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BEZIEHUNGEN

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Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde

Donnerstag, 9. Mai 1850
Bezirksgemeinde vom 9. Mai 1850
Lehnplatz, Altdorf
Landammann: Dr. Karl Franz Lusser
Landschreiber: Franz Lusser
Geschäfte:

Siebengeschlechtsbegehren betreffend das A Prosche Fideikommiss-Stift
Antrag: «Ein ehr. Siebengeschlecht stellt das Begehren, daß in Abänderung des vorjährigen Bezirkslandsgemeindebeschlusses, betreffend das à Proische Fideikommiß-Stift, anstatt des zu errichtenden Erziehungs-Institutes im Schloße à Pro, das Verkostgeldungssystem zur Erlernung verschiedener Handwerke eingeführt werden möchte, daß aber in der Verwandtschaft befindliche stumme oder krüppelhafte Kinder von der Unterstützung nicht ausgeschlossen sein, und daß dann jeder Gemeinde nach Verhältniß ihrer Armen und Bezugsberechtigten ihr Betreffniß eingehändigt und dieselbe für stiftsgemäße Verwendung verantwortlich gemacht werden soll.

Der Landrath,
Anerkennend zwar, daß das obbemeldte Begehren mit der Stiftungsurkunde weit vereinbarlicher ist, als die frühere Unterstützungs- und Verwendungsweise es war, und dasselbe sogar im einen Punkte mit dem Vorhaben der Fideikommiß-Kommission einig geht, indem auch diese einen Theil des Stiftsertrages immerhin für Unterstützung und Erziehung stummer oder krüppelhafter, vermöge ihrer Verwandtschaft bezugsberechtigter Kinder äußert dem Erziehungsinstitute zu verwenden beabsichtigt,
In Betracht dagegen, daß der Stifter des Fideikommiß-Gutes, Herr Landammann Peter von Pro, dasselbe durch die von der h. Landesgemeinde wiederholt bestätigte Stiftungsurkunde, welche im Landbuch, Art. 424, wörtlich angeführt, und die zu halten jeder Landmann heilig verpflichtet ist, ausschließlich für Aufnahme und Erziehung armer Kinder bestimmt hat, In Betracht, daß das Verkostgeldungssystem, wie selbes durch das Siebengeschlechtsbegehren nun auch auf die bildungsfähigen Kinder ausgedehnt werden will, dem Ziele guter, in der Stiftungsurkunde bedingter Erziehung nicht zuführt, und nur die disponiblen Geldmittel ohne nachhaltige Wirkung zersplittert,
In Betracht, daß dagegen eine eigene, wohleingerichtete Erziehungsanstalt, wie sie die hiefür eigens beauftragte Kommission anfangs für 10 à 12 Kinder einzuführen und später bis vielleicht auf eine Zahl von 40 oder mehr auszudehnen beabsichtiget, — und in welche arme Knaben aus den verschiedenen Gemeinden des Bezirkes, nach Verhältniß der Volks- und Armenzahl, und mit Berücksichtigung der Verwandtschaft des Herrn à Pro sel. ausgenommen, genährt, gekleidet und zu braven, nützlichen Bürgern und tüchtigen Landarbeitern oder Handwerkern herangebildet würden — nicht nur dem edlen Willen und Sinne des Stifters am besten entsprechen, sondern auch die Stiftung allgemein wohlthätig wirkend machen wird,
In Betracht. daß — in Wiederlegung der Besorgnisse des ehr. Siebengeschlechts — dadurch, daß die Anstalt nur für Kinder einerlei Geschlechts (Knaben) eingerichtet werden will, sowohl das Lehrer- oder Ausseherpersonal sehr vereinfacht, als auch die Baukosten sehr verringert werden, indem alsdann keine Neubaute erforderlich und dafür das der Stiftung gehörige Schloß in Seedorf , dessen Ausbau Frk. 4-5’000 kosten mag, in Anspruch genommen wird, an welche die Stiftung, da Frk. 2’000 von einer wohltätigen Gesellschaft ausschließlich zum vorhabenden Zwecke beigetragen werden, noch höchstens Frk. 3’000 beizutragen hätte, beantraget:

Es möchte die h. Bezirksgemeinde, gestützt auf die obstehenden Betrachtungen, und in der Absicht dem Sinne der Stiftungsurkunde genau nachzuleben, die Bestätigung ihres letztjährigen einschlägigen Beschlusses aussprechen, und das ehr. Siebengeschlecht mit seinem Begehren, soweit es diesem Beschlusse und den in obigen Erwägungen kundgegebenen Absichten widerspricht, abweisen.»

  
Ergebnis: Nachdem Fideikommiss-Vogt Anton Püntener Recht «dargeschlagen», sofern die Bezirksgemeinde die Befugnis sich anmassen will. Über das Fideikommissgut auf eine dem eigentlichen Zweck des Stifters zuwidergehende Weise zu verfügen, beschliesst die Bezirksgemeinde dem Begehren des Siebengeschlechts zu entsprechen.

   
Quelle: Abl UR 1850, Nr. 16, 17.04.1850, S. 077-079.

 
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 02.02.2022