat er bei derjenigen Gemeinde einzuholen, wo er zur Zeit armengenössig ist.
§. 4.
Die niedergelassenen Kantonsbürger erhalten die Heimathscheine, Behufs auswärtigen Aufenthaltes, unbedingt von derjenigen Gemeinde, in welcher sie niedergelassen sind, jedoch soll diess für einen künftigen Entscheid der Frage über die Armengenössigkeit durchaus unprejudizirlich sein und die Zeit des Aufenthaltes äussert dem Kantone keiner Gemeinde in Rechnung gebracht werden.
§. 5.
Niedergelassene Kantonsbürger können aus der Gemeinde, in welcher sie sich niedergelassen haben, fort und in ihre Heimathgemeinde zurückgewiesen werden, wenn sie im Noth- oder Verarmungsfalle von der Heimathgemeinde nicht genügend unterstützt werden, dem Aufenthaltsorte durch Bettel zur Last fallen und zu wiederholter begründeter Beschwerde Anlass geben.
§. 6.
Glaubt der Gemeinderath einen angesessenen Kantonsbürger fortweisen zu können, so hat er sein Begehren mit den daherigen Beweggründen begleitet, unter Kenntnissgabe an die hiebei interessirte Gemeinde, dem Regierungsrathe einzureichen, dem der definitive Entscheid darüber zukömmt, und der bei vorhandenem sub §. 5 bemeldten Grunde die Ausweisung beschliessen und anordnen wird.
§. 7.
Gegenwärtige Verordnung hat sofort mit dem Tage der Bekanntmachung (10. April) in Kraft und Vollziehung zu treten.»
Landraths-Erkenntnis vom 04.04.1855.
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