Gesetzesbestimmungen
Gesetze zwischen Amtlicher Sammlung und Landbuch, 1863-1890
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Amtsblatt des Kantons Uri 1880
Kantonale Vollziehungs-Verordnung zum Bundesgesetz betreffend die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge
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Abl UR 1880 nach S. 132 (01-17)
Kantonale Vollziehungs-Verordnung zum Bundesgesetz betreffend die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge
«Der Landrath des Kantons Uri,
in Vollziehung des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge, vom 24. März 1876, verordnet:
I. Organisation des kantonalen Forstwesens.
(Forstliche Eintheilung und Forstpersonal.)
§ 1. Sämmtliche im Gebiete des Kantons gelegenen Waldungen stehen nach den Bestimmungen dieser Vollziehungs-Verordnung unter Aufsicht des Staates.
§ 2. Die Waldungen zerfallen in 5 Klassen:
a. In obrigkeitliche Bezirkswaldungen,
b. In Gemeindewaldungen oder allgemeine Bezirkswaldungen
c. Stiftswaldungen.
d. In Privatschutzwaldungen,
e. In Privatwaldungen, welche zwar nicht als Schutzwaldungen bezeichnet worden sind, auf welche jedoch Artikel 11, 14 (Absatz 2, 3 und 4) und 15, 20 und 27 (Ziffer 2, 4, 8 und 9) des eidg. Forstgesetzes anwendbar sind. (Bundesgesetz Art. 3.)
§ 3. Die Schutzwaldungen, wie solche im Art. 4 des Bundesgesetzes näher bezeichnet sind, sollen spätestens bis Ende des Jahres 1879 nach folgendem Verfahren ausgeschieden werden:
1. Hat der Kantonsförster eine diesbezügliche Vorlage der Forstkommission zu machen, welche alsdann jedem Gemeinderath die Anträge des Forstamtes, insoweit sie in den Grenzen der betreffenden Gemeinde liegenden Wälder beschlagen, übermittelt.
2. Der Gemeinderath ist pflichtig, dieses Verzeichniss 30 Tage öffentlich aufliegen zu lassen und die gestellten Anträge jedem Waldeigenthümer, insoweit sie ihn betreffen, schriftlich mitzutheilen.
3. Die Forstkommission wird zwei Mal durch das Amtsblatt bekannt machen, dass das ad 2 erwähnte Vezeichniss dem Gemeinderath übermittelt worden ist. Von der ersten Publikation an gerechnet, hat ein Eigenthümer falls er glauben sollte, sein Wald gehöre nicht zu den Schutzwäldern, während 30 Tagen das Recht, einen Untersuch durch die Forstkommission zu verlangen. Das betreffende Begehren ist zu Handen der Kommission demjenigen Gemeinderath zukommen zu lassen, welcher die Anzeige gemacht hat. Wer diese 30tägige Frist unbenutzt vorübergehen lässt, wird angesehen, als pflichte er der Ansicht des Forstamtes bei.
4. Nachdem solche Reklamationen gemeindeweise der Kommission eingehändigt sein werden, hat dieselbe nach Prüfung aller Verhältnisse darüber zu entscheiden, jedoch unter Vorbehalt des Rekursrechtes an Landrath (vide übrigens § 5 des eidgen Gesetzes).
Die Verzeichnisse über Schutzwaldungen können jederzeit revidirt werden.
§ 4. Der Kanton wird in 5 Forstreviere eingetheilt, wie folgt:
I. Revier: Jsenthal, Bauen, Seelisberg, Sisikon und Flüelen;
II. Revier: Altdorf, Seedorf, Attinghausen und Erstfeld;
III. Revier: Schattdorf, Bürgeln, Spiringen und Unterschächen;
IV. Revier: Silenen, Gurtnellen, Wasen und Göschenen;
V. Revier: Andermatt, Hospenthal und Realp.
§ 5. Die oberste Aufsicht über das kantonale Forstwesen führt eine vom Landrath zu wählende siebengliedrige Forstkommission, welche dem Regierungsrathe untergeordnet ist.
