LB UR (1826) Bd II S. 092-097
Das Rüttibuch (Art. 335 LB)
Mittwoch, 1. Januar 1823
Das sogenannte Rütibuch, oder die Rüti- Ordnung.
«1. §. Es solle in unserm Lande keinerley Allmend, wo die auch gelegen sey, weder zu Gärten noch Rütinen noch zu Abtausche — sey es für eigen oder auf gewisse Jahre jemanden gegeben werden, als allein von der Bezirks-Lands-Gemeinde, oder einer Gemeinde, welcher es von der Bezirks-Gemeinde übertragen wurde laut Art. 334. ansonst es kraftlos seyn solle.
2. §. Es soll auch weder der Landammann noch der Statthalter noch ein andrer Beamter vor irgend einen Gewalt einen Anzug thun, Gärten, Rütinen, oder sonst Allmend um darauf zu bauen, für eigen auf gewisse Zeit oder Abtausch wegzugeben: solche sey dann von den Kirch- oder Dorf-Genoffen, wo sie liegt, dem Begehrenden bewilliget, und vorher gehörig besichtiget worden; damit auf Verlangen darüber an der Landsgemeinde Bericht gegeben werden könne.
3. §. Keiner Person, wer es immer seyn mag, soll mögen offenes gutes Land ab der Allmend weder für Rüti noch Garten, noch zu einem Gebäude noch sonst, weder für Eigen noch Abtausch, noch auf bestimmte Jahre gegeben noch zugelassen werden. Auch sollen keine Rütinen und Gärten für eigen weggeben werden. Wenn aber dennoch ein Kirchgang und die Landsgemeinde aus besondern und erheblichen Ursachen jemanden etwas an gutem offenem Land oder für eigen begünstigen würde; so sollen die Landmarker einem solchen im gleichen Kirchgang wieder soviel ödes Land oder Gesträuch anweisen und auszeichnen, das er aufthun und ausreuten soll: und so er dieses nicht thäte, soll man ihn um Gl. 5 bestrafen, und das ihm Bewilligte wieder aus- und zu Allmend gehen lassen.
4. §. Wenn dann Einem oder Mehrern Allmend zu einer Rüti, Garten, Gebäude, Abtausch oder wie es seyn mag, durch die betreffenden Behörden bewilligt wird, soll es von einem Landschreiber in's Rütibuch oder allgemeine Verzeichniß der bewilligten Allmend-Plätzen gehörig und genau wo, wie und für wie lange es gegeben worden, eingeschrieben werden. Hievon soll dann der, so die Allmend erhalten, vom Landschreiber einen Schein herausnehmen, und das Erhaltene durch einen zu Eigen und Allmend verordneten Landmarker auszeichnen und ausmarken lassen: wofür er demselben den billigen Lohn für Arbeit und Gang je nach der Ferne des Weges und örtlicher Lage, geben soll. Wenn einer ohne dies zu beobachten, sich das Erhaltene sonst zueignet, soll er dessen verlustig, und solches wieder Allmend seyn. Es solle auch kein Kirchgang aus sich befugt seyn noch Gewalt haben, ohne einen Landmarker einige Allmend auszuzeichnen oder auszumarken.
5. §. Wenn Streit, Anstände oder Mißverständniß zwischen Besitzern von Eigen, Gütern und Allmend in ein oder mehrern Kirchgängen entstehen, so daß ein Augenschein an Ort und Stelle nöthig wird; so sollen allemal die zu Eigen und Allmend verordnen Landmarker dazu berufen werden, nebst Abgeordneten der betreffenden Gemeinden, und in erheblichen Fällen der Landsäckelmeister; damit die Allmend geschirmet werde. Wenn die Sache dann nicht gütiglich ausgetragen werden kann, wird das Gericht darüber sprechen.
6. §. Wenn einem auf der Allmend ein Platz bewilliget wird darauf zu bauen; soll derselbe nicht länger eigen seyn und bleiben, als das Gebäude, es sey ein Haus, Hütte, oder was es seyn mag, von ihm und nachkommenden Besitzern in Tach und Gemach erhalten wird; denn sobald kein Gebäude mehr da ist, soll der Platz wieder Allmend seyn: es wäre dann, daß einer besondere amtliche Schriften dafür hätte.
