Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde
Sonntag, 5. Mai 1867
Landesgemeinde vom 5. Mai 1867
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann:
Joseph Arnold
Landschreiber:
Gisler
Geschäfte:
Siebengeschlechtsbegehren für Errichtung einer Kantonalbank / Wahl eines Landammanns / Wahl eines Landesstatthalters / Wahl eines Landeshauptmanns / Wahl eines Landessäckelmeisters / Wahl zweier Ständeräte / Wahl eines Suppleanten des Kantonsgerichtes
Siebengeschlechtsbegehren für Errichtung einer Kantonalbank.
Antrag:
«Dasselbe lautet dahin:
§ 1. Errichtung einer Kantonalbank.
Der Kanton Uri errichtet eine Kantonalbank, die bestehende Ersparnißkassa wird mit derselben verbunden oder vereinigt.
§. 2. Zweck.
Zweck dieser Kantonalbank ist es, dem Landmanne jeder Zeit gegen gutes Unterpfand oder gute Bürgschaft zu möglichst niedrigem Zinsfuße Geld erhältlich und den allfälligen Gewinn gemeinnützig zu machen.
§. 3. Mittel.
Der Kanton beschafft die erforderlichen Geldmittel gegen Verzinsung und steht mit seiner Garantie für die Bank ein.
§. 4. Notenausgabe.
Der Bank wird bewilligt, unter Aufsicht des Staates, resp. der Finanzkommission, Banknoten, die jeder Zeit an der Kasse in Baarschaft einlösbar sind und vom Kantone garantirt werden, in dem Maße auszugeben, daß dieselben nicht nur durch die Gegenwerthe vollständig gedeckt sind, sondern, daß auch ihr Gesammtbetrag die Baarschaft der Kasse um höchstens 2/3 tel übersteigen darf.
§. 5. Kontrolle.
Der Kanton (resp. die Finanzkommission) führt die Kontrolle über die Notenausgabe und veröffentlicht alle Quartal im Amtsblatte den jeweiligen Bankbestand, d. h. die Summe der Hinterlagen, Bürgschaften, der emittirten und noch in Kasse befindlichen Banknoten und des Baarbestandes der Kasse.
§. 6. Geschäftskreis.
Die Kantonalbank besorgt folgende Geschäfte: 1) Anleihen auf Liegenschaften, 2) Vorschüsse auf beschränkte Termine, 3) Eröffnung von Krediten auf laufende Rechnung, 4) Kauf, Verkauf und Inkasso von Pfandtiteln, Forderungen und Wechseln, sowie das Skontiren von Wechseln, 5) Ausgabe von verzinslichen Obligationen, 6) Ausgabe von Kassascheinen oder Banknoten, 7) Uebernahme von Depositengeldern, 8) Aufnahme und Besorgung von Sparkassageldern.
§. 7. Zinsfuß für Anleihen.
Anleihen auf Unterpfänder oder Bürgschaften sollen, wenn das Darleihen wenigstens ein Jahr lang stehen bleibt, in keinem Falle zu mehr als 5 % Verzinsung abgeschlossen werden. Die Bankverwaltung soll gegentheils trachten den Zinsfuß noch eher möglichst zu erniedrigen. — Unter Umständen mag die Bank für ein abgeschlossenes Geschäft ein für alle Mal eine Provision von höchstens ¼ bis 1/3 % beziehen.
§. 8. Rückzahlung versicherter Anleihen.
Anleihen auf Unterpfänder bleiben in der Regel, wenn der Schuldner pünktlich seiner Zinspflicht nachkommt, so lange stehen, als es demselben beliebt und können auch in Schurten oder durch verträgliche Erhöhung des Zinsfußes auf eine bestimmte Reihe von Jahren abbezahlt werden.
§. 9. Rückzahlung verbürgter Anleihen.
Anleihen auf Bürgschaften müssen auf eine bestimmte Verfallzeit lauten.
§. 10. Exekution rückständiger Zinse.
Wer ein Anleihen auf Unterpfand macht und den Zins davon nicht pünktlich bezahlt, wird sofort nach Verfallzeit um den Zins gemahnt, bezahlt er ihn dessen ungeachtet doch nicht, so kömmt nach abgelaufener Monatsfrist und zuvoriger Publikation im Amtsblatte, wobei aber nur die Nummer und der Werth des Unterpfandes, nicht aber dessen Eigenthümer angegeben wird, dasselbe zur Versteigerung. — Hiebei macht sich die Bank für ihr Anleihen, Zins und Kosten bezahlt und der Ueberrest des Erlöses fällt dann dem frühern Eigenthümer des Unterpfandes wieder zu; — bezahlt der Schuldner aber noch vor der Versteigerung den verfallenen Zins sammt aufgelaufenen Kosten, so kann die Bankverwaltung den Fortbestand des Anleihens wieder bewilligen.
§. 11. Folgen der Bürgschaftsverpflichtung für den Bürgen.
Wer sich bei der Bank als Bürge verpflichtet, ist mit dem Schuldner solidarisch verpflichtet, auf Verfallzeit den Zins und das Kapital zu bezahlen und kann keinerlei Einwendungen gegen seine Zahlungspflicht machen, wenn er nicht wieder selbst im Besitze der Bürgschaftsurkunde ist. Hiebei bleibt ihm der Regress an den Schuldner offen.
§ 12. Massstab für Gelddarlehen auf Unterpfand.
Die Kantonalbank muß, wenn sie darum angegangen wird, auf jedes Urner'sche Kapital oder Gut, welches vordem letzten Viertel der Schatzung steht, Geld darleihen. Steht das Unterpfand innert der Hälfte der Schatzung, so ist auf dasselbe ¾ tel seines Werthes Geld darzuleihen. Steht es im dritten Viertel der Schatzung, so ist auf dasselbe 2/3 tel des Werthes darzuleihen. Steht es bloß im letzten Viertel der Schatzung, so bleibt es der Verwaltung vorbehalten, je nach Befund und Umständen Geld darzuleihen oder nicht. Auf Gebäulichkeiten wird nur dann und nur für solange Geld dargeliehen, als dieselben in der Feuerversicherung stehen.