Bei der Wahl der Kommission mit zweijähriger Amtsdauer sollen alle Landestheile Vertretung finden.
In Bezug der Organisation gelten die gleichen Vorschriften wie für die übrigen Kommissionen.
§ 6. Zur Handhabung der Forstordnung wählt der Landrath einen Kantonsförster auf vierjährige Amtsdauer. Derselbe muss im Besitze der für diese Stellung vom Bundesrath verlangten Requisiten sein.
§ 7. Der Kantonsförster steht unmittelbar unter der Forstkommission, beziehungsweise dem Regierungsrathe.
Er hat auf Verlangen des Regierungsrathes oder der Forstkommission über alle forstlichen Geschäfte zu referiren. Er überwacht den gesammten Forstdienst und sorgt für den Vollzug der Bestimmungen vorliegender Verordnung. Seine Amtsverrichtung ist in einer vom Regierungsrath unter'm 12. März 1877 erlassenen Instruktion des Besondern niedergelegt
§ 8. Die Besoldung des Kantonsförsters und dessen Taggelder werden durch das Kantonssäckelamt ausgerichtet.
§ 9. Zur direkten Bewirthschaftung der Bezirks-, Gemeinde- und Stiftswaldungen, sowie zur Beaufsichtigung der Privatwaldungen wählt der betreffende Bezirksrath für jedes Revier einen Unterförster (Revierförster) auf vierjährige Amtsdauer.
§ 10. Zu Revierförstern wählbar sind Kandidaten, welche sich in einem kantonalen oder eidgenössischen Unterförsterkurs im Sinne der bundesräthlichen Vollziehungsverordnung zum eidg. Forstgesetz vom 8. Herbstmonat 1876 (Abschnitt V Art. 2—7) ein Patent erworben haben.
§ 11. Die Heranbildung von Revierförstern ist nach Bedürfniss durch die Forstkommission unter Genehmigung des Regierungsrathes anzuordnen; die Kosten für Abhaltung eines solchen trägt der Kanton, unter Anrufung des gemäss Art. 23 des Bundesgesetzes zugesicherten Bundesbeitrages.
§ 12. Die Revierförster sind der Forstkommission und dem Kantonsförster direkt untergeordnet, haben dessen Befehle zu vollziehen und auf Verlangen ihn ans den Waldinspektiouen zu begleiten.
Sie stehen nebstdem unter der Controle der Bezirksräthe und der Gemeinderäthe des betreffenden Revieres.
Ihre Aufgabe besteht hauptsächlich in Leitung der Waldvermarchungen, Anweisung der Holzschläge, Anlage von Saat- und Pflanzschulen, Aushülfe bei Anfertigung von provisorischen und definitiven Waldwirthschaftsplänen, Ausführung von Bestandesausscheidungen vor Beginn der Vermessungen, Sorge für Einhaltung der angewiesenen Holzschläge und der Wirthschaftsplanvorschriften, spezielle Bewirthschaftung der obrigkeitlichen Bezirkswaldungen.
Ihre Amtsverrichtung ist in einer besondern Instruktion zusammengestellt.
Die Besoldung der Revierförster wird zur Hälfte von den Bezirken, zur andern Hälfte durch die das Revier zusammensetzenden Gemeinden ausgerichtet. Das Nähere hierüber bestimmt die Instruktion für Revierförster. (Siehe Anhang Nr. 1.)
§ 13. Als forstpolizeiliche Organe zur Verhütung und Verzeigung von Holzfrevel, Uebergriffe der Waldweide, Streu- und Grasnutzung, Beaufsichtigung der Waldarbeiten, hat jede Gemeinde im Berhältniss ihrer Waldgrösse auf Weisung der Forstkommission hin ein oder mehrere Bannwarte anzustellen und zu besolden.
§ 14. Zur Heranbildung tüchtiger Bannwarte ist alle zwei Jahre ein 6tägiger Kurs unter Leitung des Kantonsförsters durch den Regierungsrath anzuordnen, welcher zunächst von jeder Gemeinde, später nach Bedürfniss beschickt werden muss.
