Gesetzesbestimmungen
Gesetze zwischen Amtlicher Sammlung und Landbuch, 1863-1890
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Amtsblatt des Kantons Uri 1885
Reglement für den Landrat des Kantons Uri
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Abl UR 1885 nach S. 272 (Beilage, 01-16)
Reglement für den Landrat des Kantons Uri
«Der Landrath des Kantons Uri, in Vollziehung des Art. 87 der Verfassung,
in Aufhebung des Reglementes vom 23. August 1880 und seiner Nachträge,
auf Vorschlag des Regierungsrathes, beschliesst und verordnet:
I. Bestand.
Art. 1. Der Landrath besteht aus den im Art. 41 der Verfassung genannten Mitgliedern. Das Präsidium fuhrt nach gleichem Artikel der Verfassung der Landammann und im Verhindernngsfalle dessen gesetzlicher Stellvertreter.
Art. 2. Die Mitglieder des Landrathes, die vier Landschreiber und die drei Landweibel als Abwarte beziehen das gesetzliche Sitz- und Marschgeld (siehe Anhang).
II. Versammlung.
Art. 3. Der Landrath versammelt sich nach Anleit des Art. 57 der Verfassung ordentlicher Weise drei Male im Jahr – Anfangs April, im Mai und am Tage der Unschuldigen Kinder — und ausserordentlicher Weise so oft einer unter Lit,, a, b, c und d des gleichen Verfassungsartikels vorgesehenen Fälle eintritt.
Die Einberufung geschieht durch den Präsidenten, welcher dafür zu sorgen hat, dass die Sitzungsanzeige mit dem Geschäftsverzeichniss mindestens 8 Tage vor dem Zusammentritt im Amtsblatt veröffentlicht wird. Separatabzüge des Geschäftsverzeichnisses sollen aus den Kanzleitisch des Landrathes zur Verfügung der Mitglieder gelegt werden.
Art. 4. Jedes Mitglied ist bei Eiden pflichtig, fleissig den Sitzungen beizuwohnen und im Falle der Verhinderung am Besuche einer Sitzung sich rechtzeitig beim Präsidenten zu entschuldigen, unter Angabe der Gründe.
Art. 5. Als hinreichende Entschuldigungsgründe gelten Landesabwesenheit, Krankheit, Todesfälle in der Familie oder nächsten Verwandtschaft, wichtige berufliche Geschäfte und dringende Privat- und Amtsgeschäfte.
Art. 6. Der Präsident erscheint in schwarzer, die übrigen Mitglieder, Sekretäre und Abwarte erscheinen in schwarzer oder dunkler Kleidung. Der Präsident wird von einem Landweibel im Amtsmantel Morgens zu und Nachmittags von der Sitzung begleitet.
Art. 7. Die Sitzungen beginnen Morgens 8 Uhr, mit Ausnahme der Monate November, Dezember, Januar und Februar, in welchen sie um 9 Uhr ihren Anfang nehmen; sie werden von 11—1 Uhr unterbrochen und dauern Nachmittags bis 4 Uhr.
Eine Ausnahme hievon bildet die Sitzung am Tage der Unschuldigen Kinder, insofern derselbe auf einen Sonntag fällt, an welchem die Sitzung Mittags 12 Uhr beginnt.
Art. 8. Die Mitglieder des Regierungsrathes, der Kantonsgerichtspräsident, die Stimmenzähler und Sekretäre nehmen die für sie bestimmten Sitzplätze ein. Sodann setzen sich auf die übrigen Plätze, rechts und links wechselnd, die andern Rathsglieder nach der Rangordnung der Gemeinden und die Mitglieder der gleichen Gemeinde nach der Folge ihrer Wahl unter sich.