§. 13. Beschränkung im Geschäftskreise.
Sollte genügend Geld vorhanden sein, um nicht nur dem urner'schen Publikum zu genügen, so kann auf Beschluß die Bankverwaltuug auch auf gute Kapitalien der benachbarten Kantone zu gebührendem Zinse und billigen Bedingungen Geld darleihen. Jedenfalls bleibt aber die Spekulation in fremden Staatspapieren, Aktien- und Jndustrieunternehmungen untersagt.
§. 14. Eigenschaften eines annehmbaren Bürgen.
Als Bürge wird bei der Bank angenommen: 1) Jeder der bei der Bank ein Guthaben hat, bis zum Betrage desselben, und 2) Jeder in Ehren stehende notorisch habliche, in Uri wohnende Schweizerbürger.
Entstehen über die Hablichkeit irgend welche Bedenken, so entscheidet über die Annahme desselben und die Größe des zu eröffnenden Kredites die Finanzkommission.
§. 15. Verwaltung.
Die Bank wird verwaltet durch die Bankdirektion. Dieselbe steht aus dem Direktor, dem Kassier und dem Buchhalter. Sie wird von der Landesgemeinde auf 4 Jahre gewählt und legt beim Antritte den Amtseid in die Hände des Landammanns nieder. Das Amtszwangsgesetz erstreckt sich auf diese Beamtungen nicht. Kein Mitglied des Regierungsrathes und der Finanzkommission kann zugleich Bankbeamter sein.
§. 16. Stellung der Direktion zu andern Behörden.
Die Bankdirektion ist eine selbstständige Verwaltungsbehörde, jedoch unter der Verwaltungsaufsicht der Finanzkommission. Verwaltungsbefehle oder Verwaltungsaufträge hat sich nur vom Landrathe (resp. Regierungsrathe) anzunehmen.
§. 17. Gehalte.
Der Bankdirektor bezieht einen Jahresgehalt von Fr. 1500, der Kassier einen solchen von Fr. 2000 und der Buchhalter einen solchen von Fr. 1500.
§. 18. Kautionen.
Die Mitglieder der Bankdirektion haben folgende Kautionen in Baar oder annehmbaren Werthschriftcn bei ihrem Amtsantritte zu hiuterlegen:
Der Direktor . Fr. 4000.
Der Kassier Fr. 6000.
Der Buchhalter Fr. 4000.
§. 19. Transitorische Bestimmung.
Die h. Regierung ist beauftragt, in Gemeinschaft mit der Bankdirektion, für baldigste Beschaffung der nöthigen Gelder und für Bezug eines geeigneten Banklokales zu sorgen, so daß die Bank mit ihren Geschäften spätestens in einem halben Jahre beginnen kann.
Gutachten des Landrathes über das vorstehende Siebengeschlechts-Begehren.
Da sich der Landrath mit Rücksicht auf §. 38 und 47 der Verfassung veranlaßt sieht, über das Siebengeschlechts-Begehren für Errichtung einer Kantonalbank sein Gutachten abzugeben und zwar im Sinne der Abweisung desselben, so hält er es auch in seiner Pflicht diese Angelegenheit etwas näher zu beleuchten, um einerseits seinen Standpunkt, von welchem sein Schluß ausgeht, zu bezeichnen und anderseits über diese hier noch ziemlich neue Idee mehr Licht zu verbreiten, was um so nothwendiger erscheint, als dieses Begehren von großer finanzieller Wichtigkeit ist, und man bemüht scheint, die Sache in etwas einseitiger Weise dem Volke genehm zu machen.
Es läßt sich nicht verkennen, daß in neuerer Zeit die Nachfrage um Anleihen sich bedeutend vermehrt hat, daß der Verkehr belebter geworden und größere Dimensionen angenommen hat, als dieß vor Jahrzehnden der Fall war, und wenn man daher das Siebengeschlechtsbegehren bloß als den Ausdruck des gefühlten Bedürfnisses nach größerer Aushülfe im Geldbedarf des Publikums betrachtet; so läßt sich eine Berechtigung dazu nicht absprechen, allein eine andere Frage, und zwar die Hauptfrage ist dabei, ob das von ihm vorgeschlagene Auskunftsmittel, ob eine Kantonalbank und zwar laut dem eingereichten Vorschläge nützlich und rathsam sei?
Diese letzte Frage glaubt der Landrath entschieden verneinen zu sollen und zwar, um sich möglichst kurz zu fassen, ans folgenden drei Gründen, weil er
1) die Errichtung einer Kantonalbank nicht für nothwendig hält;
2) weil ihm dieselbe den Staatsinteressen als nachtheilig erscheint;
3) weil ihm auch die Bestimmungen des Bankprojektes theils unklar, theils unpassend erscheinen.
Die Frage, ob und wie den sich mehrenden Anleihensgesuchen besser entsprochen werden könne, hat den Landrath schon im verflossenen Dezember bei Anlaß der Berathung des regierungsräthlichen Rechenschaftsberichtes beschäftigt, und obwohl die Ersparnißkassa innert letzten 10 Jahren sehr an Umfang ihres Geschäftskreises und Aktivbestandes gewonnen, so daß ihre Rechnungen einen dreimal größern Verkehr und selbstverständlich auch verhältnißmäßig größere Ausdehnungen an Geldbedürftige nachweisen als vor 10 Jahren, so hat sich auch die Nachfrage noch mehr gesteigert, und daher wurde der Regierungsrath zu untersuchen beauftragt, ob nicht dem Bedürfniß nach Geld durch höhern Zins an die Einleger in die Ersparnißkassa begegnet werden könnte?
