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BEZIEHUNGEN

Bund Kantone Ausland

Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde

Sonntag, 1. Mai 1853
Landesgemeinde vom 1. Mai 1853
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann: Alexander Muheim
Landschreiber: Gisler
Geschäfte: Einführung einer Hypothekar-Ordnung / Einführung des neuen Mass- und Gewichtsystems / Bestätigung der Regierungsräte / Wahl des Landeshauptmanns / Wahl des Kantonsgerichts / Wahl der Ständeräte / Wahl eines Landesfürsprechers

Einführung einer Hypothekar-Ordnung
Antrag: «Der Landrath des Kantons Uri,
In Erwägung,
1. Daß der hiesige Kanton eine geregelte Hypothekarordnung, wie sie bereits in den meisten zivilisirten Staaten, und Kantonen der Eidgenossenschaft mit anerkanntem Nutzen besteht, gegenwärtig noch nicht besitzt, obwohl das Verlangen nach einer solchen schon vielseitig je länger, je dringlicher sich ausgesprochen hat;
2. Daß durch Einführung einer Hypothekarordnung im Wesentlichen die Errichtung amtlicher Register bezweckt wird, welche alle auf einer jeden Liegenschaft in Rechtskraft bestehenden und anerkannten Schuldverschreibungen in geordneter Reihenfolge mit der rechtlichen Gewißheit darstellen, daß angenommen werden kann, daß äußert denselben andere in gültiger Weise nicht existiren;
3. Daß ein so geregeltes Hypothekarwesen unstreitbar den verschiedenen Volksklassen unberechenbare Vortheile gewährt,
a. indem es den Güterbesitzern bei Kapitalaufrichtungen, Käufen, Verkäufen und Erbtheilungen zum Leitfaden dienend, eine sichere Gewähr gegen unrichtige Angaben und daherige unangenehme Reklamationen und Rechtsstreite gibt, sowie einen ruhigen Besitz für alle Zukunft garantirt,
b. indem es den Gläubiger sichert, daß ihm das angewiesene Unterpfand diejenige Sicherheit gewähre, welche die Schuldschrift ausweist, und daß ihm diese Sicherheit nicht durch ältere unbekannte, gesetzlich priviligirte Hypothek geschmälert werde,
c. indem es dem Geldbedürftigen die Gelegenheit erleichtert, auf Kapital Geld anzuleihen, weil der Geldbesitzende, im sichern Vertrauen auf die gebotene Sicherheit, zum Darlehen um so bereitwilliger sich finden läßt,
d. indem es den reellen Werth der Urner'schen Gültbriefe im In- und Auslande wesentlich steigern würde;
4. Daß überhaupt auf einem guteingerichteten Hypothekarwesen der Kredit und die Sicherheit des bürgerlichen Verkehrs wesentlich beruht;
5. Daß Rücksichten der Moralität gebieten, dem Betruge, welcher ohne Hypothekarordnung freien Spielraum hat, gebührende Schranken zu setzen; Trägt bei der h. Landesgemeinde gutächtlich darauf an, daß sie beschließe und verordne:

§. 1.
Es soll ein Hypothekenbuch für den Kanton Uri eingeführt werden.

§. 2.
Alle dermalen bestehenden und künftigen Schuldverschreibungen jeder Art auf Gebäuden oder Grundstücken im Kantone, müssen ins Hypothekenbuch eingetragen werden.

§. 3.
Die Einführung, Fortsetzung und Aufbewahrung des Hypothekenbuches der Gemeinden des Urner'schen Bezirkes, besorgt, die Standeskanzlei, in einem eigens hiefür bestimmten Lokale unter Aufsicht und Leitung eines jeweiligen Kanzleidirektors, mit Verwendung der nöthigen Gehülfen. Zweckmäßig findende Abänderungen in Bestellung des Hypothekarbureaus bleiben dem Landrathe vorbehalten.
Im Bezirke Ursern besorgt dortige Bezirkskanzlei unter kantonaler Aufsicht diese Arbeiten.