III. Organisation.
Art. 9. In der ersten Sitzung nach der Integralerneuerung findet vorab die Wahlaktenprüfung statt. Unbeanstandete Wahlen werden sofort genehmigt. Beanstandete dagegen sind an eine fünfgliedrige Wahlaktenprüfungskommission zur Begutachtung zu überweisen. Bis zur Entscheidung durch den Rath haben die angefochtenen Mitglieder gar kein Stimmrecht.
Sobald die Wahlaktenprüfung stattgefunden, begibt sich der Rath unter dem Geläute aller Glocken in die Pfarrkirche des Hauptortes zur feierlichen Eidesleistung.
Bei Ersatzwahlen findet die Beeidigung, nach erfolgter Wahlgenehmigung, im Rathe selbst statt.
Art. 10. Der Präsident leitet die Geschäfte und die Berathungen, wacht für die Beobachtung des Reglementes und die Ordnung im Rathe, eröffnet sämmtliche an denselben gerichtete Schreiben, unterzeichnet die von demselben ausgehenden Akten, überwacht die Ausfertigung des Protokolls und setzt jeweilen beim Beginne einer Sitzung die Tagesordnung fest (vorbehältlich Art. 20).
Art. 11. Die 2 Stimmenzähler haben die Stimmen abzuzählen und dem Präsidenten mitzutheilen, und sind Saalinspektoren. Als solche haben sie die Instandhaltung des Saales, die reglementarisch vorgeschriebene Antheilnahme an den Sitzungen und Kleidung der Mitglieder zu überwachen und allfällige Verstösse gegen die bezüglichen Vorschriften dem Präsidenten anzuzeigen. Die Stimmenzähler werden aus der Zahl der Rathsherren auf die Dauer von 2 Jahren gewählt.
Im Falle der Abwesenheit oder des Ausstandes eines Stimmenzählers bezeichnet der Präsident für die Dauer der Verhinderung einen Ersatzmann.
Art. 12. Die ersten 2 Landschreiber sind die Sekretäre des Landrathes; die übrigen 2 Landschreiber sind alsdann die Stellvertreter. Den Sekretären liegt die genaue Protokollführung und prompte Ausfertigung derselben, die Verwahrung der Akten, die Führung des Geschäftsverzeichnisses und der Appellliste ob. Sie fertigen die Sitzgeldlisten aus. Die beiden Sekretäre besorgen das Protokoll in wechselweiser Vertheilung der Geschäfte.
Art. 13. Präsident und Stimmenzähler bilden das Bureau des Rathes. Ihm liegt die Wahl jener Kommissionen und Ausschüsse, welche der Rath nicht selbst trifft, und die Prüfung der Entschuldigungsgründe wegen Abwesenheit ob.
Art. 14 Die Abwarte stehen zur Verfügung des Präsidenten und der Mitglieder und haben das Sitzgeld auszutheilen.
Art. 15. Sämmtliche Akten, welche die Verhandlungsgegenstände beschlagen, liegen während der Sitzung für alle Mitglieder beim Präsidenten zur Einsicht auf.
IV. Verhandlungen.
Art. 16. Der Landrath beschäftigt sich mit denjenigen Gegenständen, welche ihm durch die Verfassung zugewiesen sind, vom Regierungsrath, dem Kantonsgericht, Erziehungs- und Diözesanrath, den kantonalen gemeinnützigen Stiftungen und den Gemeinden vorgelegt werden oder vorgelegt werden müssen, mit Initiativvorschlägen anderer Behörden oder Kommissionen und von Mitgliedern, mit Petitionen u.s.w.
Art. 17. Die Sitzungen sind öffentlich, ausgenommen in Begnadigungs- und Rehabilitationsfällen. Andere Ausnahmen können nur in ganz besondern Fällen beschlossen werden.
Ueber die in geheimer Sitzung abgegebenen Voten und Stimmen muss von jedem Mitglied Stillschweigen beobachtet werden.
Art. 18. Die Zuhörer haben sich auf ihren Plätzen aller Aeusserungen von Beifall oder Missbilligung zu enthalten.