Der dem Landrathe hierauf erstattete Bericht sprach die feste Ueberzeugung aus, daß eine Zinserhöhung bei der Ersparnißkassa unzweifelhaft eine sehr bedeutende Vermehrung der Einlagen veranlassen, mithin den beabsichtigten Zweck wesentlich fördern werde, fügte jedoch die Bemerkung bei, daß durch eine solche Maßregel der jährliche Vorschlag wenn nicht aufgehoben, doch auf ein sehr kleines Maß reduzirt werden dürfte, was alles durch nähere Berechnungen nachgewiesen wurde, von einem Nichtbestehenkönnen der Anstalt aber war nicht die Rede. Dieses voraussichtlichen Opfers ungeachtet beschloß der Landrath, im Interesse der Geldbedürftigen, die Erhöhung des Zinsfußes auf 4 ½ Prozent, indem auf der Hand liegt und auch schon die seitherige kurze Erfahrung nachweist, daß damit der Ersparnißkassa und durch deren Vermittlung dem ländlichen Verkehre erhebliche Baarschaft zugewendet wird.
Der Landrath glaubt daher, daß diese zeitgemäße und mit keinerlei Störung des finanziellen Staatshaushaltes und mit keinerlei Gefährde verbundene Maßnahme dem anerkannten Bedürfniß nach Darleihen entsprochen werden könne, und daß es eines so bedenklichen Mittels, wie die Errichtung einer Staatsbank unter gegebenen Verhältnissen erscheint, keineswegs bedürfe. Anläßlich sei noch bemerkt, daß die bereits eingetretenen Baarzuflüsse weder direkt noch indirekt von der «eidgenössischen Bank» herrühren, wie man vielseitig zu verbreiten sich bemüht und auch das Sicbengeschlecht in seiner Zuschrift angedeutet hat. Sollte indessen der gehoffte Geldzufluß bei der Ersparnißkassa unter der gegründeten Erwartung Zurückbleiben und dieselbe auch jetzt noch dem Bedürfniß zu wenig genügen können, so ist der Landrath nöthigenfalls weit eher geneigt, durch fernere Konzessionen an die Einleger im Sinne der Abschaffung von Zinsstillstand nachzuhelfen und dadurch die Geldeinlagen noch mehr anzuziehen, als daß er zu dem vorgeschlagenen Auskunftsmittel der Errichtung einer Kantonalbank Hand bieten oder rathen dürfte.
Von dieser Ansicht geleitet, ließ sich der Landrath auch herbei, mit dem ehrenden Siebengeschlecht durch einen Ausschuß in Relation zu treten, wie dieß übrigens schon wiederholt geübt worden, allein dasselbe wollte sich mit unsern Eröffnungen nicht zufrieden geben, hatte vielmehr schon vor Anhörung derselben für angemessen gefunden, zu beschließen, es wolle auf dem Bankbegehren verharren. Seither sind jedoch eine sehr beträchtliche Anzahl Mitglieder dieses Siebengeschlechtes freiwillig von demselben wieder zurückgetreten.
Es fragt sich daher, ob die hohe Landesgemeinde den Ansichten des Landrathes beipflichten, oder dem gestellten Begehren entsprechen wolle und es ist somit am Orte auch zu prüfen, ob die beantragte Kantonalbank den Staats- oder Landesinteressen entspreche, oder nicht?
Bei solchen neuen Einrichtungen ist es Pflicht, nicht einseitig vorzugehen, sondern die Sache in ihrer Objektivität und mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse des Landes ins Auge zu fassen. Man kann daher nicht nur fragen, wie bekommen Geldsuchende leicht Baaranleihen, sondern auch, wie stellt sich das Verhältniß des bezüglichen Vorschlages für den Kanton, als solchen, mit andern Worten, wird der Kanton dabei seine Rechnung finden oder wird ihm dadurch eine bedeutende Last aufgeladen? Denn die Gesammtheit und zwar unter ihr zunächst die besitzende Klasse ist es, welche allfällige Kantonslasten oder Steuern direkt oder indirekt wieder zu tragen hat und gegenüber der Gesammtheit der Bevölkerung bilden jene, welche Anleihen suchen, doch immerhin die Minderzahl. Der Landrath glaubt nun nach reiflicher Ueberlegung der Verhältniste die Ueberzeugung aussprechen zu müssen, daß die verlangte Kantonalbank, zumal in der beantragten Form und Ausdehnung, ganz sicher mit Verlurst für den Kanton verbunden wäre, und daß die auf willkürliche Voraussetzungen basirten Rentabilitätsberechnungen in der Wirklichkeit sich nicht bestätigen könnten.
Nur als kurze Veranschaulichung der landräthlichen Ansicht diene Folgendes:
Da die Ersparnißkassa bei mehr als dreimal kleinern Verwaltungskosten, als die Bank laut Vorschlag nur an Gehalten erforderte, und bei einem Reservefond von mehr als Fr. 12,000, dessen Zins mit Fr. 600 ihr als Hülfsquelle dient und bei dem reglementarischen 2monatlichen Zinsstillstand bei größern Rückzahlungen, laut Berechnung einen kaum nennenswerthen Vorschlag erzielen wird, so läßt sich schon aus diesem Beispiel leicht erkennen, daß eine Kantonalbank, die ihre Gelder, soweit sie solche mittelst Anleihen sich verschaffen müßte, zu 5 Prozent wird verzinsen müssen, ihre bedeutenden Verwaltungskösten nicht herausschlagen könnte.
Doch nehme man selbst den Griffel zur Hand und schaue wie sich die Sache machen wird.
Angenommen die Bank beschaffe sich ein Betriebskapital von einer halben Million, und ebensoviel werde ihr durch Uebernahme der Ersparnißkassa zugewendet, denn eine Million wird sie wohl im Ganzen bedürfen, wenn sie allen im Vorschlag enthaltenen Forderungen genügen soll, zu 5 Prozent und lehne diese Summe zu 5 Prozent wieder aus; wo ist da der Gewinn zu finden, außer auf dem ½ Prozent Zinsvorschlag von den Einlagen bei der Ersparnißkassa, was bei einer Summe von Fr. 500,000 bloß Fr. 2500 erträgt? Nun aber fordern schon die Gehalte der Angestellten eine Ausgabe von doppeltem Betrage und damit sind aber noch keineswegs alle Ausgaben erschöpft. Es kostet die Einrichtung der Banklokale, des Inventars und so weiter eine nicht unbeträchtliche Summe, deren Kapitalwerth doch verzinset werden sollte.