§ 15. Zu Bannwarten sind nur gutbeleumdete, rüstige, mit Waldarbeiten vertraute Leute, die das 20. Jahr überschritten haben, wählbar. Ihre Amtsdauer beträgt 4 Jahre.
§ 16. Die Gemeinderäthe haben der Forstkommission und dem Kantonsforstamt von jeder Neuwahl eines Bannwarten Kenntniss zu geben und dabei Namen, Alter und Beruf der Gewählten, sowie auch dessen Besoldung genau anzuführen. Die Bestätigung der Wahl und Anordnung zur Beeidigung geschieht durch die Forstkommissiou auf Antrag des Kantonsförsters.
§ 17. In den Privatschutzwalduugen, deren Besitzer keine eigenen Bannnwarte anstellen, wird die Waldhut durch die Gemeindebannwarte ausgeübt.
§ 18. Die Amtsverrichtung der Bezirks- und Gemeindebannwarte ist in einer besondern Instruktion festgestellt.
§ 19. Der Kantonsförster und die Revierförster schwören vor dem Regierungsrath, die Bezirksbannwarte vor dem Bezirksammaun, und die Gemeindsbannwarte vor dem besammelten Gemeinderath den vorgeschriebenen Amtseid.
§ 20. Es ist den Staats- und Gemeindsforstangestellten untersagt, Holzhandel zu treiben, oder sich dabei zu betheiligen.
§ 21. Macht sich ein Forstangestellter schwerer Pflichtverletzungen schuldig, oder erweist er sich seines Amtes unfähig, so kann die Wahlbehörde jederzeit seine Entlassung verfügen.
II. Sicherung des Forstareals.
(Bestimmungen über die Erhaltung und Besitzverhältuisse der Waldungen.)
§ 22. Die in § 2 unter a, b, c und d aufgeführten Waldungen sind längstens innert 4 Jahren zu vermarchen.
Bei zusammenhängenden Schutzwaldungen genügt die Vermarchung der äussern Grenzlinie. (Bundesgesetz Art. 10.)
Die Vermarchung geschieht unter Anleitung des Staatsforstpersonals nach der hiefür aufgestellten Instruktion.
§ 23. Zur Beförderung des Marchgeschäfts bestellt jede Gemeindsbehörde aus ihrer Mitte eine Kommission, welche provisorisch den Verlauf der Waldgrenzen bestimmt und die streitigen Lokalitäten zur Kenntniss bringt, damit die definitive Ausmarchung mittelst der vorgeschriebenen Grenzzeichen keinen Aufschub erleidet.
§ 24. Die Revierförster besorgen die Vermarchungen der Bezirkswaldungen mit Beizug einer Vertretung des Bezirksrathes, diejenige der Privatwaldungen in Anwesenheit des betreffenden Eigenthümers.
§ 25. Innerhalb der festgesetzten Grenzen darf ohne kantonale Bewilligung das Forstareal nicht vermindert werden und es sind die künftigen Blössen und Schläge wieder aufzuforsten, sofern dafür nicht eine entsprechende Fläche andern Landes der Aufforstung gewidmet wird. Ausreutungen sind untersagt:
a. In den Schutzwaldungen,
b. In andern Waldungen, wenn durch dieselben der Bestand von Schutzwaldungen gefährdet wird.
Ausnahmen dürfen nur mit spezieller Bewilligung des Bundesrathes gestattet werden. (Bundesgesetz Art. 11.)
§ 26. Bezirks-, Gemeinde- und Stiftswaldungen dürfen ohne Bewilligung des Regierungsrathes weder veräussert noch als Eigenthum oder zur Nutzniessung vertheilt werden, mit Ausnahme ausserordentlicher Verhältnisse, worüber der Regierungsrath zu entscheiden hat.
§ 27. Alle Dienstbarkeiten, welche auf Schutzwaldungen haften, die sich mit einer forstwirthschaftlichen Behandung nicht vereinbaren lassen, sind innerhalb 8 Jahren abzulösen. Zu diesen gehören: Weide, Streu- und Grasnutzungsrechte. Wo noch Beholzungsrechte existiren, sind dieselben von den Grundeigenthümern entweder in Geld, oder durch Abtretung einer entsprechenden Waldfläche abzulösen. (Bundesgesetz Art. 14.)
