Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde
Sonntag, 6. Mai 1849
Kantonsgemeinde vom 6. Mai 1849
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann:
Karl Franz Lusser
Landschreiber:
Gisler
Geschäfte:
Verfassungs- und Gesetzesrevision - Wahl eines Verfassungsrates / Regulierung des Hypothekarwesens / Gesetzeserweiterung betreffend die Offizierswahlen / Gutachten des Landraths über die «Annahmsweise» alter Hintersässen / Das Heiraten der «Tolerierten» in auswärtigen Staaten / Fortbestand des Artilleriekorps / Wahlen der Vorgesetzten / Entlassungsgesuch eines Regierungsrats / Wahl eines amtlichen Läufers / Wahl der Ammannrichter.
Das Heiraten der «Tolerierten» in auswärtigen Staaten.
Antrag:
«Der Landrath, In Betracht, daß früher gepflogene Unterhandlungen mit der päpstlichen Nuntiatur ein Einverständniß über einige Maßnahmen, um das Reisen der Tolerirten nach den römischen Staaten behufs der Verehelichung zu verhindern, zwar herbeigeführt hatten,
In Betracht, daß aber diese Maßnahmen, sofern sie wirklich zur Vollziehung gelangten, durch die Erfahrung als unzulänglich sich zeigten, indem nachher wieder ein Fall solch' unregelmäßiger Kopulation vorgekommen ist,
In Betracht, daß fernere Unterhandlungen kaum zu einem befriedigenden Resultate führen würden, In Betracht, daß es unter obwaltenden Verhältnissen kein einfacheres und wirksameres Mittel zur Behinderung derartiger Heirathsfälle giebt, als dem Tolerirten, welcher mit Umgehung der Regierung, die Kopulation auf diese Art erschleichen will, eine strenge und sichere Strafe in Aussicht zu stellen,
In Betracht, daß die großen Lasten, welche durch solche ungesetzliche Ehen den Gemeinden erwachsen, derartige scharfe Strafbestimmungen sattsam rechtfertigen, trägt bei der h. Landesgemeinde gutächtlich daraus an, daß sie folgendes zum Gesetze erheben möchte:
1) den Tolerirten, sowie denjenigen Ansäßen, die ohne Ausweisschriften im hiesigen Kantone den Ansitz haben, sei verboten, ohne oberkeitliche Bewilligung in fremden Staaten, wo es immer sein mag, sich kopuliren zu lassen.
2) Die diesem Verbote Zuwiderhandelnden sollen sogleich nach der Rückkehr vom Landrathe zur Verantwortung und angemessenen Ahndung gezogen werden, wobei derselbe bevollmächtiget ist, die Mannsperson zum Schellenwerk bis auf sechsjährige Dauer, oder zu fremdem Militärdienste zu verurtheilen.
3) Die auf solche Weise eingegangenen Ehen sollen in staatsrechtlicher Beziehung als durchaus ungiltig betrachtet, das Zusammenleben solcher widerrechtlich verheiratheter Personen nicht gestattet, und die Weibspersonen nach empfangener Strafe auf polizeilichem Wege nach ihrem vorhinnigen Aufenthalts- oder Duldungsorte transportirt werden.
4) Die gegenwärtig bestehenden weitern Gesetze und Verordnungen über die Verehelichung von Toleranten, Hintersäßen und Landleuten haben im übrigen in Kraft zu verbleiben.»
Ergebnis:
Der Vorschlag des Landrates zur Aufstellung einer Strafverordnung gegen das unregelmässge Heiraten der «Tolerirten» im Auslande wird an die Verfassungs- und Gesetzesrevisionskommission zur «reifern Berathung» überwiesen, nachdem von Seiten des bischöflichen Kommissarius gegen die Ungültigkeitserklärung der Ehe in staatsrechtlicher Beziehung — und Trennung des Ehepaars — als unzulässig in kirchenrechtlicher Beziehung, Protest eingelegt worden ist.
Quelle:
Abl UR 1849, Nr. 16, 18.04.1849, S. 069-074; Nr. 19, 09.05.1849, S. 091-094.
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