Im Falle der Verletzung dieser Vorschrift oder sonstiger Ruhestörung kann der Präsident die schuldigen Zuhörer fortweisen lassen.
Art. 19. Jede Sitzung beginnt mit dem Namensaufruf. Demselben schliesst sich das Protokollverlesen an, letzteres jedoch nur beim Beginn einer Vormittagssitzung. An den Verhandlungen und Abstimmungen über die Protokollgenehmignng hat sich ein Mitglied, welches bei der angefochtenen Beschlussfassung nicht anwesend war, der Stimmabgabe zu enthalten.
Der Namensaufruf in der Sitzung am Tage der Unsch. Kinder hat noch die spezielle Bedeutung einer Anfrage an jedes Mitglied zur Eröffnung von Motionen, die ihm im Nutzen des Landes gelegen oder zur Abwendung von Schaden geeignet erscheinen.
Art. 20. Vor Behandlung eines Gegenstandes eröffnet der Präsident die eingegangenen Abwesenheits-Entschuldigungen, die seit Druck des Geschäftsverzeichnisses neu eingegangenen Geschäfte und theilt die Reihenfolge mit, in welcher er am betreffenden Sitzungstage die Geschäfte zu erledigen gedenkt. In der Regel sollen neue, auf dem Verzeichnis; nicht gedruckte Geschäfte am ersten Sitzungstag nicht zur Behandlung gelangen.
Auf Antrag entscheidet der Rath über die vom Präsidenten festgesetzte Tagesordnung oder über die Dringlichkeit einzelner Geschäfte.
Art. 21. Bei Berathung eines Geschäftes lässt der Präsident zunächst die vorliegenden und einschlägigen Akten verlesen, darauf ertheilt er das Wort dem oder den Referenten und den Kommissionsmitgliedern, dann hält er Umfrage je bei einem Mitgliede der Rangordnung nach und schliesslich eröffnet er die allgemeine Diskussion. Jedes Mitglied, das das Wort ergreifen will, hat sich beim Präsidenten darum anzumelden. Dieser ertheilt das Wort der Reihe nach, wie es verlangt wird. Melden sich Mehrere gleichzeitig zum Wort, so hat es der Präsident zunächst demjenigen zu ertheilen, der noch nicht gesprochen hat, sonst dem im Range voran stehenden.
Die Anrede ist: Herr Landammann, meine Herren! Die Mitglieder sprechen sitzend oder stehend von ihrem Platze aus.
Dem gleichen Redner ist es nicht gestattet, bei Berathung eines Traktandums resp. Artikels mehr als zwei Mal das Wort zu ergreifen. Für Referenten gilt diese Bestimmung nicht.
Art. 22. Jeder Redner soll sich möglichster Kürze bedienen und nicht unnöthiger Weise vom Gegenstand abschweifen. Der Präsident hat Redner, welche sich hiegegen verfehlen, aufmerksam zu machen und in die gebührenden Schranken zu weisen.
Sobald einem Mitglied das Wort ertheilt ist, darf es von keinem andern Mitglied unterbrochen oder gestört werden. In den Vorträgen sind Ausfälle gegen Personen und Behörden und Ausdrücke, welche den parlamentarischen Anstand verletzen, untersagt. Der Präsident wird jedes Mitglied, welches die Redefreiheit stört oder in diesem Sinne missbraucht, zuerst mahnen und bei Wiederholung des Fehlers zur Ordnung rufen. Im Falle der Missachtung dieser Massregel kann der Präsident dem Sprechenden das Wort entziehen. Gegen letztere Verfügung steht dem betreffenden Mitglied die Berufung an den Rath offen. In schweren Fällen kann dieser weitere Verfügungen treffen, wie Rüge mit Protokollvormerkung u.s.w.
Art. 23. Der Präsident hat nur berathende Stimme, ausser bei Wahlen.
