ÜBERSICHT

Name Wappen Siegel Banner Verfassungen Gesetzgebung Landsgemeinde Abstimmungen Wahlen Parlamentarische Vorstösse Eckdaten Bevölkerung Geografie Diverses

BEZIEHUNGEN

Ausland Kantone

Gesetzesbestimmungen

Kantonale Gesetze, 1892-1958 (Fortsetzung des Landbuches)
Bd 5 (1893-1900)
Gesetze und Verordnungen (Bd 5), 1892-1900
Gesetz für Einzug und Umwandlung von Geldbußen

LB UR Bd 05 (1893) S. 044-048
Gesetz für Einzug und Umwandlung von Geldbußen
«Art. 1. Der Einzug aller Geldbußen, Prozeß- und Atzungskosten, sowie der Gerichtsgelder, soweit er nicht gerichtlich besorgt wird, liegt der Staatskassaverwaltung ob.
Letztere hat diese Gelder alljährlich zu verrechnen und ist für prompte Erfüllung der bezüglichen Vorschriften haftbar.
Art. 2. Geldbußen und Gerichtsgelder, welche in Anwesenheit der Zahlungspflichtigen ausgefällt werden, sind denselben vom betreffenden Abwart alsogleich abzufordern und der Staatskassa zuzustellen.
Insbesondere soll von Seite der Gerichte strenge darauf gehalten werden, die Gerichtsgelder auf diesem Wege erhältlich zu machen.
Art. 3. Zahlungspflichtige, welche im Kanton nicht niedergelassen sind, haben die betreffende Schuld dem Weibel sofort nach dem Urtheile zu entrichten oder durch einen, vom Gerichte zu genehmigenden, als Selbstzahler haftenden Bürgen sicher zu stellen.
Im Falle diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden, hat die betreffende Behörde ohne Verzug den Schuldigen der Polizeidirektion zuführen zu lassen, behufs Umwandlung der Strafe in Arbeitshaus.
Art. 4. Nach Schluß einer Gerichtssitzung hat der Sekretär eine Liste über die ausgesprochenen Geldbußen, Kosten und Gerichtsgelder zu fertigen und innert zwei Tagen der Staatskassaverwaltung zu übermitteln, unter Benennung allfälliger Bürgen.
Diese Bestimmungen gelten auch, insoweit sie auf Ordnungsbußen administrativer Behörden, sowie auf Untersuchungskosten u. dergl. sich beziehen.
Art. 5. Die Staatskassaverwaltung wird innert drei Wochen den Schuldner schriftlich auffordern, den ausstehenden Betrag innert Monatsfrist zu entrichten, unter Androhung der sonst eintretenden Betreibung.
Guthaben des Schuldners bei der Staatskassa sind vorab zur Tilgung der Schuld in Anspruch zu nehmen.
Erscheinen vor Ablauf dieser Fristen Maßregeln zur Sicherung der ausstehenden Schuld nothwendig, so sind solche von der Staatskassaverwaltung innert gesetzlichen Schranken zu treffen. Nötigenfalls ist die Polizeidirektion um Maßnahmen anzugehen.
Art. 6. Wenn der Schuldner die ihm gesetzte Frist zur Bezahlung unbenützt verstreichen läßt, ist die Schuld dem zuständigen Betreibungs- oder Konkursamte zu übergeben.
Art. 7. Hat die Pfändung zu keiner oder nicht zu einer vollständigen Deckung geführt, wird die Betreibung als fruchtlos betrachtet.
Für den ausstehenden Betrag von Geldbußen (einschließlich sämmtliche Ordnungsbußen) tritt die Umwandlung in Arbeitshausstrafe, in Massstabe von Fr. 3 per Tag, ein.
Sie ist von der Polizeidirektion anzuordnen, nach vorausgegangener nochmaliger Zahlungsaufforderung.
Art. 8. Geldbußen, welche in contumaciam gegen unbekannt Abwesende oder Solche ausgefällt worden sind, die sich außer die Schweiz begeben haben, sind vorzumerken und der Polizei zu verzeigen, welche den Schuldner im Betretungsfalle zur Bezahlung anhalten oder die Umwandlung verfügen wird. Ausgenommen bleibt die Möglichkeit einer Betreibung.
