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Gesetzesbestimmungen

Amtliche Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Bd 4 (1856)
Gesetze und Verordnungen, Bd IV
Reglement für das Verhöramt

LB UR (1856) Bd IV S. 004-007
Reglement für das Verhöramt
«Der Landrath des Kantons Uri, in der Absicht, im Untersuchungsverfahren in Kriminal- und Malefiz-Straffällen, die zur Bezweckung eines schnellem und geregelten Geschäftsganges dienlichen und nothwendig gefühlten Verbesserungen einzuführen, beschließt und verordnet hiemit:

§. 1.
Es sei ein Verhöramt aufzustellen, bestehend aus einem Verhörrichter und Aktuar, mit Beizug eines Amtmanns zur Bedienung bei den Verhören.

§. 2.
Der Schwörlandrath wählt ans den sämmtlichen ihm beiwohnenden Mitgliedern, mit Einschluß der Landschreiber und Fürsprechen, den Verhörrichter, lind aus der Zahl der Landschreiber den Aktuar; beide auf sechsjährige Amtsdauer. Der Verhörrichter leistet einen ihm vorzuschreibenden Eid; der Aktuar hat im Verhöramte berathende Stimme.

§. 3.
Dem Verhöramte liegt die Untersuchung der Kriminal-, Malefiz- und überhaupt aller derjenigen Klagfälle ob, die mit der durch den Rath oder Richter des Landes verfügten Verhaftung des Schuldverdächtigen verbunden sind; sowie auch anderer Spezialfälle, die der Rath oder Landrath dem Verhöramte zur Untersuchung übertragen wird.

§. 4.
Die in den Geschäftskreis des Verhöramtes einschlagenden Anzeigen und Klagen, welche beim Richter des Landes oder Rathe einzugeben sind, sollen, sowohl von ersterm als letzterm, unverzüglich dem Verhöramt in ausführlicher schriftlicher Fassung überwiesen und von diesem die Untersuchung alsogleich angehoben werden.
Die beim Richter des Landes Angegangenen Klagen, welche unmittelbar die Verhaftung des Schuldverdächtigen und die sofortige Überweisung an das Verhöramt M Folge haben, sind jedoch immer dem nächsten Rathe zu eröffnen und dessen Entscheide bleibt anheimgestellt, einen vom Verhöramte bereits angehobenen Untersuch wieder an die Kanzlei zu überweisen.
Während dem Untersuche können auch beim Verhörrichter Anzeigen und Klagen eingegeben werden.

§. 5.
Das Verhöramt soll alle möglichen Beweise und Beweismittel zur schnellen Ermittlung des wahren That- und Sachbestandes, sowie überhaupt alles dasjenige, was zum Beweise der Schuld oder Unschuld der verdächtigen Person dienen mag, zu erheben trachten, zu diesem Ziele von sich aus und ohne weitere Einfrage bei Behörde, die ihm gutscheinenden Informationen, Verhöre, Konfrontationen, Untersuche und Augenscheine vor- und aufnehmen, und die Prozedur bis zu ihrer Vollständigkeit und Spruchreife fortführen, und dabei vorzügliches Augenmerk auf Beförderung der Sache richten, ohne jedoch durch Uebereilung der Ermittlung der Wahrheit zu schaden.

§. 6.
Das Verhöramt ist bevollmächtigt, den Jnquisiten im Läugnungsfalle bis auf drei Tage, in jeder Woche, an die magere Kost zu verordnen und bis 10 Stockstreiche auf das Mal durch den Bettelvogt anzuwenden. Wenn man jedoch in den Zwangsmaßnahmen dieses Maß zu überschreiten nöthig fände, so sollen die weitern Vollmachten beim Rathe eingeholt werden.

§. 7.
Wenn das Verhöramt eine Prozedur zu Ende geführt hat und spruchreif findet, so übermittelt es die sämmtlichen Akten und Belege dem Rathe und begleitet sie mit einem getreuen und umfassenden Berichte und Gutachten, in welche Kategorie entweder der ausgemittelte Straffall gehöre, oder aber ob — wenn die Verdachts- oder Beweisgründe zur Zeit noch unzureichend sein sollten — der Prozeß einstweilen einzustellen und der Inquisit der Haft zu entlassen sei oder nicht?

§. 8.
Beschließt der Rath die Ueberweisung eines Straffalles an den Malefiz-Landrath, so sind durch das Verhöramt, mit Beizug eines vom Rathe ihm beizuordnenden Mitgliedes und des Großweibels, die bisher üblichen Wiederholungs-Verhöre mit dem Schuldigen vorzunehmen und ihm vor dem Zusammentritt der Strafbehörde den Prozeßextrakt, wie üblich, vorzulesen.

§. 9.
Dem Sträfling ist, ohne weitere Einfrage, gestattet, sich den Vertheidiger selbst zu erbeten, dem in der Kostentaxe für seine Bemühung Gl. 3 Sch. 10 vergütet werden sollen. Das Urtheilgeld für den Präsidenten des Malefiz-Landrathes und das Kostentaxenmahl hören dagegen auf.

§. 10.
Der Verhörrichter bezieht für jedes Verhör und jeden Akt in Kriminalfällen Fr. 1, der Aktuar 1/2 Fr., in Polizeifällen aber Ersterer Schl. 20, Letzterer Schl. 10.

§. 11.
In Krankheits- und Ausstandsfällen des Verhörrichters und Aktuars bezeichnet der Rath ihre Ersatzmänner.

§. 12.
Bei wichtigen Anständen und Zweifeln, die in Gegenwärtigem nicht schon vorgesehen sind, wird das Verhöramt die nöthigen Weisungen beim Rathe einholen.

§. 13.
Die Verhöre sind in dem hiefür bestimmten Zimmer in dem Ankenwaaggebäude aufzunehmen.»

Landrats-Erkenntnis vom 06.04.1842 (LB UR 1856 BD IV, S.4-7).
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018