Es gibt bedeutende Bureauauslagen, die bezahlt sein müssen. Die Notenfabrikation, welche begreiflich einer besonderen Vorsicht und Genauigkeit bedarf, kostete mindestens 2 bis 3000 Fr., von welcher Summe der jährliche Zins zu Lasten der Anstalt in Berechnung fallen muß. Und der obige Zinsgewinn kann überdieß nicht vollständig in Berechnung kommen, denn wenn laut Vorschrift jedem Anleihen, das mit vorschriftsgemäßer Hinterlage gedeckt werden kann, entsprochen werden muß, so ist es klar, daß hiefür immer eine disponible Baarschaft in Kassa liegen muß und daher niemals der volle Vermögensbestand an Zins gelegt sein darf, denn eine leere Kasse und obbesagte Verbindlichkeit sind absolut unverträglich.
Es ist gewiß nicht zu hoch gegriffen, wenn bei einer solchen Kantonalbank als nothwendiger disponibler Baarvorrath Fr. 10 bis 15,000 angenommen wird, was einem Zinsausfall von Fr. 500 bis 750 gleichkömmt.
Aber noch einen weitern Umstand darf man nicht übersehen, daß nämlich die Passivzinsen, d. h. die Zinsen von Geldern, welche entweder bei der Bank (beziehungsweise Ersparnißkassa) eingelegt oder von ihr sonst geliehen sind, prompt bezahlt oder wieder verzinset werden müssen, während hinwieder im günstigsten Falle angenommen werden muß, daß die Zinsen von den Schuldnern der Bank durchschnittlich ½ Jahr ausstehen bleiben. Wer die hiesigen Verhältnisse kennt, wird zugeben müssen, daß eine Verzinsung mit 6 Monat nach Verfall im Durchschnitt eine sehr fleißige wäre und bisher noch bei keiner Verwaltung erzielt werden konnte. Dieser Zinsrückstand bei den ausgeliehenen Geldern einerseits und die sofortige Zinspflicht oder entsprechender Zinseszins von den Bankdepositen anderseits kömmt bei der angenommenen Kapitalsumme von einer Million einem Ausfall von Fr. 1121.90, nur zu 4 ½ Prozent berechnet, gleich, was wieder vom weiter oben besprochenen Gewinn an der Zinsdifferenz abgehen müßte. Man kann dagegen einwenden, der Zinsskonto bei Rückzahlungen, zumal von Einlagen der Ersparnißkassa, bilde ein Gegengewicht und man kann dieß zugeben, allein wenn man der Bank dafür auch volle Fr. 1000 gutschreibt, so genügt dieß nicht einmal letztbesagten Ausfall zu decken.
Noch haben wir nichts gesagt von möglichen, ja bei Geldinstituten solcher Ausdehnung unvermeidlichen Verlursten, denn auch die größte Sorgfalt und Pünktlichkeit kann nicht gegen alle Eventualitäten schützen; nichts gesagt von der Gefahr, welche die Banknoten-Ausgabe, schon in der Möglichkeit falscher Banknoten liegt, wodurch das Publikum oder die Bank so leicht benachtheiliget werden kann, und welcher Fall häufiger eintritt, als man vielleicht glauben möchte. So berichten in neuester Zeit die öffentlichen Blätter, daß z. B. in Italien die Fabrikation falscher Banknoten schwunghaft betrieben werde und deren Nominalwerth in die Hunderttausende sich belaufe.
Wie nun bei solchen unvermeidlichen Auslagen und Kosten und bei all den möglichen Einbußen und Gefahren eine Kantonalbank, die unter bestimmten Voraussetzungen jedem Begehrer entsprechen muß, und in keinem Falle über 5 Prozent Zins fordern darf, ohne erhebliche Verlurste des Kantons bestehen könne, vermag der Landrath nicht einzusehen.
Die Einwendung hiegegen läßt sich errathen, man wird sagen, das Banknotengeschäft deckt diese Ausfälle leicht und bringt noch dazu einen schönen Gewinn.
Der Landrath ist aber entgegengesetzter Ansicht und hält gerade die Banknoten-Ausgabe für unpassend und selbst gefährlich, jedenfalls aber den davon erwarteten erheblichen Gewinn für illusorisch und sich nicht erwahrend. Dem Landmanne wird es nur lieb sein, einigen Aufschluß über das Banknotenwesen zu vernehmen, denn Manchem ist dieß nicht recht klar.
Eine Banknote, so wie man sie in der Schweiz versteht, ist nichts als ein Schein, gegen welchen die ihn ausstellende Bank verpflichtet ist, jeden Augenblick den darauf genannten Betrag in gesetzlichem Gelde auszubezahlen; es braucht diesen Schein Niemand an Zahlung zu nehmen, wenn er nicht gern will und wenn eine Bank ein einziges Mal ihre Noten, wäre es nur eine Stunde, nicht einlösen könnte, so würde solche Noten Niemand mehr annehmen und ihr Kredit wäre für immer dahin.
Etwas anderes sind die Banknoten, besser gesagt Papiergeld, welche von einem Staate oder durch eine von ihm abhängige Bank mit Zwangskurs ausgegeben werden und sie also Jeder für den vollen Nominalwerth annehmen muß, diese behalten ihren Werth so lange eine Kasse da ist, welche sie jeden Augenblick und in jedem Betrage gegen Gold und Silber auswechselt. Letzteres hat aber noch immer etwas früher oder später aufgehört und von dem Tage an, wo es aufhört, sinkt dieses Papiergeld im Werthe verglichen mit wirklichem Gelde; zuerst ein wenig, dann mehr, es steigt und fällt, alle Geschäfte werden unsicher, der Kredit wird außerordentlich schwierig, weil Niemand weiß, wieviel der papierene Franken nach kurzer Zeit in wirklichem Gelde gerechnet gelten wird.