Art. 24. Verlangt bei der allgemeinen Umfrage Niemand mehr das Wort, so erklärt der Präsident die Diskussion als geschlossen. Nach dieser Erklärung darf kein Mitglied mehr über den Gegenstand selbst das Wort ergreifen Schluss der Debatte kann auch vom Rathe selbst beschlossen werden.
Art. 25. Nach Schluss der Debatte stellt der Präsident die gefallenen Anträge zusammen und eröffnet dem Rath, wie er dieselben zur Abstimmung zu bringen gedenkt. Ueber die vorgeschlagene Abstimmungsweise kann der Entscheid des Rathes verlangt werden. Immerhin hat dieselbe nach dem Grundsatz der Eventualität zu geschehen: Ausscheidung der verschiedenen Hauptanträge und Bereinigung eines jeden derselben in eventueller Abstimmung der Unterabänderungs-Anträge und Abänderungs-Anträge, Gegenüberstellung der so bereinigten und sich verwandten Hauptanträge und schliessliche Hauptabstimmung über die in eventueller Abstimmung bereinigten grundsätzlich verschiedenen Hauptanträge.
Art. 26. Die Diskussion in Hauptsache wird unterbrochen durch Ordnungsanträge, wie Rückweisen an die vorschlagende Behörde, Ueberweisen an dieselbe oder an eine Kommission, oder Verschieben. In diesem Falle darf sich die Diskussion nur über den Ordnungsantrag ausdehnen.
Art. 27. In der Regel sollen die Stimmen für und gegen gezählt werden. Speziell soll dieses bei Gesetzesvorlagen oder andern wichtigern Geschäften stattfinden.
Auf Verlangen eines Mitgliedes muss das Gegenmehr stets gezählt werden.
Besteht ein Berathungsgegenstand aus mehreren Artikeln, so soll am Schlusse der artikelweisen Berathung eine Abstimmung über das Ganze vorgenommen werden.
Art. 28. Die Abstimmung erfolgt in der Regel durch offenes Handmehr, dann durch geheimes Skrutinium oder Namensaufruf.
Art. 29. Das geheime Skrutinium darf nur bei Wahlen in Anwendung kommen. Neuwahlen für beworbene Stellen erfolgen durch geheimen Wahlgang.
Das dabei einzuschlagende Verfahren ist Folgendes: Die Stimmenzähler theilen die Stimmkarten aus und melden die Zahl der ausgetheilten Stimmzeddel dem Präsidenten; dieser macht davon dem Rathe Mittheilung und bezeichnet die Ziffer des absoluten Mehres.
Jedes Mitglied schreibt den Tauf- und Familiennamen und, wenn überdies eine nähere Bezeichnung noch nothwendig ist, den Titel seines Kandidaten auf die Karte. Nachher werden die Stimmkarten durch die Abwarte gesammelt und den Stimmenzählern eingehändigt. Ein Stimmenzähler verliest laut die Namen und der andere notirt mit lauter Zahlennennung die auf die Kandidaten gefallenen Stimmen. Vom Ergebniss der Zählung wird dem Präsidenten Mittheilung gemacht, welcher das Ergebniss des Wahlganges dem Rathe verkündet und denjenigen Kandidaten, der das absolute Mehr erreicht hat, als gewählt erklärt. Kommt im ersten oder zweiten Wahlgang, bei offener oder geheimer Abstimmung, eine Wahl nicht zu Stande, so fällt jedes Mal derjenige Kandidat, der am wenigsten Stimmen hatte, aus der Wahl. Leere Zeddel und ungültige Stimmen fallen bei Festsetzung des absoluten Mehres aus der Berechnung.
Finden sich mehr Stimmzeddel, als die als ausgetheilt protokollirten, so ist der Wahlgang zu kassiren.
Art. 30. Abstimmung mit Namensaufruf kann nur bei sachlichen Fragen und mit Mehrheit beschlossen werden. Die Mitglieder haben alsdann ihre Stimme mit Ja oder Nein abzugeben; die Namen der Stimmenden fallen zu Protokoll.