§ 28. Die Art und Weise der Ablösung und das gerichtliche Verfahren beim Loskauf obgenannter Dienstbarkeiten ist durch eine vom Landrath auf Vorschlag der Forstkommission und des Forstamtes zu erlassende Vorschrift, welche in die kantonale Gesetzgebung aufzunehmen ist, festzusetzen. Die Belastung der Waldungen mit neuen Dienstbarkeiten, welche einer guten Bewirthschaftung hinderlich sind, ist untersagt. (Bundesgesetz Art. 14.)
§ 29. Rechtsgeschäfte, welche mit den §§ 25—28 (oder Bundesgesetz Art. 12, 13 und 14) im Widerspruch stehen, sind ungültig.
III. Forstwirthschaftliche Bestimmungen.
(Vorschriften über Bewirthschaftung, Pflege und Benutzung der Schutzwaldungen.)
§ 30. Sämmtliche Bezirks- und Gemeindewaldungen sind bis zum Jahr 1895 zu vermessen und kartiren.
Diese Arbeiten sind durch die Forstkommission unter Genehmigung des Regierungsrathes anzuordnen
§ 31. Das Kantonsforstamt überwacht den Gang der Vermessungen, Prüft die abgelieferten Vermessungsoperate und legt die für richtig befundenen durch die Forstkommission dem Regieruugsrath zur Genehmigung vor.
§ 32. Zur Regulirung des Forstbetriebs sind über alle Bezirks- und Gemeindewaldungen Wirthschaftspläne aufzustellen (Bundesgesetz Art. 16), welche unmittelbar nach Beendigung einer jeden Waldvermessung durch den Kantonsförster, oder einen andern Forsttechniker anzufertigen und dem Regierungsrath zur Genehmigung zu unterbreiten sind.
Von jedem Wirthschaftsplan werden zwei Copien genommen, wovon die eine in's Archiv der Verwaltungsbehörde, die andere in's Archiv des Revierförsters kommt; das Original verbleibt dem Kantonsforstamt.
§ 33. Ueber diejenigen Waldungen, welche innert der nächsten 5 Jahre nicht zur Vermessung kommen sollten, hat der Kantonsförster in einem provisorischen Wirthschaftsplan den jährlichen Abgabesatz an Holz festzustellen, die Art der Schlagführung, Verjüngung, Aufforstungen und Pflege der Waldungen vorzuschreiben und die Transportverhältnisse zu reguliren. (Bundesgesetz Art. 17.)
Die provisorischen Wirthschaftspläne werden jeweilen durch die Forstkommission genehmigt.
§ 34. Der auf Grundlage des nachhaltigen Ertrags in den provisorischen und definitiven Wirthschaftsplänen festgesetzte Abgabesatz darf ohne Bewilligung des Regierungsrathes nicht überschritten werden.
Wenn durch ausserordentliche Verumständungen, oder in Folge unerlaubter Nutzungen der nachhaltige Ertrag überstiegen wird, so muss der Abgang an Holzvorrath im Laufe der nächsten Jahre wieder eingespart werden. (Bundesgesetz Art. 16.)
§ 35. Bis zur Einführung von Wirthschaftsplänen bedürfen alle in den Gemeinde- und Korporationswaldungen zu führenden Schläge der Bewilligung des Regierungsrathes und sind durch das Staatsforstpersonal speziell anzuweisen
In Privatschutzwaldungen dürfen nur auf Gutachten des Kantonsförsters hin und mit Bewilligung der Forstkommission Holzschläge zum Verkaufe stattfinden.
Den Eigenthümern von Privatwaldungen, die nicht Schutzwaldungen sind, bleibt das freie Verfügungsrecht gewahrt, jedoch unter Berücksichtigung der kantonalen Gesetze und des Bundesgesetzes (Art. 3, Absatz 2).
§ 36. Alles zu baulichen Zwecken abzugebende, sowie alles auf öffentliche Steigerung kommende Holz ist je nach Umständen entweder bei der Zeichnung zu schätzen oder nach der Fällung zu messen und der Inhalt in Kubikmetern bis auf Zehntel anzugeben.
