Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde
Sonntag, 1. Mai 1927
Landsgemeinde vom 1. Mai 1927
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann:
Josef Werner Lusser
Landschreiber:
Friedrich Gisler
Geschäfte:
Wahl des Landammanns / Wahl des Landesstatthalters / Wahl der zwei Ständeräte / Wahlen ins Obergericht / Wahlen ins Landgericht Uri / Wahlen ins Landgericht Ursern / Ergänzung des Gesetzes über die Landsgemeinde / Volksbegehren betreffend Ausarbeitung eines Gesetzes über das Gemeinwesen und das Rechnungswesen der öffentlichen Verwaltungen / Bürgerrechtsgesuche (Meier, Flersheim) / Neuwahl von Landesfürsprechen.
Volksbegehren betreffend Ausarbeitung eines Gesetzes über das Gemeinwesen und das Rechnungswesen der öffentlichen Verwaltungen.
Antrag:
«Ein mit 284 Unterschriften aus den Gemeinden Altdorf und Erstfeld bedecktes Volksbegehren stellt das Begehren: Die Landsgemeinde vom 1. Mai 1927 beauftragt den Landrat, ein Gesetz über das Gemeindwesen und das Rechnungswesen der öffentlichen Verwaltungen auszuarbeiten und dessen Entwurf der Landsgemeinde vom Jahr 1928 vorzulegen.
Begründung. Die Kantonsverfassung vom Jahre 1888 überläßt es den Gemeinden, ihre Angelegenheiten innerhalb der gesetzlichen Schranken selbständig zu ordnen und gibt im Abschnitt VIII einige für die Organisation nötigen Richtlinien.
Seit dem Inkrafttreten der Verfassung sind nun 39 Jahre verflossen und innert diesem Zeitraum: eine ganz, Anzahl eidgenössischer und kantonaler Gesetze entstanden, die den Gemeindebehörden vermehrte Aufgaben zuweisen, Ansprüche und Leistungen auch der Gemeindemitglieder steigerten und es notwendig machen, daß den Gemeindewesen seitens des Kantons vermehrte Aufmerksamkeit zugewendet wird. Ein Gesetz, das für die Organisation und das Rechnungswesen Wegleitung gibt, ist also zeitgemäß und sollte unverzüglich geschaffen werden.
Der Landrat in Erwägung, daß das Volksbegehren als zustande gekommen anzusehen ist;
daß laut Art. 9 der Kantonsverfassung die Aufsicht über das Gemeinde-, Armen- und Vormundschaftswesen dem Staate obliegt und die Gesetzgebung das Armen- und Vormundschaftswesen und die staatlichen Aufsichtsrechte über den Gemeindehaushalt regeln wird, gemäß Art. 37 die Rechnungsablage auch im Gemeindehaushalt öffentlich sein soll und laut Reglement für den Regierungsrat die Aufsicht über den Gemeindehaushalt und über die Amtsführung der Gemeinde- und Kirchenräte usw. der Direktion des Gemeindewesens übertragen ist, aber keine Vorschriften über die Handhabung dieser Aufsicht bestehen;
daß mit dem Volksbegehren nicht bloß ein Gesetz über das Rechnungswesen der öffentlichen Verwaltungen, sondern dazu und in erster Linie über das Gemeindewesen überhaupt verlangt wird, was wiederum einen besondern Gegenstand für sich bildet und angesichts der vermehrten Aufgaben und mangels ausreichender Vorschriften als notwendig sich zeigt;
daß aber wegen der vielen, der Erledigung harrenden Geschäfte die verlangten Vorlagen innert Jahresfrist nicht wohl erledigt werden können und übrigens durch ein Gemeindegesetz zuerst die Grundlage geschaffen werden muß für die Ordnung des Gemeinde-Rechnungswesens;
beschließt:
Der h. Landsgemeinde sei beantragt, es sei vorderhand ein Gesetz über das Gemeindewesen auszuarbeiten und womöglich der nächstjährigen Landsgemeinde vorzulegen.»
Ergebnis:
Das Volksbegehren betreffend Beauftragung des Landrates zur Ausarbeitung eines Gesetzes über das Gemeindewesen und das Rechnungswesen der öffentlichen Verwaltungen und Vorlage an die Landsgemeinde von 1928 wird vorerst abgelehnt und schließlich ebenso der Antrag des Landrates, der sich vorderhand auf ein Gesetz über das Gemeindewesen beschränken möchte.
Quelle:
Abl UR 1927, Nr. 15, 14.04.1927, nach S. 264, 1-9 (Beratungsgegenstände); Abl UR 1927, Nr. 18, 05.05.1927, S. 297 ff.; 19, 12.05.1927, S. 321 (Verhandlungen).
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