Art. 31. Für die Zurücknahme eines Beschlusses ist die absolute Mehrheit aller stimmfähigen Mitglieder des Rathes erforderlich. Wahlen, welche vom Gewählten angenommen werden, können nur aus dem Wege des Kassationsverfahrens oder im Falle einer Inanklagezustandversetzung rückgängig gemacht und ungültig erklärt werden.
Bei allen Wahlen ist ein Wahlakt dem Gewählten zuzufertigen.
Art. 32. Für jeden gültigen Beschluss ist die Anwesenheit der absoluten Mehrheit aller Mitglieder und von diesen hinwiederum die absolute Mehrheit erforderlich. Jedes Mitglied ist zu stimmen pflichtig.
Dem Präsident kommt der Stichentscheid zu. Bei Stimmengleichheit in Wahlgeschäften entscheidet aber das Loos. (Art. 23.)
Art. 33. Ueber alle Geschäfte, welche vorgelegt werden, einschliesslich Wahlen für gesuchte Aemter und Kommissionsverhandlungen, soll von der verlegenden Stelle schriftlich oder mündlich Bericht erstattet werden.
Art. 34. Für Rekurse und Kassationsbegehren gegen Entscheide von Behörden, Petitionen und Beschwerden, Vorstände aller Art von Privaten ist das schriftliche Verfahren einzuschlagen. Die Vernehmlassung der Behörden kann mündlich oder schriftlich geschehen. Die bezüglichen Akten sind rechtzeitig dem Präsidenten des Landrathes zuzustellen, welcher sie der betreffenden Behörde zur Vernehmlassung übermitteln wird. Alle diese Schriften müssen in geziemender Form abgefasst sein, widrigenfalls der Rath dieselben zurückweisen und mit einer Rüge oder Disziplinarstrafe begleiten kann.
Art. 35. Begnadigungs- und Rehabilitations-Gesuche dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die Strafe auf Zuchthaus lautet, 2 /3 derselben abgesessen sind und das Betragen des Petenten ein die Polizeibehörde vollständig zufriedenstellendes war. Ausserordentliche Begnadigungen können ausnahmsweise und mit Mehrheit der Stimmenden beschlossen werden. Ein bezügliches Gutachten des Regierungsrathes ist dem Landrathe einzureichen.
Art. 36. Das Gesuch eines zum Tode verurtheilten Verbrechers für Umwandlung dieser Strafe in lebenslängliches Zuchthaus kann mündlich durch einen Fürsprech oder eine andere Vertrauensperson im Namen des Petenten eröffnet und begründet werden. Der Polizeidirektor wird vorgängig über die Aktenlage und den Fall genau referiren.
Art. 37. Für das was ein Mitglied in seinen Reden äussert ist es Niemanden verantwortlich, als dem Rathe selbst, ausgenommen sind Aussprüche mit ehrbeleidigendem Charakter.
Art. 38. Jedes Mitglied ist berechtigt: Interpellationen, Motionen und Anträge zu stellen über alle Zweige der Staatsverwaltung und der Geschäftsführung der dem Landrath verfassungsgemäss untergeordneten und zur Verantwortung pflichtigen Behörden und Amtsstellen. Dieses Recht darf sich jedoch nicht auf ein einzelnes, bestimmtes Gerichtsurtheil ausdehnen.
Dasjenige Mitglied, welches eine Interpellation oder Motion stellen will, hat sich beim Präsidenten zu melden und die bezügliche Anregung schriftlich einzureichen. Der Präsident zeigt dieselbe dem Rathe an und setzt sie auf die Traktanden einer nächsten Sitzung, wobei es dem Rathe freisteht, auf Verlangen des Initianten Dringlichkeit zu beschliessen.
Die interpellirten Behörden sind zur Antwortertheilung verpflichtet.