Die Staatskassaverwaltung wird sich bestreben, allfällige Guthaben Abwesender auszumitteln und für den schuldigen Betrag mit Arrest zu belegen.
Die Namen unbekannt abwesender Bußschuldner sind im schweizerischen Polizei-Anzeiger jeweilen auszuschreiben.
Art. 9. Der Regierungsrath ist befugt von einer Umwandlung abzusehen und die schuldige Buße zu erlassen, falls der Schuldner, bei großer Armuth, durch körperliche oder geistige Gebrechen unfähig ist, Arbeiten zu verrichten.
Es wird hiemit guter Leumund, keine Rückfälligkeit und keine mit Haft verbundene Geldbuße vorausgesetzt.
Bezügliche Gesuche sind schriftlich und mit Ausweisen versehen dem Regierungsrathe einzureichen.
Art. 10. Die zur Arbeitsstrafe bestimmten Bußschuldner tragen ihre bürgerliche Kleidung, sind bei der Arbeit, beim Essen und in den Wohnräumen von den Zuchthaussträflingen möglichst abzusondern. Sie stehen jedoch unter der Haus- und Disziplinarordnung der Strafanstalt.
Die Umwandlung ist der Ehre des Betreffenden unnachtheilig und übt keine Wirkung auf den bürgerlichen Stand desselben aus.
Art. 11. Das Entweichen ist strafbar und die betreffenden Tage kommen bei Berechnung in Abzug.
Art. 12. Die Staatskassaverwaltung hat nicht bezahlte Bußen, Prozeß- und Atzungskosten und Gerichtsgelder abzuschreiben:
a) bei erfolgtem Abverdienen nach erstandener Haft;
b) bei eingetretenem Tode des Schuldners, mit Festhaltung civilrechtlicher Haftbarkeit der Erben bei angetretener Erbschaft;
c) nach erfolgter Ueberweisung der resultatlos Gepfändeten an die Polizeidirektion (Art. 7);
d) bei erfolgter bleibender Auswanderung außer das Gebiet der Schweiz.
Für diese Abschreibungen ist die Genehmigung der Finanzdirektion einzuholen.
Abschreibungen gemäß litt. d. sind jedoch in Vormerk zu nehmen und bei geeigneter Gelegenheit (Art 8, Absatz 2) einzubringen.
Ebenso werden Abschreibungen gemäß litt. c. von der Staatskassaverwaltung in gesondertem Vormerk behalten.
Art. 13. Bußschuldnern dürfen keine Heimathscheine verabfolgt werden.
Die Standeskanzlei und die Gemeinderäthe haben im Zweifelfalle bei der Staatskassaverwaltung Einfrage zu thun.
Art. 14. Gesuche von Gemeindebehörden für Umwandlung der von ihnen ausgefällten Geldbußen sind au die Polizeidirektion zu richten und von dieser zu berücksichtigen, sofern eine Betreibung nach Maßgabe des Art. 7 stattgefunden hat.
Der Staat gewährt den Gemeinden keine Entschädigung für die von den Sträflingen verrichtete Arbeit.
Art. 15. Die Geldbußen, Prozeß- und Atzungskosten sowie die Gerichtsgelder sind unverjährbar.
Klägerlöhne verjähren in einem Jahre nach Ausfällung der Geldbuße. Sie sind, gestützt auf das Urtheil und gegen staatsanwaltschaftliche Bescheinigung über die Person des Klägers auszurichten.
Art. 16. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten, soweit sie anwendbar erscheinen, auch in Bezug auf Ordnungsbußen administrativer Behörden, auf Untersuchungskosten u. dergl.»

LG 01.05.1892, in: LB UR 1892 Bd 5, S. 44-48.
-------------------------

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018