In Frankreich sank dieses Papiergeld zur Zeit der ersten Revolution auf gar nichts herunter, in den nordamerikanischen Südstaaten letzthin ebenso, in Oestereich während der Napoleonischen Kriege fand beinahe das Nämliche statt, in den nördlichen Staaten Nordamerikas hat der Kurs so geschwankt, daß 100 Thaler Gold bis 275 Thaler Papier (Banknoten mit Zwangskurs) werth waren.
Eine solche Wirthschaft, wie sie ähnlich in Oesterreich, Rußland, Spanien und Italien und in den meisten südamerikanischen Staaten besteht, wird der Kanton Uri sicher nicht einführen wollen und sich nicht zum warnenden Beispiel eines verlotterten Finanzzustandes aufstellen wollen. Gott sei Dank! ist auch keine Nothwendigkeit dafür vorhanden. Es kann sich also bei der vorgeschlagenen Bank nur um Banknoten, wie sie in mehreren Kantonen der Schweiz ausgegeben werden, handeln, welche keinen Zwangskurs haben.
Der Landrath hält nun dafür, daß die Errichtung einer Hypothekenbank mit Ausgabe von Banknoten schon an sich unpassend sei, weil nach der Ansicht Sachkundiger diese beiden Zweige sich nicht gut miteinander vertragen.
Der Grundsatz ist allgemein und Jedermann einleuchtend, daß eine Bank, welche Noten ausgibt, jeder Zeit zur Einlösung derselben bereit und befähigt sein muß. Es ist daher ein nothwendiges Erforderniß, daß eine solche Bank entweder immer den entsprechenden Baarvorrath, oder doch leicht verwerthbare Werthschriften, wie Wechsel aus Sicht und so weiter, in Bereitschaft haben muß, um stets in der Lage zu sein, die nöthige Baarschaft schnell zu beschaffen.
Die Aufgabe einer Hypothekenbank hingegen ist mehr stabilen Charakters in den Geldanlagen, und das vorgeschlagene Projekt sagt in §. 8 ausdrücklich, die Anleihen auf Hinterlagen bleiben bei gehöriger Verzinsung in der Regel so lange es dem Schuldner beliebe.
Wie soll nun eine solche Bank dem Notenandrang genügen, wenn sie ihr Geld in feste Anleihen niedergelegt hat? Es genügt bei einer Banknote keineswegs der Trost, daß deren Werth verbürgt sei, sondern er muß jeder Zeit in klingende Münze umgewandelt werden können, und hiezu ist eine Hypothekenbank in ihrer Anlage nicht geeignet, in schwierigen Zeiten geradezu nicht befähigt.
Herr Ad. Burkard-Bischoff, Mitglied des Handelskollegiums in Basel, ein anerkannter Fachmann in Banksachen sagt daher in seiner Schrift über s. g. Zeddelbanken: „Eine Hypothekenbank und eine Zeddelbank (d. h. Banknotengeschäft) sind zwei durchaus verschiedene Dinge, die nicht in Eines verschmolzen werden können, ohne daß beide Branchen darunter leiden." Der Nämliche bezeichnet die Notenausgabe von Hypothekarbanken als geradezu verwerflich. (Seite 22 besagter Broschüre.)
Was folgt aber daraus, als Gefährde für den Kanton, wenn er eine solche Anstalt unternimmt?
Der Vorschlag des Siebengeschlechtes fordert zwar allerdings, daß die Notenausgabe 2/3 tel des Baarvorrathes nicht übersteigen dürfe, oder richtiger gesagt, daß stets 1/3 /tel des Werthes der in Umlauf gesetzten Banknoten baar in der Kasse sein solle, aber wer bürgt dafür, daß nicht mehr als 1/3 tel davon innert kurzer Zeit zur Einlösung kömmt? Dieß wird gerade in den schwierigsten Zeiten bei Geldmangel eintreten. In solchen Krisen stocken die Baarzuflüsse, mehren sich hingegen die Geldgesuche, welchen entsprochen werden muß, strömen die Banknoten zur Einlösung herbei und es bleibt nichts übrig, als um jeden Preis unter noch so ungünstigen Verhältnissen Geld zu beschaffen, oder sich bankerott zu erklären, ersteres müßte den Kanton in starkem Maße belasten, letzteres würde seine Ehre und seinen Kredit zugleich ruiniren, daher hält der Landrath an der Ansicht fest, daß eine solche Kantonalbank nicht nur unpassend, sondern auch mit Gefährde verbunden sei.
Doch selbst in gewöhnlichen Zeiten wird die Bank durch Notenausgabe wenig oder keinen Gewinn davon haben und das ehrende Siebengeschlecht ist in dieser Beziehung im großen Jrrthum, wenn dasselbe sich großen Erfolg von einer solchen Maßregel verspricht, denn die Erfahrung bei den schon bestehenden Banken und die Ansicht handelsmännischer Autoritäten belehrt uns eines andern. Fürs erste wird es sehr schwer halten die Banknoten in bedeutendem Maße in Umlauf zu setzen.
Unser Land und Verkehr ist nach der Natur der Verhältnisse und Gewerbe nicht der Boden, welcher einer Notenzirkulation günstig ist, denn die Industrie und Handel sind unbedeutend, die Bevölkerung befaßt sich bekanntlich vorherrschend mit Landbau und Viehzucht. Wenn nun auch die Geldsuchenden durch die Verhältnisse gezwungen die Banknoten in Zahlung nehmen; so werden dagegen diejenigen, welchen diese abgetreten werden, nicht ermangeln, sie beförderlich bei der Bank in Baar umzuwechseln, Banknoten bieten aber nur dann einen Gewinn, wenn sie längere Zeit in Zirkulation bleiben. Bei einer Menge von Verhältnisse im inländischen Verkehr passen nun einmal die Banknoten nicht und werden immer verpönt bleiben, abgesehen davon, daß man ohnehin mit Mißtrauen dieses neue Papiergeld betrachten und annehmen wird.