Art. 39. Wenn der Landrath Mitglieder, ihm untergeordnete Behörden oder einzelne Beamte wegen Verletzung der Amtspflicht und des Amtseides in Anklagezustand versetzen will, so findet eine besondere Vertheidigung vor dem Landrathe nicht statt.
Art. 40. Lediggefallene Stellen von Staatsangestellten, die vom Landrath zu besetzen sind, können ans dem Wege der Berufung oder nach vorgängiger Ausschreibung besetzt werden.
Art. 41. Vorlagen von Gesetzen und Verordnungen, das Budget, die Rechenschaftsberichte und andere wichtigere Verhandlungsgegenstände sollen rechtzeitig gedruckt den Mitgliedern zugestellt werden. Es steht den vorlegenden Behörden oder den diese Vorlagen prüfenden landräthlichen Kommissionen frei, die begleitenden Berichte ebenfalls drucken zu lassen.
V. Kommissionen, Protokoll.
Art. 42. Jedes Mitglied ist pflichtig, eine auf ihn gefallene Wahl in eine landräthliche Kommission anzunehmen.
Art. 43. Der Landrath wählt alljährlich:
a) eine Rechnungsprüfnngskommission von 7 Mitgliedern, welcher die Prüfung des Budget und der Kantonsrechnung, der Rechnungen des Diözesan- und Erziehungsrathes und der kantonalen gemeinnützigen Stiftungen obliegt. Sie hat einerseits die arithmetische Richtigkeit der Rechnungen und ihre Uebereinstimmung mit den Belegen zu prüfen und anderseits zu untersuchen, ob bei den Ausgaben die gesetzlichen Vorschriften und die zweckgemässe Verwendung beobachtet und nach den Bestimmungen des Budget verfahren worden sei; endlich soll sie über allfällige Missbräuche und Mängel in der Staatshaushaltung Anträge stellen. Ueber das Ergebniss ihrer Prüfung hat sie dem Landrathe genau zu berichten.
b) eine Fünferkommission zur Prüfung des Rechenschaftsberichtes des Regierungsrathes, des Diözesan- und Erziehungsrathes und der kantonalen gemeinnützigen Stiftungen.
c) eine Dreierkommission zur Prüfung des Justizberichtes.
Art. 44. Alle Gesetzesvorlagen, Verordnungen, Kassationsbeschwerden, wichtigere Rekurse und sonstigen wichtigern Geschäfte sollen zur Vorberathung an Kommissionen gewiesen werden.
Rekurse und Kassationsbeschwerdcn an den Landrath müssen innert Monatsfrist vom Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses an anhängig gemacht werden. Jede Kommission hat ihre Anträge schriftlich oder gedruckt dem Präsidenten des Rathes rechtzeitig zuzustellen.
Art. 45. Alle vom Landrath zu bestellenden Kommissionen und Ausschüsse kann er entweder direkt wählen oder durch das Bureau wählen lassen. Im letztern Falle bestimmt der Rath aber die Zahl der Kommissionsmitglieder selbst (vorbehältlich Art. 43).
Das erstgewählte Mitglied ist Präsident der Kommission; die übrigen Mitglieder werden, insofern sie vom Bureau gewählt werden, in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt.
Art. 46. Das Protokoll soll die gefassten Beschlüsse enthalten, mit Nennung der eingelegten und zur Kenntniss des Rathes gelangten Akten, in Rekurs-, Kassations- und Petitionsfällen mit Motiven und in gesetzgeberischen Erlassen oder anderen wichtigen Entscheiden mit der Stimmenzahl für und gegen versehen.
Minderheitsanträge sind immer in's Protokoll aufzunehmen. Verwahrungen zu Protokoll sind nach Annahme des Beschlusses sofort abzugeben und nach Protokollirung des betreffenden Beschlusses vorzumerken, sind jedoch nur als folgenlose Privatansichten aufzufassen. Das Protokoll soll am Schlusse eines jeden Jahres vereinigt in einem Einband in's Archiv abgegeben werden.
