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Gesetzesbestimmungen

Gesetz über die Öffentlichkeit der Landrats und Gerichtsverhandlungen
LB UR Bd 01 (1892) S. 169-171 / Sonntag, 4. Mai 1851

«Die Landesgemeinde des Kantons Uri, In Gemäßheit der Verfassung, auf den Vorschlag des Landrathes, beschließt:

Art. 1. Alle Sitzungen des Landrathes und der Gerichte, als: des Obergerichts, des Kriminalgerichts, der beiden Kreisgerichte und der Gerichtskommissionen sind in der Regel öffentlich.

Art. 2. Bei den Sitzungen der Gerichte bezieht sich jedoch die Oeffentlichkeit nur auf die Verlesung der Akten und Vorträge der Parteien und die Eröffnung des Urtheils. Während den Verhören der Zeugen, Berathung der Richter und der Fällung und Abscheidung des Urtheils, hat das nicht zum Gerichtspersonal gehörende Publikum abzutreten, und es werden die Thüren des Sitzungssaales geschlossen.

Art. 3. Ausgenommen sind ferner von der Oeffentlichkeit:
a) Solche Verhandlungen vor allen Gerichten, seien es Kriminal- oder Zivilfälle, deren offene Behandlung wegen unmoralischen Inhaltes die Sittlichkeit verletzend oder anstößig sein könnte;
b) solche Verhandlungen des Landrathes, deren Oeffentlichkeit der Ehre und Wohlfahrt des Vaterlandes nachtheilig, oder der Wirksamkeit (Gedeihlichkeit) der Verhandlung selbst hinderlich sein dürfte;
c) ferner alle Zurechtweisungs-, Straf-, Begnadigungs- und Anklagestands-Verhandlungen vom Landrath.

Art. 4. Wenn demzufolge der Präsident des Landrathes im Landrathe (der des Gerichtes im Gerichte) oder der Regierungsrath, oder ein anderes Mitglied, wenn dasselbe unterstützt wird, aus Verhandlung bei geschlossener Thüre anträgt, so muß das Publikum sofort auf die Forderung des Präsidenten vorläufig abtreten. Die Frage, ob öffentliche oder geschlossene Verhandlungen stattfinden solle, wird sodann erörtert und entschieden, und je nach dem diesfälligen Entscheide des Weitern verfügt.

Art. 5. Die Zuhörer haben sich alles störenden Geräusches, unanständigen Benehmens und jeder Äußerung von Beifall oder Mißbilligung der Verhandlungen zu enthalten, auch nicht sich in nicht für sie bestimmte Plätze einzudrängen. Kinder und Entehrte sind gänzlich ausgeschlossen.
Der Präsident der betreffenden Behörde (Landrath oder Gericht) hat, erforderlichen Falles, zur Handhabung der Ruhe auf dem Zuhörerraum die angemessenen Mittel zu ergreifen oder die für's Publikum bestimmten Plätze räumen zu lassen.»


Quelle: Landesgemeinde-Erkanntniss vom 4. Mai 1851.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020