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Gesetzesbestimmungen

Revidierte Statuten der Ersparnisskasse Uri
Abl UR 1873 nach S. 288 (Beilage 1, 01-08) / Montag, 27. Juli 1874

«Der Landrath des Kantons Uri,
in Revision der Statuten der Ersparnisskasse, beschliesst und verordnet:

I. Zweck und Garantie der Anstalt.

§ 1.
Die Anstalt hat zum Zweck:
1. Jedermann Gelegenheit zu bieten, seine Ersparnisse und andere Gelder zur Beförderung von Fleiss und Sparsamkeit zinstragend anzulegen. 2. Durch Darleihen gegen genügende Sicherheit die Landwirtschaft, den Gewerbe- und Handelsstand nach Möglichkeit zu unterstützen.

§ 2.
Die Ersparnisskasse steht unter Garantie und Aufsicht des Staates mit Sitz am Hauptorte des Kantons.

II. Geschäftsbetrieb.

§ 3.
Die Geschäfte der Ersparnisskasse sind:
1. Annahme von Geldeinlagen.
2. Annahme von Depositen in Conto-Corrent.
3. Gewährung von Darleihen gegen genügende Hinterlage.
4. Eröffnung von Crediten auf laufende Rechnung gegen Deckung.
5. Diskontirung und Inkasso von Wechseln.

§ 4.
Die Anstalt nimmt von Jedermann Geldeinlagen von mindestens 5 Fr. an. Sie ist dagegen nicht gehalten, von einer Person oder für deren Rechnung innert Jahresfrist mehr als Fr. 10,000 anzunehmen.

§ 5.
Der Einleger erhält einen von dem Verwalter und Buchhalter Unterzeichneten vollgültigen Kassenschein, in Form eines Büchleins, worin Zinsen, neue Einlagen und Rückzahlungen eingetragen werden. Derselbe, auf den Namen des Einlegers lautend, ist unter Anzeige an die Verwaltung übertragbar.

§ 6.
Der Zins von den Einlagen (§ 3 Ziff. 1) beträgt 4 ½ %.
Wer den Zins nicht bezieht, dem wird derselbe alljährlich zum Kapital geschlagen.
Von Bruchtheilen unter 1 Fr. wird kein Zins berechnet.

§ 7.
Die Zinsrechnung für Einlagen schliesst jährlich mit dem 31. Dezember ab.
Für jede neue Einlage aber fängt sie mit dem ersten des folgenden Monats an, wofern die Einlage 15 Tage vorher erfolgt ist.

§ 8.
Der Einleger kann sein Guthaben auf die Ersparnisskasse ganz oder theilweise künden, wann er will. Beträge bis auf Fr. 200 können sogleich, Beträge bis Fr. 1000 einen Monat nach der Aufkündigung, höhere Summen nach zweimonatlicher Kündigungsfrist zurückgezogen werden.
Vom Tage der Aufkündigung an hört die Verzinsung auf. Bei genügendem Kassenvorrath können auch grössere Beträge sofort zurückgezogen werden, jedoch gegen Zinsvergütung für die festgesetzte Kündigungsfrist.

§ 9.
Die Bestimmung des Zinsfusses und der Kündigungsfristen bei Depositen in Conto-Corrent bleibt der jeweiligen Verwaltung unter Genehmigung der Aufsichtsbehörde zu bestimmen vorbehalten.

§ 10.
Die Ersparnisskasse macht Darleihen gegen Deckung durch hinlängliche und sichere Realkaution.
Die Realkaution hat in hypothekarischen Verschreibungen (Gülten, Handschriften etc.) auf Liegenschaften oder auch in guten schweizerischen Werthpapieren zu bestehen, welche öffentlichen Kurs haben.
Die Realkaution soll das Anleihen, d. h. den Betrag desselben um wenigstens 1/3 übersteigen.
Die Verschreibungen auf Liegenschaften müssen sich nach amtlicher Schatzung oder unparteiischer Würdigung des Unterpfandes wenigstens 1/4 in derselben befinden.
Bei Würdigung der Hinterlage ist aus die Gefährdung des Unterpfandes durch Feuer und Wasser besonders Obacht zu nehmen.
Für Aufrechthaltung des Werthes hinterlegter Kapitalien hat der Anleihensschuldner zu sorgen und soll daher bei Liquidationen u. s. w. den Verwalter für Eingabe ersuchen.

§ 11.
Jedes Darleihen soll innert 4 Jahren zurückbezahlt oder erneuert werden.

§ 12.
Die Aufsichtsbehörde ist ermächtigt, für Darleihen an Staat, Bezirke oder Gemeinden, wofern sie in Folge beizubringender, vollgültiger Beschlüsse erhoben werden, auf die Hinterlage einer Realkaution zu verzichten.

§ 13.
Anleihensgesuche erledigt der Verwalter von sich aus nach Massgabe der Statuten; in zweifelhaften Fällen hat er sich an die Aufsichtsbehörde zu wenden.