§ 37. Zur Bestreitung der Forstverwaltungskosten und anderer forstlichen Ausgaben soll der Kubikmeter Vergabungsholz mit einer Minimaltaxe von 50 Cts. belegt werden.
§ 38. Die bei öffentlichen Steigerungen aus Bezirks¬ und Gemeindewaldungen sich ergebenden Ueberschüsse fallen in einen von dem betreffenden Bezirke oder Gemeinde besonders anzulegenden Aufforstungsfond.
§ 39. Alle Holzanzeichnungen haben mittelst eines Waldhammers zu geschehen, welcher bei den obrigkeitlichen Waldungen die Nummer des Revieres, bei den Gemeindewaldungen die Anfangsbuchstaben der Gemeinde trügt; die Waldhämmer werden vom Revierförster besonders verwahrt.
§ 40. Die Holzvergabungslisten für das kommende Jahr sind jeweilen auf 1. März dem Kantonsforstamt zu Handen der Forstkommission zur Prüfung einzusenden.
§ 41. Der Bezug von Durchforst, Windfäll, Windbruch und Dürrholz liegt in der Kompetenz der Gemeinds-, bezw. der Bezirksräthe, unter Beaufsichtigung der Abführung durch die betreffenden Revierförster.
IV. Forstschutz.
§ 42. In allen Schutzwaldungen ist das Befahren von Kulturen, Jungwüchsen und Verjüngungsschlägen mi Weidevieh jeglicher Gattung untersagt. Zu diesem Behufe werden solche Lokalitäten durch die Forstkommission auf Antrag des Kantonsförsters genau bezeichnet, worauf durch die zuständige Gemeindsbehörde binnen Monatsfrist eine Publikation des Verbotes unter Festsetzung der Bussen zu erlassen ist; in gleicher Weise ist auch die Wiederaufhebung solcher Verbote zu veröffentlichen, wenn solche durch das Kantonsforstamt ausgesprochen wurde. (Bundesgesetz Art. 20).
§ 43. Solche mit Weidebann belegte Waldstächen müssen gegen das Eindringen des Weideviehes nach eingeholtem Gutachten der Gemeinderäthe möglichst geschützt werden. Die Forstkommission setzt die Vertheilung der hieraus sich ergebenden Kosten an.
Aller Weidgang in den Waldungen ist gemäss Landesgesetz von Gallustag bis Mai gänzlich verboten.
§ 44. Alles Sicheln und Heuen in den Schutzwaldungen ist verboten; der Bezug von Moos, Laub und Nadelstreue, wo solche ein unentbehrliches Bedürfniss ist, kann an unschädlichen Orten gestattet werden; letztere sind auf Gutachten des Revierförsters von den Ortsbehörden zu bezeichnen und zu geeigneter Zeit zu publiziren. Das Mitnehmen von eisernen Instrumenten, Miesschaber und Rechen, ist untersagt, ebenso das Bloslegen von Baumwurzeln. (Bundesgesetz Art. 20).
§ 45. Der Holztransport ist derart zu reguliren, dass die Zahl der Reistzüge, die momentan in Betrieb kommen, möglichst beschränkt wird; wo es irgend angeht, sind die Züge durch Leiten, Drathseilriesen und Wege zu ersetzen.
Die Forstkommission ertheilt auf Gutachten und unter Vorbehalt des Rekursrechtes an Regierungsrath die bezüglichen Aufträge, worauf die Wege unter Anleitung des Kantonsförsters oder der Revierförster ausgesteckt und nach Bedürfniss ausgeführt werden. (Bundesgesetz Art. 19).
§ 46. Das Harzschaben ist gänzlich verboten. Die Forstkommission, auf Gutachten des Forstamtes hin, kann das Ausgraben von Wurzelstöcken je nach den lokalen Verhältnissen erlauben oder verbieten.