VI. Ausstand.
Art. 47. Bezüglich des Ansstandes gelten folgende Normen: Es haben sich des Ausstandes zu bedienen:
1. Bei Vergebung ausgeschriebener Stellen alle Verwandten des Bewerbers bis in den 2. Grad.
2. Bei Genehmigung von Rechnungen der Rechnungssteller und seine Verwandten bis in den 3. Grad.
3. Bei Begnadigungs- und Rehabilitationsgesuchen die Verwandten des Petenten bis in den 3. Grad.
4. Bei Gesuchen, Rekursen oder Kassationsbeschwerden sämmtliche Mitglieder der betreffenden Behörde und jene Mitglieder, welche in Sachen handelten oder noch handeln und die Verwandten des Gesuchstellenden oder Beschwerdeführenden bis in den 3. Grad
5. Bei Eingaben von Dorfgemeinden die Angehörigen der betreffenden Gemeinden.
6. Bei Eingaben von Bezirks- und Gemeinde rächen die Mitglieder der betreffenden Räthe.
7. Bei Anständen mit oder bei Vorlagen von Aktiengesellschaften die betreffenden Aktionäre und die Vertreter und Anwälte der Erstern, wobei diese bei Eidespflicht sich als solche zu erklären haben.
8. Bei Genehmigung des Geschäftsberichtes die Mitglieder der betreffenden Behörden. Bei Berathung der Geschäfte sub Ziff. 8 jedoch sind diese Mitglieder anwesend, um Ausschluss zu ertheilen und Anfragen zu beantworten.
Ein Ausstand findet nicht statt bei Vorlagen gemeinnütziger Gesellschaften für Zwecke im Kanton.
Anhang.
Sitzgeld und Stundentarif.
(Landsgemeindeerkantniss vom 1. Mai 1851.)
Jedes Landrathsmitglied erhält per Tag 2 Fr. Sitzgeld, mit Ausnahme der Sitzung am Tage der U. Kinder (den 28. Dezember), wo anstatt dessen das bisher übliche Neujahrsgeschenk von Fr. 12 verabfolgt wird. Ueberdies erhält jedes mehr als eine Stunde vom Hauptorte entfernte Mitglied eine Reisezulage von 80 Rappen per Stunde, für den Hin- und Herweg zusammen, nach folgendem Stundentarif oder Tarif der Ortsentfernungen und hierauf bezüglichen Reiseeentschädigungen, wobei grundsätzlich angenommen ist:
a) dass halbe Stunden nicht in Berechnung fallen;
b) dass die Entfernungen nur vom Hauptorte oder der Pfarrkirche der betreffenden Gemeinde berechnet werden;
c) dass die Reiseentschädigungen bei einer fortlaufenden Sitzungsperiode oder bei einem Zusammentritt nur einmal begütet werden, möge dann dieselbe nur einen oder mehrere Tage aneinander fortdauern.
Gemeinden / Reiseentschädigung
Silenen Franken 1 50 Rappen
Spiringen Franken 1 –
Erstfeld 50 Rappen
Wassen Franken 3 –
Seelisberg Franken 1-50 Rappen
Sisikon Franken 1 –
Isenthal Franken 1 –
Unterschächen Franken 1 50 Rappen
Gurtnellen Franken 2 50 Rappen
Bauen Franken 1 –
Göschenen Franken3.50
Ursern Franken 4 –
Die Vertreter der übrigen Gemeinden erhalten keine Reiseentschädigung.
(Landraths-Erkannitniss vom 8. April 1869.)
Litt, c des umstehenden Anhanges erleidet die Abänderung, dass die Reiseentschädigung, statt wie bisher in einer fortlaufenden Sitzungsperiode nur einmal, künftig für jeden Sitzungstag ausgerichtet werden soll.»
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RECHTSAMMLUNGEN
ABKÜRZUNGEN
LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat
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