In solchen Fragen läßt sich nicht mit andern Kantonen exempliren. Wenn man z. B. Glarus, als Nachbarkanton, anführen wollte, so wäre dies; ein unrichtiger Maßstab, indem dieses Ländchen nicht nur einmal mehr Einwohner zählt, sondern auch im Gegensätze zu Uri vorherrschend industriell ist, was den Notenabsatz wesentlich erleichtert.
Indessen ist auch ein übersichtlicher Blick auf den Gesammtverkehr in schweizerischen Banknoten keineswegs geeignet sanguinische Hoffnungen auf ein solches Institut zu gründen.
Nach einer Darstellung des Herrn Professor Johann Pfister von Luzern belief sich die durchschnittliche Zirkulation der emittirten Banknoten sämmtlicher Banken in der Schweiz auf 62 Prozent, es ist also keine Rede davon, daß es einer Bank gelingt, ihre ausgegebenen Noten sämmtlich in Verkehr zu bringen. Uebrigens kann bei Berechnung der Rentabilität von Banknoten, nach Ansicht von Fachmännern, keineswegs die Durchschnittszahl der in Umlauf gesetzten Noten als Grundlage dienen, sondern nur das Minimum der zirkulirenden Banknoten, weil nur diese als permanente zinsersparende Kapitalrepräsentanz erscheinen.
Nach Berechnung eines zürcherischen Fachmannes, wird der Gewinn, welchen mit Erfolg geleitete Banken aus den Noten ziehen, im Durchschnitte aus 3 bis höchstens 3 ½ Prozent angeschlagen werden können, aber nur von denjenigen Banknoten, welche es ihnen gelingt bleibend, nicht bloß auf einige Zeit oder durchschnittlich, im Umlaufe zu erhalten. Der schon oben zitirte Herr Burkard-Bischoff berechnet, daß bei der Bank von Waadt, welche zur Zeit des Erscheinens jener Broschüre von allen schweizerischen Banken am meisten Banknoten im Umlaufe hatte, dieselben dennoch nur 9 Prozent der sämmtlichen verfügbaren Mittel betrugen, in Basel nur 6 Prozent, und kömmt dann zum Schlusse, daß die Banknoten-Ausgabe für die große Mehrzahl der schweizerischen Banken von wenig Belang sei, und daß nach Abzug aller Unkosten und Risiko, der Zinsgewinn, welchen die Banken geringern Belanges, wie jene von Aarau, Solothurn, Thurgau, Glarus etc. aus ihren Banknoten ziehen, auf eine wahre Bagatelle zusammen schrumpfen (Seite 25 zitirter Schrift).
Nimmt man nun diese Thatsachen in Betracht, so liegt auf flacher Hand, daß eine Banknoten-Ausgabe durch eine urnerische Bank zu sehr wenig Hoffnung auf Gewinn berechtiget, denn selbst in ungünstiger Lage, bei schon vorhandener Konkurrenz in der Schweiz, mit dem übrigen Zweck der Anstalt im Widerspruche, läßt sich weder ein erheblicher Absatz zu dauernder Verwendung, noch weniger ein Gewinn von einigem Belange erwarten. Wie soll nun aber eine Kantonalbank ohne finanzielle Einbuße des Kantons bestehen können, wenn sie selbst bei gewöhnlichen Verhältnissen zur Kostendeckung bei weitein nicht ausreicht und von dem vermeintlichen Hülfsmittel der Noten-Ausgaben wenig oder nichts zu hoffen ist?
Die Ueberzeugung, daß eine Bank in hiesigem Kanton und zumal eine sog. Zeddelbank, wie solche im Vorschläge liegt, nicht rentiren werde, wird auch durch die Thatsache unterstützt, daß selbst bestehende Bankanstalten, ungeachtet man sie darum anging, es nicht wagen zu sollen glaubten, in Uri oder einem andern der Urkantone Bankfilialen zu gründen, und daß früher eine Besprechung von Männern aus den drei Kantonen ebenfalls zum Schlusse führte, von Erstellung einer Bank abzusehen.
Wenn aber die Privatindustrie nicht einmal ihre Rechnung zu finden hofft, wie sollte dieß bei einer Staatsanstalt gehofft werden dürfen, welche nach Erfahrung und laut Ansicht von Sachkundigen noch weniger Aussicht auf glücklichen Erfolg hat, schon darum, weil sie eben nicht nur das bloße Interesse im Auge behalten darf, wie die Privatspekulanten. Es sagt daher auch Hr. Ad. Burkard-Bischoff in mehr erwähnter Schrift: „Es ist nicht Sache der Regierungen selbst, Handel zu treiben und Bankgeschäfte zu machen und die Experimente, welche in dieser Richtung gemacht wurden, sind fast ohne Ausnahme unglücklich ausgefallen, daß nämlich früher oder später an die Stelle von gehörig gesicherten Banknoten ein Staatspapiergeld von sehr zweifelhaftem Werthe getreten ist und in den meisten Fällen eine Einstellung der Baarzahlungen und eine vollständige Erschütterung der sämmtlichen finanziellen Verhältnisse des Landes zur Folge gehabt hat."
Leicht ist es Schulden zu machen und der Landrath gibt gerne zu, daß der Kanton Kredit genug besitzt, um 300,000 Fr. oder selbst mehr aufzubringen, aber damit ist die Sache noch keineswegs abgethan, die Schuld ist dann gemacht, aber nicht bezahlt, der Risiko der Anstalt beginnt und wird je nach Zeit und Umständen auf die finanziellen Verhältnisse des Kantons seinen nachtheiligen Einfluß haben, es ist daher nicht im Interesse des Landes, eine solche mindestens zweifelhafte Spekulation, oder wenn man will, einen solchen kostspieligen Versuch zu wagen, dessen Nothwendigkeit noch keineswegs erwiesen ist und am allerwenigsten im Augenblicke, wo der Landrath auf andere Weise zur Befriedigung wirklicher Bedürfnisse entgegenkommende Schritte gethan hat.
