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Gesetzesbestimmungen

Amtliche Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Bd 6 a (1864)
Gesetze und Verordnungen, Bd VI a
Ehe-Gesetz

LB UR (1864) Bd VI a S. 184-188.
Ehe-Gesetz
«Der Landrath des Kantons Uri,
Auf den Antrag des Regierungsrathes, beschliesst:

§. 1.
Zur Verhütung leichtsinniger Ehen und daheriger in sittlicher und ökonomischer Beziehung höchst nachtheiliger Folgen soll allen jenen, so sich in einem der nachbenannten Fülle befinden, die Verehelichung untersagt sein und sollen selbe nicht eingesegnet werden:
a. Leute, die einen liederlichen und sittenlosen Wandel führen, oder die in solcher Armuth sich befinden, dass sie sich selbst kaum den nöthigen Unterhalt zu verschaffen im Stande sind.
b. Ganz blödsinnige, tölpel- oder krüppelhafte Leute, die ihre Kinder zu ernähren und zu erziehen in physischer und moralischer Beziehung unfähig wären,
c. Verwittwete, die im frühem Ehestand ihre Kinder verwahrloset und sich untauglich gezeigt, selbe zu ernähren und zu erziehen.
d. Leute, denen auf Verlangen nachgewiesen werden kann, oder von denen es sonst notorisch bekannt ist, dass sie innert den letzt abgewichenen 5 Jahren dem ohnehin verbotenen Gassenbettel nachgegangen, oder dass sie während dieser Zeit Unterstützung durch die Armenpflegen oder gesetzliche Steuerlisten bezogen haben, ausser im Falle, dass sie wieder ein erforderliches Vermögen besitzen, oder durch Arbeitsamkeit und rechtschaffenes beflissenes Betragen sich wieder erschwungen haben,
e. Leute, die seit ihrem 16ten Altersjahre Unterstützung der Armenpflege bezogen, und dieselbe nicht wieder erstattet haben,
f. In keinem Falle endlich ist es einem geschiedenen Ehegatten bei Lebzeiten des andern Theils sich wieder zu verehelichen gestattet, es wäre denn, dass die erste Ehe, als eine an sich ganz ungültige und daher wirklich nie bestandene von kompetenter Behörde als nichtig erklärt worden.

§. 2.
Was dann aber andere Unvermögliche, wie Dienstboten und Taglöhner, betrifft, die durch Handarbeit und beflissenes haushälterisches Benehmen zur Erwartung berechtigen, dass sie einer allenfalls anwachsenden Familie pflichtgemäss den Unterhalt verschaffen können, und die von solcher christlicher und sittlicher Ausführung sind, dass sie im Stande sind, ihren Untergebenen eine christliche Erziehung zu geben, so sind dieselben keineswegs unter obigem Verbot begriffen.
Damit aber ein Pfarrer diessfalls gehörig zu verfahren wisse, so sollen alle Dienstboten, Gesellen, oder sonst Leute aus andern Gemeinden, die derselbe noch nicht seit langem kennt und ihre Aufführung also nicht wissen kann, wenn sie sich verehelichen wollen, ihm glaubwürdige Zeugnisse über ihre sittliche sowohl, als bürgerliche Aufführung vorzuweisen schuldig sein.

§. 3.
Wenn ein Pfarrer einigen Anstand findet und glaubt, dass eine die eheliche Einsegnung verlangende Person in einem der obgemeldten Fälle sei, so soll er vom Gemeindrathe Aufschluss über die Umstände und Beschaffenheit dieser Person einholen und sich mit demselben besprechen, dann der zu verehelichenden Person, wenn sie in einem solchen Falle befunden wird, alle angemessenen Vorstellungen machen.
Wenn denn aber selbe dem ungeachtet aus ihrem Vorhaben beharrt; so soll der Untersuch und der ganze Fall durch Gutachten des Gemeinderaths und wenn dieser und der Pfarrer verschiedener Ansicht wären, auch mit Bericht des Letztem begleitet, der laut Verfassung hiefür aufgestellten Behörde vorgetragen und dann von derselben endgültig und ohne Weiterzug darüber entschieden werden.
Ueber einen solchen Entscheid soll auch im Abweisungsfalle zu Gunsten der gleichen Personen, ohne erhebliche veränderte Umstände, keine Revision mehr stattfinden.

§. 4.
Da es auch schlechte, gewissenlose Leute geben kann, die nach solcher verweigerten Einsegnung sich verfehlen und durch Erzeugung ausserehelicher Kinder die Einsegnung zu ertrotzen glauben; so ist festgesetzt, dass solchen desswegen doch nicht willfahrt, sondern sie in das doppelte der auf den Fall gesetzten Strafe verfällt werden sollen.
Auch sollen jene, so dergleichen Vorhaben äussern oder solche Drohungen ausstossen, an die zuständige Behörde angezeigt und mit einer Geldbusse bis Fr. 50 oder mit Einsetzung bestraft, auch bei gleicher Strafe der Umgang zwischen solchen Personen, denen die Heirath nicht bewilligt wurde, überhaupt gesetzlich verboten sein und soviel möglich verhindert, von den Pfarrern und Dorfgerichten darüber gewacht und bei Ungehorsam und fernerm Besuch an Behörde wieder angezeigt werden.
Dessgleichen wenn früher eine Schwängerung geschehen sollte, um die Erlaubniss der Heirath eher zu bewirken; so soll, wenn die Leute in einem obigen ausschliessenden Falle sind, auf die Schwängerung nicht nur keine Rücksicht genommen, sondern die Erlaubniss noch um so weniger ertheilt werden.

§. 5.
In Betreff der Fremden und Niedergelassenen bleibt es bei der bestehenden Verordnung, dass nämlich keiner ohne obrigkeitliche Erlaubniss ehelich eingesegnet werden solle.

§. 6.
Will sich ein hiesiger Angehöriger ausser dem Kanton trauen lassen, so hat er sich hiefür eine von der Kanzlei beglaubigte Bewilligung seines Ortspfarrers und des Gemeinderaths seiner Heimathgemeinde geben zu lassen, ansonst ihm die Verehelichung untersagt sein soll.

§. 7.
Eine gegen die Gesetze des Staats geschlossene Ehe hat keine bürgerliche Wirkung, bei bloss formellen Mängeln kann jedoch die bürgerliche Anerkennung der Ehe nachträglich, auf Vorschlag des Diozesanrathes, durch den Regierungsrath ausgesprochen werden.

§. 8.
Nach einmal gesetzlich geschlossener Ehe ist es den Ehegatten nicht erlaubt, sich eigenmächtig abzusondern, sondern eine zeitweilige Trennung darf nur mit kirchlicher Genehmigung stattfinden.
Wenn daher von einem der Ehegatten oder dem betreffenden Pfarrer über eigenmächtige Trennung einer Ehe Klage geführt wird, so sollen die Betreffenden durch den Diozesanrath, nöthigen Falls mit Beihülfe der Polizeigewalt, zur Wiedervereinigung angehalten und im Weigerungsfalle zu angemessener Ahndung dem Strafrichter überwiesen werden.»

Landraths-Erkenntnis vom 29.10.1856.
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RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

 

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 20.2.2018