§ 47. Zur Verhütung von Insektenschaden muss alles Nadelholz, das ausser der Saftzeit geschlagen wurde, bis 1. Mai und alles in der Saftzeit geschlagene sofort entrindet werden; vom Borkenkäfer stark angegriffene Stämme sind sofort zu fällen, zu entrinden und die Rinde nach forstamtlicher Weisung zu beseitigen. Alles gefüllte Holz ist binnen Jahresfrist aus dem Walde zu schaffen. (Bundesgesetz Art. 29). Für Ausnahmen ist höhere Bewilligung anzusuchen.
§ 48. Alles Feueranmachen im Walde durch Unbefugte ist strenge untersagt. Koch- und Wärmefeuer der Waldarbeiter sind vor dem Nachhausegang sorgfältig auszulöschen.
Die Errichtung von Kohlstätten und Kalköfen bedarf nach Einholung des gemeinderäthlichen Gutachtens die regierungsräthliche Bewilligung.
§ 49. Ist ein Waldbrand ausgebrochen, so sind durch die Ortsvorstände die üblichen Feuerzeichen geben zu lassen, der Revierförster und die übrigen Forstangestellten zu benachrichtigen und vorderhand die gewöhnlichen Massregeln zur Löschung des Brandes vorzunehmen, als da sind:
Abschlagen des Feuers mittelst starker Aeste gegen den Wind, Abschälen eines Streifen Bodens vor dem Feuer auf genügende Länge und Breite und Werfen des Abraumes und Erde auf die Feuerseite.
§ 50. Zur Verhütung von Windschaden in Schutzwaldungen haben die Aufsichtsbeamten dafür zu sorgen, dass mit den Verjüngungsschlägen an der dem herrschenden Wind abgekehrten Seite begonnen und der Richtung desselben entgegengeschlagen wird.
Kahlschläge in Privatwaldungen, durch welche Schutzwaldbestünde dem herrschenden Winde blosgestellt würden, können auf erfolgte Anzeige an den Regierungsrath und auf das Gutachten des Kantonsforstamtes hin jederzeit sistirt oder gänzlich untersagt werden. (Bundesgesetz Art. 29).
V. Aufforstungen und Verbauungen.
§ 51. Grundstücke, durch deren Aufforstung wichtige Schutzwaldungen im Sinne des Art. 4 des Bundesgesetzes gewonnen werden können, sind auf Verlangen der Kantonsregierung aufzuforsten
An die Kosten der erstmaligen Aufforstung und nach Umständen an diejenigen Nachbesserungen, welche binnen 4 Jahren nach erfolgter erster Anlage und ohne Verschulden des Waldbesitzers nothwendig geworden sind, wird der Kanton nebst dem Bunde einen Beitrag leisten. (Bundesgesetz Art. 21).
§ 52. Alle kulturfähigen Blössen in Schutzwaldungen sind innert 5 Jahren auf Anordnung der Forstkommission aufzuforsten.
§ 53. Waldungen, auf denen Weid- und andere Rechte bestehen, welche der Ausführung einer Aufforstung hinderlich sind, machen hievon bis zum Zeitpunkt der Ablösung der betreffenden Gerechtigkeiten eine Ausnahme.
§ 54. Lawinenzüge, Steinschläge und Erdrutschungen, sowie gefährliche Reistzüge und Wildbäche, sofern sie im Waldgebiet vorkommen, sind wenn möglich zu verbauen und aufzuforsten.
VI. Strafbestimmungen.
a. Gegen Nichtbeachtung allgemeiner forstpolizeilicher Vorschriften:
§ 55. Uebertretung der Bestimmungen gegenwärtiger Vollziehungsverordnung ziehen gemäss Art. 27 des Bundesgesetzes nebst Verpflichtung zum vollen Schadenersatz folgende Bussen nach sich:
