Einzelnes Geschäft an der Landsgemeinde
Sonntag, 4. Mai 1851
Landesgemeinde vom 4. Mai 1851
Bötzlingen an der Gand, Schattdorf, 12 Uhr
Landammann:
Alexander Muheim
Landschreiber:
Gisler
Geschäfte:
Entwurf eines Kriminalgesetzes für den Kanton Uri / Vorschlag zur Abänderung des § 75 der Verfassung / Gesetzesvorschlag zur Aufstellung von Vermittlern / Gesetzesvorschlag über die Öffentlichkeit der Landrats und Gerichtsverhandlungen / Definitive Bestätigung der vom Landrat provisorisch erlassenen Gesetze / Siebengeschlechtsbegehren zur Veredelung der Viehzucht / Siebengeschlechtsbegehren bezüglich der Schuldboten und Pfandschätzungen / Siebengeschlechtsbegehren bezüglich des Tanzens / Wahl von Landammann, Landesstatthalter und Säckelmeister / Wahl der Ständeräte
Gesetzesvorschlag über die Öffentlichkeit der Landrats und Gerichtsverhandlungen
Antrag:
«Der §. 28. der Kantonsverfassung spricht im Grundsatze die Oeffentlichkeit der Berathungen des Landrathes, sowie der Verhandlungen vor den Gerichten aus, und überläßt dann dem Gesetze die Ausnahmen zu bestimmen.
Den Entwurf eines diesfälligen Gesetzes, wie er aus den Berathungen der Gesetzgebungskommission, und des Landrathes hervorgegangen ist, enthaltet die Beilage Nro. 3. Es wird derselbe der h. Landesgemeinde zur Genehmigung empfohlen.»
Beilage Nro 3 > siehe unten LB V S. 140-141.
Ergebnis:
Die Landsgemeinde stimmt dem Antrag des Lanrats zu und genehmigt das Gesetz über die Öffentlichkeit der Landrats- und Gerichtsvehandlungen.
Quelle:
Abl UR 1851, Nr. 18, 30.04.1851, Beilage nach S. 84; Nr. 20, 14.05.1851, S. 93-100.
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DIE IM GESCHÄFT BEHANDELTEN GESETZESBESTIMMUNGEN
LB UR (1853) Bd V S. 140-141
Gesetz über die Öffentlichkeit der Landrats- und Gerichtsverhandlungen
«Die Landesgemeinde des Kantons Uri, in Gemäßheit des §. 28 der Verfassung, auf den Vorschlag des Landrathes, beschliesst:
§. 1.
Alle Sitzungen des Landrathes und der Gerichte, als: des Kantonsgerichts, des Kriminalgerichts, der beiden Bezirks- und Ammanngerichte, sind in der Regel öffentlich.
§. 2.
Bei den Sitzungen der Gerichte bezieht sich jedoch die Oeffentlichkeit nur auf die Verlesung der Akten und Vorträge der Partheien und die Eröffnung des Urtheils.
Während den Verhören der Zeugen, Berathung der Richter und der Fällung und Abscheidung des Urtheils, hat das nicht zum Gerichtspersonal gehörende Publikum abzutreten, und es werden die Thüren des Sitzungssaales geschlossen.
§. 3.
Ausgenommen sind ferner von der Oeffentlichkeit:
a) Solche Verhandlungen vor allen Gerichten, seien es Kriminal- oder Zivilfälle, deren offene Behandlung wegen unmoralischen Inhaltes die Sittlichkeit verletzend oder anstößig sein könnte.
b) Solche Verhandlungen des Landrathes, deren Oeffentlichkeit der Ehre und Wohlfahrt des Vaterlandes nachtheilig, oder der Wirksamkeit (Gedeihlichkeit) der Verhandlung selbst hinderlich sein dürfte.
c) Ferner alle Zurechtweisungs-, Straf-, Begnadigungs- und Anklagestands-Verhandlungen vom Landrath.
§. 4.
Wenn demzufolge der Präsident des Landrathes im Landrathe (der des Gerichtes im Gerichte) oder der Regierungsrath oder ein anderes Mitglied, wenn dasselbe unterstützt wird, auf Verhandlung bei geschlossener Thüre anträgt, so muß das P ublikum sofort auf die Forderung des Präsidenten vorläufig abtreten. Die Frage, ob öffentliche oder geschlossene Verhandlung stattfinden solle, wird sodann erörtert und entschieden, und je nach dem dießfälligen Entscheide des Weitern verfügt.
§ 5.
Die Zuhörer haben sich alles störenden Geräusches, unanständigen Benehmens und jeder Aeußerung von Beifall oder Mißbilligung der Verhandlungen zu enthalten, auch nicht sich in nicht für sie bestimmte Plätze einzudrängen. Kinder und Entehrte sind gänzlich ausgeschlossen.
§. 6.
Der Präsident der betreffenden Behörde (Landrath oder Gericht) hat, erforderlichen Falles, zur Handhabung der Ruhe auf der Tribüne die angemessenen Mittel zu ergreifen oder die Tribüne (d.h. die für's Publikum bestimmten Plätze) räumen und schließen zu lassen.
Quelle:
Landsgemeinderekenntnis vom 4. Mai 1851.
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