§. 4.
Auf ergangenen Ruf ist jeder Besitzer oder Inhaber von Schuldverschreibungen auf Gebäuden oder Liegenschaften der be-treffenden Gemeinde verpflichtet, seine Originalschuldtitel innert dem zu bestimmenden Termine dem Bureau einzugeben. Die Pflichtigkeit einer solchen Eingabe erstreckt sich auch auf alle diejenigen, welche Pfand-, Miteigenthums- oder Nutznießnugsrechte auf Liegenschaften von Drittmannspersonen besitzen.
Unterlassung der Eingabe solcher Ansprüche innert dem festzu-setzenden hinlänglichen Termine, ziehen deren Verlust nach sich.
Der Regierungsrath kann diesen Term in nöthigenfalls noch verlängern.
Die Eingabe vermißter Schuldtitel muß wo möglich mit Urbarauszügen, diejenige nicht aufgerichteter Schuldtitel mit entsprechenden Ausweisen belegt werden.

§. 5.
Das Hypothekarbureau ertheilt den Eingebern einen schriftlichen Empfang, und sorgt für die sichere und geordnete Aufbe¬wahrung der Schuldtitel.

§. 6.
Das Bureau untersucht nach Verfluß der Eingabefrist die eingegangenen Kapitaltitel, und trägt diejenigen, welche nach den bisher bestandenen Gesetzen und Uebungen als richtig erfunden worden sind, nach der Reihenfolge ihrer Daten oder Satzrechte, in das Protokoll ein.
Die Einschreibung geschieht so, daß die aus dem einen und nämlichen Unterpfande haftenden Kapitalien, in dem Protokolle in ununterbrochener Reihenfolge nacheinander zu stehen kommen.
Gleichzeitig hat die Umänderung der alten Münzwährung in die neue zu geschehen.

§. 7.
Jrrthümer, welche keiner absichtlichen Bosheit oder Betrug, sondern der Unwissenheit und schuldlosem Versehen beizumessen sind, unterliegen keiner Bestrafung.

§. 8.
Die Kapitalinstrumente, welche als richtig oder bereinigt in das Hypothekenbuch eingetragen worden sind, erhalten zum Beweise ihrer fernern Gültigkeit, am Fuße die Bescheinigung des geschehenen Einschreibens in nachfolgender Form:

Eingeschrieben in das Hypothekenbuch.
Gemeinde N. N.
Litt. ….. Ziffer ....
Altdorf den ….. ten 18 …..
Der Landschreiber: N. N.

Ein hiefür besonders zu verfertigender Timber wird beigedruckt.

§. 9.
Sobald die Kapitalbereinigung einer Gemeinde ihre Endschaft erreicht hat, so können die eingegebenen Schuldtitel sofort gegen Rückgabe der Empfangscheine, zu Händen der Eigenthümer, beim Bureau zurückgezogen werden.

§. 10.
Vom Zeitpunkte an, wo die Kapitalbereinigung einer Gemeinde als geschlossen erklärt ist, dürfen neue Schuldverschreibungen auf Liegenschaften einer solchen Gemeinde nicht eher aushingegeben werden, bevor sie nach Vorschrift ins Register eingetragen und mit der vorgeschriebenen Bescheinigung versehen worden sind.

§. 11.
Kapitalien, welche von der Bekanntmachung an, womit die Kapitalbereinigung einer Gemeinde als geschlossen erklärt worden ist, auf liegenden Unterpfändern einer solchen zum Vorscheine kommen, ohne mit der vorgeschriebenen gestempelten Bescheinigung des Einschreibens ins Hypothekenbuch versehen zu sein, sind als ungültig und kraftlos zu betrachten, und dem Hypothekenbureau zur sofortigen Zernichtung unverzüglich einzugeben, bei Verantwortlichkeit für aus der Unterlassung entspringende Folgen.

§. 12.
Nach geschlossener Kapitalbereinigung behaupten die zuerst zur Einschreibung gelangenden Kapitalien vor den spätern den Vorrang, sofern letztere in den erstern nicht schon namentlich Vorbehalten sind.

§. 13.
Pfandverschreibungen auf Grund und Boden müssen ebenfalls schriftlich ans Hypothekenprotokoll gegeben werden, widrigenfalls sie das Vorrecht vor spätern, ins Hypothekenbuch eingetragenen Schuldverschreibungen, wenn letztere schon eines spätern Datums wären, verlieren. Pfandscheine sind dann ebenfalls mit der Bescheinigung des Einschreibens zu versehen.

