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Gesetzesbestimmungen

Bundesbeschluss betreffend Konzession einer Zahnradbahn von Treib über Seelisberg und Emmetten nach Beckenried
LB UR Bd 05 (1893) S. 172-179 / Freitag, 8. April 1898

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht

1. der Eingabe eines Initiativkomitees für eine Zahnradbahn Treib-Seelisberg-Beckenried vom 2. Juni 1883;
2. einer Botschaft des Bundesrathes vom 18. Dezember 1894, beschliesst:

Den Herren M. Truttmann in Seelisberg, als Präsident, und A. Wymann in Beckenried, als Sekretär eines Initiativkomitees, wird zu Handen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Zahnradbahn von Treib über Seelisberg und Emmetten nach Beckenried unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1.
Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2.
Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.
Der Sitz der Gesellschaft ist in Altdorf.

Art. 4.
Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5.
Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.
Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6.
Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7.
Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum (Be)triebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt sein müssen. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.
Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt. Art. 9.
Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10.
Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11.
Der Bundesrath kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigen Falls entlassen werden.

Art. 12.
Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck, von Gütern nur soweit, als es die Wageneinrichtung gestattet. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13.
Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14.
Im allgemeinen ist es der Gesellschaft anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle daherigen Projekte mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartemente vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.
Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 15.
Der Betrieb kann im allgemeinen auf die Sommersaison beschränkt werden. Dem Bundesrathe bleibt aber das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine weitere Ausdehnung des Betriebes zu verfügen.

Art. 16.
Es werden Wagen mit zwei Klassen eingeführt, deren Typus durch den Bundesrath genehmigt werden muss.

Art. 17.
Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen folgende Taxen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen:

- Treib-Seelisberg: Fr. 1.— (II. Klasse); Fr. —.80 (III. Klasse)
- Seelisberg-Schönegg: Fr. —.25 (II); Fr. —.20 (III)
- Schönegg-Beckenried: Fr. —.60 (II); Fr. —.30 (III)

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.
10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen unterbracht werden kann. Für das übrige Gepäck der Reisenden können folgende Taxen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden: Auf den Strecken Treib-Seelisberg und Beckenried-Schönegg 75 Rp. und auf der Strecke Seelisberg-Schönegg 20 Rp.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrathe zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillete auszugeben. Für die einheimische Bevölkerung bewilligt die Gesellschaft eine Ermässigung von 30 % auf den normalen Taxen. Auch werden Retourbillete mit 20 % Rabatt eingeführt.
Für die zum Transport angenommenen Güter dürfen folgende Taxen Pr. 100 Kilogramm und Pr. Kilometer bezogen werden:
Auf den Strecken Treib-Seelisberg und Beckenried-Schönegg 36 Rappen und auf der Strecke Seelisberg-Schönegg 10 Rappen. Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.
Das Gewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Die hiervor ausgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Art. 18.
Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 19.
Die sammtlichen Reglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20.
Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtigen Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnissmässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.
Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1873, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 22.
Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Uri und Nidwalden, gelten folgende Bestimmungen:
a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniss zu geben.
b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnissmässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.
c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; — sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1948 erfolgt, den 22 ½ fachen Werth; — wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1948 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20 fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; — unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds. Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.
d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztem auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.
e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.
f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 23.
Haben die Kantone Uri und Nidwalden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24.
Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

Also beschlossen vom Ständerathe,
Bern, den 4. April 1898.
Der Präsident: de Torrenté.
Der Protokollführer: Schatzmann.

Also beschlossen vom Nationalrathe,
Bern, den 5. April 1898.
Der Präsident: Brenner.
Der Protokollführer: Ringier.


Quelle: Bundesbeschluss vom 08.04.1898, in: LB UR Bd 5 (1893-1900),S. 172-179.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020