§ 14.
Das Maximum des an einen Privaten, eine Korporation oder Gemeinde abzugebenden Darleihens darf in der Regel den Betrag von Fr. 10,000 nicht übersteigen. Eine Ueberschreitung dieser Summe bedarf der Bewilligung der Aufsichtskommission.
Beträge unter Fr. 50 werden nicht ausgeliehen.

§ 15.
Der Zinsfuss von Darleihen ist aus 5 % festgesetzt.
Die Anstalt bezieht nebstdem von jedem Anleihen bei dessen Bezug oder Erneuerung eine Provision von 1/4 %.
Bruchtheile bei Zinsen und Provisionen sind aufwärtssteigend in Zahlen, die durch 5 theilbar sind, zu berechnen.

§ 16.
Als Zinsverfalltag für Darleihen wird der 31. Dezember jeden Jahres festgestellt.

§ 17.
Die Aufsichtsbehörde und der Verwalter sind jederzeit berechtigt, nach Umständen Darleihen oder Crédité mit Jnnehaltung der Kündigungsfrist zurückzuziehen.
Obligos oder Darleihen, welche nicht innert 3 Monaten nach Verfalltag und erfolgloser einmonatlicher Mahnungsfrist verzinset werden, oder welche nicht nach Vorschrift des § 10 gedeckt sind, hat die Verwaltung unverzüglich zur Rückzahlung zu künden.

§ 18.
Die Anstalt kann Crédité auf laufende Rechnung gegen annehmbare Sicherheit eröffnen. Das Mass und die nähern Bedingungen bestimmt die Aufsichtsbehörde unter Festhaltung des Grundsatzes eines jährlich wenigstens zweimaligen Umsatzes.

§ 19.
Die Verwaltung kann acceptirte Wechsel und Anweisungen diskontiren. Dieselben sollen jedoch mit zwei Unterschriften von anerkannt guten Firmen versehen sein.

§ 20.
Die Verwaltung mag bei Ueberfluss von Baarschaft im Einverständnis; mit der Aufsichtsbehörde zeitweilig Gelder auch bei auswärtigen Geldinstituten zinstragend anlegen, oder mit solchen in Conto-Corrent treten.

III. Aufsicht, Jahresrechnung und Revision.

§ 21.
Die Aufsicht über die Verwaltung und den Geschäftsgang der Ersparnisskasse führt die Finanzkommission.
Derselben liegt ob:
1. Vorberathung der erforderlichen Reglemente zu Händen des Regierungsrathes und deren Handhabung.
2. Der endgültige Entscheid über alle zweifelhaften Darleihensbegehren, Kredit- und Wechselgeschäfte.
3. Prüfung der Jahresrechnung und Berichterstattung über den Geschäftsgang an den Regierungsrath.

§ 22.
Die Verwaltung hat die Jahresrechnung mit 31. Dezember jeden Jahres abzuschliessen und bis spätestens Ende Februar der Aufsichtsbehörde zur Revision abzugeben.
Nach geschehener Prüfung und vernommenem Bericht der Finanzkommisston ertheilt der Regierungsrath die Genehmigung und sorgt für bezügliche Kenntnissgabe an den Landrath und angemessene Publikation des Rechnungsergebnisses.

IV. Verwendung des Ertrags und Reservefond.

§ 23.
Der nach Abzug der Verwaltungskosten und allfälliger Abschreibungen sich ergebende Ueberschuss fällt:

zu ¼ in den Reservefond, zu 3/4 in die Staatskasse.

§ 24.
Ueber den Reservefond wird in den Büchern der Anstalt besondere Rechnung geführt. Derselbe bildet indessen einen Theil des Geschäftskapitals der Anstalt.
Im Falle des Eingehens derselben verfügt der Landrath über den Reservefond zu kantonalen, gemeinnützigen Zwecken.

V. Verwaltungspersonal. § 25.
Die Verwaltung der Ersparnisskasse wird besorgt durch:
1. einen Verwalter,
2. einen Buchhalter,
3. einen Gehülfen.

§ 26.
Der Regierungsrath wird auf Vorschlag der Aufsichtskommission über die Pflichten und Verrichtungen des Verwaltungs-Personals ein Reglement erlassen, worin der Grundsatz gegenseitiger Stellvertretung und Aushülfe festzuhalten ist.

§ 27.
Der Jahrgehalt wird festgesetzt:
für den Verwalter Fr. 2500.
für den Buchhalter Fr. 2000.
für den Gehülfen Fr. 1200.

§ 28.
Das Verwaltungspersonal hat für seine Pflichterfüllung durch Realkaution oder sichere Bürgschaft Garantie zu leisten und zwar jeder Angestellte für den doppelten Betrag des betreffenden Jahrgehaltes.

§ 29.
Die Wahl dieser Beamten geschieht nach geschehener Ausschreibung durch den Landrath auf vierjährige Amtsdauer.

VI. Uebergangs-Bestimmung.

§ 30.
Durch gegenwärtige Statuten, welche für das Verwaltungspersonal mit dem 1. Januar 1875, in allen übrigen Theilen aber mit dem 1. Oktober d. J. in Kraft treten, sind die frühern Statuten und alle einschlagenden Beschlüsse und Verordnungen aufgehoben.»


Quelle: Landratsbeschluss vom 27.07.1874.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020