§. 14.
Wenn ins Hypothekenregister eingetragene Kapitalverschreibungen, Pfand-, Miteigenthums- oder Nutznießungsrechte durch Abbezahlung, Erb, Kauf oder auf irgend eine andere Weise getilgt werden und erlöschen, so müssen die dießfälligcn Originaltitel innert 2 Monaten, vom Tage des Erlöschens an gerechnet, zur Kanzellirung (Streichung) im Hypothekenbuche, eingesandt oder eingegeben werden.
Wenn dieses unterlassen wird, so sind solche Rechte spätern Kapitalverschreibungen nicht nur voranzustellen, sondern der Kreditor und Debitor machen sich überdieß der unerläßlichen Strafe von Fr. 1, von jedem Hundert des Titels, und der Verantwortlichkeit für die hieraus entspringenden Folgen solidarisch schuldig.
Theilweise Tilgung eines Kapitalinstruments, Vermehrung oder Verminderung desselben und theilweise Entlassung des Unterpfandes müssen gleichfalls zu Protokoll gegeben und vorgemerkt werden. Der entkräftete Schuldtitel soll sodann zerschnitten dem Debitor anheimgestellt werden.

§. 15.
Der Landammann besiegelt die fortan zu errichtenden Handschriften, Altgülten und Obligo, wofern sie nach den gesetzlichen Vorschriften angefertigt sind, mit dem eigens dafür anzufertigenden Sigille des Landammannamts.

§. 16.
Jedes solidarische Pfandgeben auf Liegenschaften und beweglichen Gegenständen, durch welches oft Unordnung und Betrug entsteht, ist sofort bei Ungültigkeit des Pfandes verboten.

§. 17.
Die Hypothekenbuchverwaltung ist zur strengen Verschwiegenheit in ihren Verrichtungen verpflichtet, und darf daher Niemanden von den im Hypothekenbuch geschehenen Einschreibungen weder mündlich etwas mittheilen, noch die Einsicht ins Hypothekenbuch gestatten, noch Auszüge aus demselben geben, als mit nachfolgenden Ausnahmen:
a. dem Schuldner selbst und mit dessen Einwilligung jedem andern;
b. auf Ansuchen von Gerichts-, Straf- oder Untersuchungsbehörden;
c. in besondern Fällen, wo es aus gewichtigen Gründen Drittmannspersonen von Behörde aus gestattet werden wird;
d. kann endlich der Kreditor über seine eigene Hypothek und deren Vorstände die nöthige Auskunft verlangen.

§. 18.
Die Verrichtungen des Hypothekenbureau's stehen unter der Oberaufsicht des Regierungsrathes, bei dem dasselbe Weisungen über Anstände und Zweifel einzuholen hat.

§. 19.
Die Kapitalbereinigung hat Gemeindeweise zu beginnen, so bald die nöthigen Vorbereitungen getroffen sein werden. Der Regierungsrath hat die Reihenfolge der Gemeinden zu bestimmen.

§. 20.
Die Kosten der Kapitalbereinigung werden folgendermaßen bestritten:
Die Inhaber von Kapitalien haben von ihren Schuldtiteln auf jedes Hundert Urner-Gulden 10 Rappen zu bezahlen.
Diese Taxe fällt in eine Kasse, zu Händen der Regierung, welche das mit der Kapitalbereinigung beschäftigte Personal angemessen salariren, auch die Kosten für Reisen, Bücher, Schreibmaterialien und andere außerordentliche Ausgaben übernehmen wird.
Die Regierung wird nebenbei die löbl. Gemeinderäthe für ihre Bemühungen bei der ersten Kapitalbereinigung angemessen honoriren.
Für die Anfertigung eines neuen Kapitalinstrumentes für solche Kapitaltitel, welche bisher unverschrieben geblieben sind, und auch für solche, welche Unrichtigkeiten wegen, neu geschrieben werden müssen, hat der Inhaber des Instrumentes die bisher übliche Schreibgebühr zu bezahlen.

§. 21.
Der h. Landrath ist mit der weitern Vollziehung und Ausführung beauftragt.»

  
Ergebnis: Die Landsgemeinde lehnt den Vorschlag des Landrates zur Einführung einer Hypothekar-Ordnung ab und beschliesst «beim Alten zu verbleiben».

   
Quelle: Abl UR, 1853, Nr. 15, 14.04.1853, Beilage nach S. 079/1-6 (Beratunsgegenstände); Abl UR 1853, Nr. 18, 04.05.1853, S. 93 (Verhandlungen).

 
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 02.02.2022