7. §. Wer einen Platz zum Bauen auf der Allmend bekömmt: soll ihn zu dem Zwecke und der Gattung Gebäude, wofür er solchen verlangt und erhalten hat, in Jahresfrist benutzen und verbauen; ansonst derselbe wieder gemeine Allmend seyn solle.
8. §. Es solle von Zeit zu Zeit durch Verordnete zu Eigen und Allmend und einem Landschreiber, denen U.G.HHrn. nach Gefallen noch jemanden beyordnen werden, in dem vorangemerkten Verzeichniß der weggegebenen Allmend nachgesehen , oder allenfalls sonst nachgesucht werden, ob Rütinen, Gärten, oder sonst etwas ausgegangen, und die bewilligte Zeit zu Ende sey; um dann zu verfügen, daß dasselbe beobachtet werde.
9. §. Den Landleuten, auch Wittwen und Waisen, die eigene Haushaltung führen, und nicht schon einen Allmendgarten haben, soll auf Verlangen ein solcher gegeben werden. Das Benutzungsrecht eines solchen Gartens bleibt Lebenslänglich. Nach dem Tode des Besitzers aber fällt er wieder der Allmend anheim: doch mögen die Kirchgänge einen lediggewordenen Garten wieder einem andern geben, der noch keinen hat.
10. §. Wer in seiner Gemeinde einen Allmend-Garten besitzt, und dann in eine andre Gemeinde zieht, und sich haushäblich allda aufhält, soll den Garten in der Gemeinde, die er verlassen hat, verlieren, und dieser der Allmend wieder zufallen.
11. §. Wenn einem Beysäße, der zwar keinen Anspruch noch Recht auf die Gemeingüter oder Allmend hat, ein Garten oder andres auszureuten und zu nutzen aus Güte bewilliget würde, soll es nie länger als auf Lebenslang geschehen: und wenn er stirbt, oder aus dem Lande zieht, wieder zu Allmend werden.
12. §. Wenn jemanden ein Garten, Rüti, oder so etwas auf der Allmend auszureuten gegeben wird, und er es in 2 oder 3 Jahren längstens, nicht gehörig ausreutet und bearbeitet, soll die Bewilligung aufhören, und jeder um diesen Platz als wieder freye Allmend ansuchen mögen.
13. §. Wer Allmendgärten zu Mattland machen, oder gar hiefür mehrere Gärten zusammenkaufen oder sonst an sich bringen würde, soll dieselben verwirkt haben, und nebst Gl. 5 Buß sie aus- und zu Allmend gehen lassen.
14. §. Es soll auch kein Allmend-Hanfgarten größer als 50 Klafter ausgezeichnet und weggegeben werden, und die Landmarker pflichtmäßig beym Ausmarken hierauf achten, und überhaupt nach dieser Rüti-Ordnung sich benehmen.
Wenn jemand wider diese Bestimmung grössere Allmendgärten hätte, soll er solche verlieren, und diese den Armen gegeben werden.
15. §. Die Allmendgärten sollen nicht verkauft werden: und wenn jemand einen verkaufen würde, soll der Garten zu Allmend werden. Diese mögen auch nicht um Zins gelassen werden. Wohl aber mag einer seinen Garten zum Anpflanzen um die Hälfte Nutzens einem andern überlassen, aber nicht anders.
16. §. Auf der Altdorfer-Allmend sollen nicht mehr Gärten als diejenigen, welche wirklich in den eingeschlagenen Bezirken liegen, mögen weggegeben werden.
17. §. Die so Rütinen erhalten, sollen dieselben äufnen und offen behalten, und sollen nicht verkauft werden, bey Verlust derselben; und welcher eine Rüti bekommt und solche verkaufen würde, dem soll keine neue mehr gegeben werden.
18. Es sollen auch die ausgegangenen Rütinen nicht wieder mögen weggegeben werden. Doch mögen dieselben allemal noch 12 Jahre lang (wegen dem Schulhaus-Bau) für den Landsäckel benutzt und verlehnt werden; nachher aber wieder zu Allmend gehen.»
> Ergänzung Art. 335: Ergänzung Allmendordnung (LB UR (1842) Bd III S. 190-195).
aLB 102; LR 1769, 1792; LG 1609, 1630, 1673, 1676, 1680, 1697, 1710, 1723, 1724, 1726, 1761, 1769, 1792, 1808; LR 1769, 1792; LB UR 1826 Bd II, S. 92-97 / eLG 31.3.1834, AR 30.5.1836; LB UR 1842 Bd III, S. 190-194.
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