1. Unterlassung der Waldvermarchung innert gegebenem Termin oder Verzögerung derselben (§ 22) Fr. 5 bis Fr. 50.
2. Verminderung des Waldareals ohne kantonale Bewilligung (§ 25)
F. 100 bis Fr. 200 für jede Hectare; die betreffende Fläche ist zudem binnen Jahresfrist wieder aufzuforsten.
3. Ohne kantonale Bewilligung vorgenommene Waldtheilungen oder Veräusserungen (§ 26) , Fr. 10 bis Fr. 100
4. Bestellung neuer Dienstbarkeiten (§ 28) Fr. 10 bis Fr. 100
5. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften eines definitiven oder provisorischen Wirthschaftsplanes, sowie eines regierungsräthlich genehmigten Waldreglementes, oder auch Nichtbeachtung der Anordnungen der Forstkommission und der bezüglichen Weisung der Forstbeamten (§§ 34 und 35) Fr. 20 bis Fr. 300
6. Gesetzwidrige Abholzungen werden mit Fr. 1 bis Fr. 10 für jeden Kubikmeter bestraft.
7. Nichtbeachtung der in §§ 27, 28, 29, 36, 37, 48 und 50 mit Bezug auf Schutzwaldungen enthaltenen Vorschriften Fr. 10 bis Fr. 100.
8. Unterlassung vorgeschriebener Aufforstungen in den genannten Waldungen (§§ 25, 54, 55 und 56), pro Hektare Fr. 20 bis Fr. 100.
9. Vornahme von Nebennutzungen in Uebertretung eines Verbots oder diessfälliger von der Regierung, der Forstkommission oder dem Kantonsforstamt erlassener Vorschriften (§§ 44, 45, 47 und 49) Fr. 5 bis Fr. 500.
§ 56. Bei fortgesetzter Renitenz des Waldeigenthümers kann auf Kosten desselben die betreffende Arbeit von der Kantonsregierung angeordnet werden.
b. Gegen gemeine Forstvergehen:
§ 57. Wenn sich ein Korporationsgenosse eines Forstfrevels, d. h. Wegnahme von stehendem oder Windbruchholz ober muthwilliger Beschädigung an grünem stehendem Holz wie Anharzen, Schwendten, Stumpen, Entgipfeln schuldig macht, so ist er in die darauf gesetzte Geld- oder Freiheitsstrafe, sowie zum Ersatz der weggenommenen Gegenstände, des verursachten Schadens und in die Kosten zu verurtheilen.
Forstfrevel durch Nichtkorporationsgenossen wird als Diebstahl betrachtet und als solcher bestraft.
§ 58. Bei Festsetzung der Bussen durch das kompetente Strafgericht sollen die im Landbuch enthaltenen Ansätze innerhalb ihrer Maxima und Minima Anwendung finden.
§ 59. Bei Ausmessung der Strafe sind als Erschwerungsgrund anzusehen und demgemäss strenge zu verurtheilen, wenn der Frevel unter folgenden Umständen verübt wurde:
a. An Sonn- und Feiertagen,
b. Zur Nachtzeit, d. h. zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang,
c. Bei verweigerter oder falscher Namensangabe,
d. Bei Rückfälligkeit des Frevlers,
§ 60. Entwendung von gezeichnetem Holz wird überhaupt als Diebstahl betrachtet und als solcher bestraft.
§ 61. Käufer, Verkäufer oder Hehler von gefrevelten und entwendeten Waldprodukten, sofern sie von dem Frevel Kenntniss hatten, sind mit dem Frevler zu bestrafen und haften mit demselben für allen Schaden; aufgefundenes Frevelholz kann jederzeit mit Beschlag belegt werden, auch wenn es sich in Drittmannshand befindet.
§ 62. Beschädigungen an Kulturen, Saat und Pflanzschulen, Einfriedigungen, sind nebst vollem Ersatz der Erstellungskosten mit Fr. 5 bis Fr. 150. zu bestrafen.
§ 63. Unbefugter Gebrauch des Waldhammers wird als Amtsmissbrauch, Nachahmung desselben als Fälschung bestraft.
§ 64. Zerstörung oder gänzliche Entfernung eines provisorischen Marchzeichens oder Vermessungssignals zieht nebst den Wiederherstellungskosten eine Busse von Fr. 20 bis Fr. 100 nach sich.
Zerstörung oder Versetzung einer definitiven March wird nach der im Landbuch hiefür enthaltenen Bestimmung als Kriminalverbrechen betrachtet und darnach bestraft.