Die hohe Landesgemeinde wird daher die Tragweite eines solchen Beschlusses, wie die Errichtung einer Kantonalbank ist, wohl zu würdigen wissen und der Landrath hält es in seiner Pflicht darauf wohlmeinend hinzuweisen.
Man ist um so mehr dazu veranlaßt, als das vorgeschlagene Bankprojekt an sich in manch einer Beziehung unklar und unpassend erscheint. Viel zu weit würde es führen, wenn man in eine einläßliche Besprechung der einzelnen Bestimmungen des Vorschlages eintreten wollte, nur wenige Andeutungen mögen zur Begründung obiger Behauptung noch am Platze sein.
Im §. 7 wird ein Zinsfuß selbst unter 5 Prozent in Aussicht gestellt, zugleich aber auch der Bank das Recht gegeben über 5 Prozent zu gehen, nämlich unter dem Titel „Provision", was im Grunde nichts anderes ist, als ein verdeckter Zins.
Der Landrath hält aus schon entwickelten Gründen das Unternehmen selbst bei 5 Prozent Zins als ein unrentables, er kann daher die im Projekte gegebene Aussicht auf noch geringern Zinsfuß nicht anders auffassen als eine Selbsttäuschnng, welche vor der eintretenden Nothwendigkeit des mindestens 5prozentigen Zinsfußes wie eine Seifenblase zerplatzen wird, dagegen würde die Bank zweifelsohne durch die Verhältnisse gezwungen werden, von der Vollmacht eines Provisionsbezuges Gebrauch zu machen.
Der §. 10 schreibt entgegen dem bestehenden Gesetze über Betreibung, und im stärksten Widerspruch mit der tief eingewurzelten Landesübung, eine sehr scharfe Bezugsweise der Zinsen vor. Läßt sich diese Vorschrift vom Standpunkte der Bankinteressen auch sehr wohl begreifen, ja rechtfertigen; so wird deren Vollzug dennoch entweder nicht stattfinden können, oder große Unzufriedenheit bei vielen Schuldnern und manche Schwierigkeit erzeugen.
Mancher, der jetzt einer Bank, als einem Wohlthätigkeits-Jnstitut mit Freuden entgegensieht, wird bei Handhabung des vorgeschriebenen Zinsbezuges nachgerade dieselbe wieder verwünschen, denn täusche man sich nicht, die eingelebten Verhältnisie und Ansichten über Inkasso lassen sich nicht von heute auf morgen abstreifen.
Der Vorschlag gestattet auch Anleihen auf persönliche Bürgschaft, die Annahme eines Bürgen wird von dessen „Hablichkeit" bedingt, und der Entscheid hierin bei zweifelhaften Fällen der Finanzkommission überbunden, während dieselbe sonst von jedem maßgebenden Einflüsse auf die Bankverwaltung ausgeschlossen ist.
Die Anleihen auf persönliche Bürgschaften werden von der neuern Handelstheorie mehr und mehr mißrathen und sind in einem Lande, wie unser Kanton, wo jede amtliche Kontrolle des Vermögens, wie Kadaster oder Steuermaß, fehlt, um so verwerflicher.
Wer wird da die Verantwortlichkeit der Annahme von Bürgen übernehmen und die nicht minderlästige Ausscheidung zwischen „hablichen" und „nicht hablichen" Gewährsmännern treffen wollen? Wird ein anfrechtstehender Mann als „nicht hablich" abgelehnt, so fühlt er sich gekränkt, nimmt man aber Bürgen an ohne strenge Sichtung und sichere Gewähr, so gefährdet man die Anstalt in hohem Maße.
Das Siebengeschlecht scheint die Schwierigkeit dieses Punktes selbst gefühlt zu haben und geht sehr kurz über dieses „Bürgenwesen" hinweg, den schwierigen Entscheid, welcher sonst sach- und naturgemäß der Bankdirektion zufallen sollte, einer andern Behörde zuschiebend. Bei solchen Bestimmungen wird man sehr leicht zum Auskunftsmittel gelangen, jede Personalbürgschaft abzulehnen, oder dieselbe sehr zu beschränken, denn die Finanzkommission würde sich kaum dazu verstehen durch ein solches Entscheidungsrecht sich Verantwortlichkeit bei Annahme, und Unzufriedenheit und Vorwürfe bei Ablehnung von Bürgen aufzuladen, und daher lieber eine grundsätzliche Ablehnung durchführen.
Die Bestimmung des §. 12, wonach auf jedes vorschriftsgemäße Urnerkapital oder Gut ein Anleihen geleistet werden muß, hat zwar etwas Anziehendes, aber es fehlt ihr auch nicht ihre Schattenseite, denn wenn einerseits darin eine seltene Vergünstigung für jene liegt, welche Geld bedürfen, und dadurch jedem beliebigen Begehren entsprochen werden soll, so ist gleichzeitig auch dem eigennützigen Spekulanten der unverweigerliche Anlaß geboten, auf Unkosten der Bank, d. h. mit Geld zu höchstens 5 Prozent, aus deren Kasse zu spekuliren und gute Geschäfte zu machen.
Die Ausbeutung der Kantonalbank von Einzelnen ist, zumal in schwierigen Zeiten, bei obiger Bestimmung weit leichter möglich, als etwa bei der Ersparnißkassa, welche keine solch unbedingte Verpflichtung hat. Die nicht kleinen Schwierigkeiten und Verlurste durch Geldaufwand, um in geldarmen Zeiten dieser unbedingten Anleihenspflicht zu genügen, ist keine der geringsten Gefahren der projektirten Kantonalbank und sie kann dadurch ebenso sehr vermöglichen Spekulanten, als gelddürftigen Landleuten dienstbar werden, zumal jene über mehr vorschriftsgemäße Kapitalien oder Liegenschaften verfügen können, als letztere.
