Gesetzesbestimmungen
Gesetze zwischen Amtlicher Sammlung und Landbuch, 1863-1890
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Amtsblatt des Kantons Uri 1873
Vollziehungsverordnung betreffend polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen
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Abl UR 1873 nach S. 158 (Beilage 3, 01-06)
Vollziehungsverordnung betreffend polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen
«Der Landrath des Kantons Uri,
In Ausführung des Bundesgesetzes über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuchen, vom 8. Februar 1872, sowie der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung, vom 20. November 1872,
Auf Antrag des Regierungsrathes, beschliesst und verordnet:
1.
Vorbenanntes Bundesgesetz und Vollziehungsverordnung sollen sämmtlichen Gemeinderäthen des Kantons zur üblichen Publikation und Verbreitung behufs Nachachtung und Vollziehung übersendet werden.
2.
Zur Controlirung des Viehverkehres wird der Kanton in 19 Jnspektionskreise (§ 3 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung) eingetheilt, beziehungsweise jede Gemeinde bildet in ihren Grenzen einen eigenen Jnspektionskreis
3.
Der Regierungsrath bezeichnet für jeden Kreis auf gemeinderäthlichen Vorschlag eine amtliche Person als Viehinspektor und einen Stellvertreter auf zweijährige Amtsdauer.
Zu Viehinspektoren sind soviel als möglich sachkundige Personen zu erwählen. Solche, die mit Vieh Handel treiben oder den Beruf eines Metzgers ausüben, können weder als Inspektoren noch als Stellvertreter gewählt werden. (§ 3 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
Die Namen der gewählten Viehinspektoren und ihrer Stellvertreter sind im Amtsblatt zu publiziren.
4.
Die Viehinspektoren haben, jeder in seinem Kreise, die für den Verkehr vorgeschriebenen Gesundheitsscheine nach aufgestellten Formularien einzig auszugeben, für eingeführte Thiere einzunehmen, und in beiden Beziehungen genaue Controlle zu führen, alles nach näherer Vorschrift des vorerwähnten Bundesgesetzes und der Vollziehungsverordnung, deren genaue und gewissenhafte Beobachtung ihnen zur Pflicht gemacht wird.
Die Stellvertreter haben nur bei Abwesenheit oder Krankheit des Viehinspektors oder bei Veräusserung seines eigenen Viehes zu funktioniren. iss 13 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
5.
Die Viehinspektoren und deren Stellvertreter stehen bezüglich ihrer Verrichtungen unter der Aufsicht der Polizeikommission und erhalten von derselben die nothwendigen Instruktionen. (§ 4 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
6.
Die Gesundheitsscheine werden auf Kosten des Staates ausgefertigt und zwar vor der Hand in zwei Sorten von Formularien, nämlich
A. Formulare zu Gesundheitsschemen für je ein Thier aus dem Geschlechte der Pferde oder Rinder;
B. Formulare für je ein Transport Schafe, Ziegen oder Schweine. (§§ 5, 6, 8 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
Beide Sorten werden in Heften von 50 und 100 Stücken ausgegeben. (§ 7 der bundesräthlichen Voilziehungsverordnung.)
Von dem Formular A ist eine erste Serie von 10,000 Stücken und vom Formular B eine erste Serie von 5000 Stücken zu drucken.
7.
Mit Herstellung, Nummerirung, Ausgabe und Controllirung der Gesundheitsscheine wird die Polizeikommission beauftragt. Die Formularhefte, auf deren Umschlag Serie und Nummern des Inhaltes anzugeben sind, werden durch die Polizeikommission nur an die Viehinspektoren gegen Empfangscheine verabfolgt. Von diesen beziehen die Stellvertreter ihre Hefte, deren Talons sie dem Inspektor nach Verbrauch sämmtlicher Blätter zurückstellen. Die Stellvertreter stehen mit ihren Inspektoren in Rechnung und sind ihnen untergeordnet.
8.
Die Kosten eines Gesundheitsscheines nach Formular A und B werden auf Rp. 50 festgesetzt, wovon, nach Abzug der Stempelgebühr von Rp. 10, die eine Hälfte dem Staate, die andere dem Viehinspektor oder dessen Stellvertreter zukömmt.
Bei den für je einen Transport Schafe, Ziegen oder Schweine auszustellenden Scheinen hat jedoch der Vieheigenthümer nebst obigen Rp. 50 dem Inspektor oder Stellvertreter für die gewöhnliche Untersuchung noch weitere Rp. 5 von jedem Stück zu bezahlen, in dem Sinne jedoch, dass die Kosten eines Scheines für eine ganze Heerde Fr. 5 nicht übersteigen dürfen.