§ 65. Ist ein Frevler nicht im Stande, die ihm zuerkannte Geldbusse zu erlegen, so ist dieselbe in Arbeitshaus, oder wenn möglich in Waldfrohnden zu verwandeln und zwar ist der Tag Arbeitshaus mit Fr. 3.—, die Waldfrohne mit Fr. 2 bis 3 per Tag zu berechnen.
§ 66. Für minderjährige Frevler haften deren Eltern und Pflegeeltern; für Dienstboten der Dienstherr, sofern aus den Umständen hervorgeht, dass der Frevel in dessen Auftrag begangen wurde, oder derselbe daraus Vortheil gezogen hat.
§ 67. Sollte ein Forstangestellter sich selbst eines Forstfrevels schuldig machen, so ist derselbe mit der grösstmöglichen Busse zu belegen und seines Amtes zu entlassen.
§ 68. Die eingegangenen Strafanzeigen sind von den Dorfgerichten längstens allmonatlich, von den Bezirksbehörden längstens 2 Monate nach Verzeigung der Forstvergehen abzuwandeln.
c. Strafverfahren.
§ 69. Alle Forstvergehen in den obrigkeitlichen Bezirkswaldungen und Privatwaldungen sind durch die verfassungsgemäss aufgestellten Gerichte abzuwandeln; alle Forstvergehen in den Gemeindewaldungen dagegen durch die Dorfgerichte, sofern Werth, Schaden und Busse die Strafkompetenz derselben nicht überschreitet.
§ 70. Forstangestellte, Gemeindebeamte und Polizeibedienstete sind verpflichtet, jeden entdeckten Frevel zur Anzeige zu bringen.
§ 71. Die Anzeige eines Forstvergehens aus den Gemeindswaldungen ist dem Gemeindspräsidenten, aus den Bezirks¬ und Privatwaldungen dem Staatsanwalt zu machen. Diese Anzeigen sollen auch dem Revierförster für die Frevelkontrolle gemacht werden. Bei Waldungen ersterer Art (Gemeindswaldungen) hat der Klagabnehmer den Frevel untersuchen und Werth und Schaden ermitteln zu lassen, wobei der Revierförster auf Verlangen seine Mitwirkung nicht versagen darf. Bei Bezirks- und Privatwaldungen hat der Revierförster von sich aus diesen Untersuch vorzunehmen.
§ 72. Dem Kläger eines Forstvergehens oder Frevels, sofern er nicht amtlicher Kläger ist, soll ein Drittheil des Bussenbetrages zuerkannt werden.
§ 73. Anzeigen von Forstangestellten und andern beeidigten Staats- und Gemeindebeamten haben gesetzliche Beweiskraft.
§ 74. Bei Uebertretung von Weideverboten haben Forstangestellte das Recht, das betroffene Weidevieh, sowie bei Frevelfällen das allfällig zurückgelassene Werkzeug dem betr. Gemeindepräsidenten abzuliefern, welcher dasselbe als Bussenpfand zurückbehalten kann.
§ 75. Personen, welche beim Wegtragen oder Wegführen von Holz betroffen werden, haben sich auf Verlangen der Forstangestellten, des Gemeinderathes oder seiner Ausschüsse über den rechtmässigen Besitz auszuweisen, ansonst sie als überwiesene Frevler zu betrachten sind.
§ 76. Sind Anzeichen eines Frevels vorhanden und führen Spuren auf den Versteck von gefreveltem Holz, so kann mittelst einer eingeholten bezirksamtlichen Vollmacht eine Lokaldurchsuchung vorgenommen werden.
VII. Schlussbestimmung.
Vorstehende Vollziehungsverordnung tritt sofort in Kraft und werden alle diejenigen gesetzlichen Bestimmungen des Landbuches, welche mit derselben in Widerspruch stehen, aufgehoben.»
Anhang 1: Instruktion für die Revierförster des Kantons Uri
Anhang 2: Instruktion für Bezirks- und Gemeindebannwarte des Kantons Uri<
Vollziehungs-Verordnung des Landrats vom 28.01.1879.
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RECHTSAMMLUNGEN
ABKÜRZUNGEN
LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat
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