Die Noten-Ausgabe wird in keinem Falle bei unbedingter Verpflichtung von Darleihen obbesagte Schwierigkeit der Geldbeschaffung beseitigen, denn wenn laut Rechnungsausweis selbst die bleibend verwendeten Banknoten der Bank in Basel, wo der Handel und Verkehr im Großen betrieben wird, im Verhältniß zu ihren sämmtlichen Mitteln (Ressurßen) auf Fr. 100 nur Fr. 6 betragen, so ist doch gewiß nicht anzunehmen, daß die Banknoten einer hiesigen Anstalt eine größere Aushülfe leisten werden, und man würde eben doch weit mehr mit Baar arbeiten müssen, als man mit Papier verkehren könnte.
Beim Schlusse der gutächtlichen Beleuchtung dieser folgewichtigen Angelegenheit angelangt, möchte der Landrath die hohe Landesgemeinde nur noch auf den verhältnißmäßig sehr geringen Unterschied in den Darleihensbedingnissen einer Bank und der Ersparnißkassa aufmerksam machen, wodurch man sich überzeugen kann, daß ein Tausch nicht der Opfer und Gefahren werth ist, welche eine Kantonalbank veranlaßt.
Die Bestimmungen des Bankprojektes, unter welchen man Geld erhalten würde, sind mit Ausnahme der Zulassung von Personalbürgschaft, fast buchstäblich die gleichen, wie sie in Praxis bei der Ersparnißkassa bestehen, denn dieselbe ist bei beruhigenden Umständen milder, als der Buchstabe der Statuten, obwohl auch diese selbst nicht erheblich von den Bedingnissen des §. 12 des Bankprojektes abweichen.
Bezüglich des Zinsbezuges ist die Ersparnißkassa viel nachsichtiger, als die vorgeschlagene Bank sein würde, von ausnahmsweiser Betreibung enthält jene nichts in ihren Statuten.
Wenn man also die Begünstigung der Personalgarantie wegrechnet, welche in Praxis jedenfalls keine große Bedeutung gewinnen, und am seltensten ganz bedürftigen, oder bedrängten Leuten zu Gute kommen würde, — denn wo finden solche Bürgen? — so stellen sich die Schuldabschlüsse bei der Ersparnißkassa günstiger, als bei der vorgeschlagenen Kantonalbank, nur der Unterschied bleibt, daß es bei Letzterer heißt, sie muß Geld darleihen, bei Ersterer aber einfach, sie leiht Geld dar.
Wenn aber allerdings der Ersparnißkassa die Pflicht nicht obliegt und ihr nicht aufgelegt werden kann, immer und auf jedes reglementarisch verbürgte Begehren Darleihen zu machen, so liegt es doch in ihrem Interesse, solches dennoch zu thun, so weit ihre Geldkräfte reichen, und sie that das bis dahin mit Freuden und in möglichst zuvorkommender Weise, so daß während den letzten drei Jahren durchschnittlich jedes Jahr Fr. 100,000 an neuen Anleihen verausgabt wurden, und nicht etwa vorab, oder vorherrschend an die Kantonskassa, wie verlauten wollte, sondern an Privaten, und ganz wenige Korporationen. Der Staat selbst hat in genannten Jahren doppelt soviel Rückzahlungen geleistet, als er an einem momentanen Anleihen (es fand ein einziges statt) in gleichem Zeitraum bezogen hat. Die frühern Anleihen an Kanton und Bezirk datiren meistens ans jener noch nicht allzufernen Periode, wo man Mühe hatte die Ersparnißkassagelder zinstragend anzulegen, so gering war damals die Nachfrage.
Der Landrath hat, wie schon Eingangs bemerkt, die beste Zuversicht, daß durch die sich mehrenden Einlagen dem Bedarf des eigentlichen Verkehrs im Laude, dem Bedürfniß des Landvolkes, genügt werden könne — es ist aber wohl zu unterscheiden zwischen dem wirklichen Bedürfniß nach Geld entsprechen, oder dem Bedürfniß rufen, dasselbe durch Anstalten auf Unkosten des Kantons zu wecken — und daß so sich in Wirklichkeit durch die gehobene Kraft der Ersparnißkassa das Ziel erreichen lasse, welches vom ehrenden Siebengeschlecht angestrebt wird, ohne dabei unter Umständen durch eine bindende Verpflichtung riskiren zu müssen, zu Spekulationszwecken Einzelner ausgebeutet werden zu können. Von dieser Ueberzeugung ausgehend, und die unvermeidlichen Verlurste und Gefahren einer Kantonalbank, nach vorgeschlagenem Umfange und Betrieb, in Betracht ziehend, trägt derselbe bei der hohen Landesgemeinde darauf an: es sei aus das Siebengeschlechts-Begehren für Errichtung einer Kantonalbank nicht einzutreten.» > > Öffentlicher Brief «Ein freies Wort an freie Männer» von Bezirksammann Joseph Arnold, in: Abl UR 1867, nach S. 160, Beilage 2, 1-7
Ergebnis:
Auf das Siebengeschlechtsbegehren für Errichtung einer Kantonalbank wird auf Antrag des Landrats in Betracht, daß das gegenwärtige Ersparnisskassa-Institut den Bedürfnissen des «Landvolkes» in genügendem Masse entspricht, und daß daher eine Kantonalbank weder notwendig noch zweckmässig, sondern vielmehr für den Finanzzustand und den Kredit des Kantons gefährlich wäre, nicht einzutreten beschlossen.
Quelle:
Abl UR 1867, Nr. 17, 25.04.1867, nach S. 152 (Beratungsgegenstände); Abl UR 1867, Nr. 19, 09.05.1867, S, 165 (Verhandlungen).
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