Dürfen in Seuchezeiten Gesundheitsscheine nur nach Untersuchung am Standorte der Thiere ausgestellt werden, so sind di Kosten dieser Untersuchung in obigen Taxen nicht inbegriffen, sondern vom Eigentümer dem Inspektor besonders zu vergüten. Ueber streitige Forderungen der Letztern entscheidet die Polizeikommission. (§ 11 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
9.
Die Viehinspektoren haben alljährlich auf ersten April dem Kantonssäckelamt über den dem Staate zufliessenden Ertrag der Gesundheitsscheine Rechnung zu stellen und denselben baar zu entrichten. Dieser Ertrag soll, nach Abzug der Druckkosten für Scheine und Controllen, zu Entschädigungen verwendet werden, welche der Staat bei Bekämpfung von Seuchen für das Tödten von Thieren und dgl. den Beschädigten gemäss Art. 17 und 18 des Bundesgesetzes zu leisten in Fall kommen kann. (§ 40 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
10.
Da die Gesundheitsscheine einzig vom Viehinspektor oder bei dessen Verhinderung von seinem Stellvertreter ausgestellt werden dürfen, so wird den Gemeinderäthen, welche gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes zuerst von einem Seucheausbruche in ihrer Gemeinde Kenntniss erhalten, zur Pflicht gemacht, dem Viehinspektor der Gemeinde und dessen Stellvertreter sogleich von jedem vorkommenden Seuchefall und den dagegen getroffenen Vorkehrungen Kenntniss zu geben. (§ 18 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
11.
An Orten, wo Viehmärkte und Viehausstellungen abgehalten werden, oder sonst ein erheblicher Viehverkehr stattfindet, haben die Gemeinderäthe des Ortes für geeignete und genügende Absperrungslokale zu sorgen und darüber der Polizeikommission Anzeige zu machen. (§ 20 der bundesräthlichen Vollziehungs-Verordnung.)
12.
Als amtliche Marktaufseher (§ 15 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung) werden die Viehinspektoren und Stellvertreter des Marktortes bestimmt.
Denselben liegt die Ueberwachung und Handhabung der in den §§ 33, 34 und 35 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung enthaltenen Vorschriften bezüglich der Viehmärkte ob.
Wenn besondere Umstände es erheischen, jedenfalls aber in Seuchezeiten, wird die Polizeikommission veranstalten, dass die Viehmärkte sanitätspolizeilich überwacht und alles zu Markt geführte Vieh an den Eingängen des Marktes thierärztlich untersucht werde.
13.
Die zur Ueberwachung des zur Sömmerung und Winterung blos den Aufenthalt und nicht den Eigenthünier ändernden Viehes erforderlichen Massregeln (§§ 6 und 37 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung) werden durch besondere Verordnung, welche der Regierungsrath zu erlassen bevollmächtigt ist, festgesetzt werden.
14.
In den Metzgereien ist eine sanitarische Controlle des Schlachtviehes einzuführen, die zum Zwecke haben soll, einerseits den Verkauf von gesundheitsschädlichem Fleisch zu verhindern, anderseits ansteckende Krankheiten bei dem Schlachtvieh zu entdecken und verborgene Seucheheerde zur Kenntniss zu bringen.
Der Regierungsrath wird beauftragt, über das Nähere eine Verordnung zu erlassen. (Art. 10 des Bundesgesetzes und § 30 der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung.)
Inzwischen gilt als Vorschrift, dass kein Stück Rindvieh, dessen Fleisch verkauft werden will, geschlachtet werden darf, es sei denn vorher der vorgeschriebene Gesundheitsschein beim Inspektor für dasselbe, wofern es aus einem andern Jnspektionskreise ein geführt wurde, abgegeben worden.
Wenn ein Stück Rindvieh aus dem gleichen Jnspektionskreise kömmt, wo es geschlachtet wird, so ist dasselbe entweder vorher, oder unmittelbar nachher durch den Viehinspektor zu besichtigen, und der Verkauf des Fleisches erst dann erlaubt, wenn dasselbe als gesund erfunden wurde. Der Viehinspektor führt darüber eine Controlle, und beziehet hiefür von dem Interessenten eine Taxe van Rp. 50.
Wer Fleisch von geschlachtetem Rindvieh seinen Kunden ausser seiner Wohngemeinde bringt oder bringen lässt, soll dem betreffenden Viehinspektor den Schein beibringen. dass dasselbe von einem gesunden Thiere herrühre, ansonst der Verkauf nicht zu gestatten ist.
15.
Der Regierungsrath wird mit dem Vollzug gegenwärtiger Verordnung beauftragt.»
Landratsbeschluss vom 21.03.1873.
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RECHTSAMMLUNGEN
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RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat
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