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Gesetzesbestimmungen

Gesetz über den Amtszwang
LB UR Bd 01 (1892) S. 172-176 / Sonntag, 4. Mai 1890

«Die Landesgemeinde des Kantons Uri, in Vollziehung des Art. 24 der Verfassung, auf Antrag des Landrathes, beschließt:

Art. 1. Jeder wahlfähige Einwohner des Kantons ist gemäß Art. 24 der Verfassung pflichtig, eine Beamtung, welche ihm von der Landesgemeinde, dem Landrathe, einer Gemeinde- Versammlung oder der Korporationsgemeinde übertragen wird, zwei Amtsdauern zu besorgen. Zu einer spätem nochmaligen Uebernahme der gleichen Beamtung kann Niemand mehr verpflichtet werden.
Eine freiwillig übernommene Wiederwahl steht für die betreffende Amtädauer ebenfalls unter dem Amtszwange.

Art. 2. Ersatzwahlen, die im Laufe einer Amtsdauer getroffen werden, fallen in Berechnung.

Art. 3. Bei Behörden, in welchen einzelne Mitglieder von Amtes wegen mit besondern Verrichtungen betraut sind, wie Präsident, Verwalter, Waisenvogt und Kassier gilt der Umstand, schon einfaches Mitglied gewesen zu sein oder eine der erwähnten besondern Stellen bekleidet zu haben, nicht als Grund, eine andere Stelle der nämlichen Behörde ablehnen zu können.

Art. 4. Eine untere Wahlbehörde kann Niemanden zu einem Amte wählen, das unvereinbar mit dem von einer höhern Wahlbehörde verliehenen ist.
Die Unvereinbarkeit von Beamtungcn wird durch Art. 14 der Verfassung geregelt.
Staatsangestellte, welche zu einem Amte gewählt werden, das mit ihrer Anstellung unvereinbar ist, haben im Falle der Annahme des Amtes alsbald die Entlassung von der Anstellung einzureichen.

Art. 5. Den Gemeinden bleibt überlassen, angemessene Beschränkungen in Uebertragung von Gemeindebeschwerden ein- treten zu lassen.
Für die bezüglichen Beschlüsse ist die Genehmigung des Landrathcs einzuholen.

Art. 6. Der Amtszwang findet keine Anwendung:
a) auf Personen, welche zur Zeit der Wahl das 65-Altersjahr bereits erreicht haben.
Mit dieser Altersgrenze hört auch die Verpflichtung zur Uebernahme jedweder Vogtei oder Verwaltung auf: d) auf Staatsangestellte mit bestimmten täglichen Dienststunden.
Im Falle sie freiwillig ein Amt übernehmen, entscheidet über die Zuläßigkeit der Landrath auf Antrag der Aufsichtsbehörde. (Siehe übrigens die nachträgliche Verfassungsänderung.)

Art. 7. Vom Amtszwange können im Fernern nachstehende Gründe befreien, so lange sie vorhanden sind:
a) Körperliche Gebrechen und andauernde Krankheiten, welche die Erfüllung der Amtspflichten wesentlich erschweren ;
b) anderweitige Beamtungen oder Staatsanstellungen, deren Verpflichtungen beeinträchtigt werden könnten, sowie Aemterüberhäufung.
c) wesentlicher Nachtheil in der Gesundheit oder bedeutende Schädigung der ökonomischen Lage.
Diesen Entlastungsgründen sind beizuzählen: Langjährige, wichtige, dem Vaterlande geleistete Dienste, verbunden mit vorgerücktem Alter.

Art. 8. Glaubt Jemand, gestützt auf die Bestimmungen des Art. 7 eine Wahl ablehnen zu können, so hat er dies innert 14 Tage nach erfolgter Wahlanzeige der Wahlbehörde anzuzeigen. Will ein Amt während der Amtsdauer niedergelegt werden, so ist hievon die Wahlbehörde in Kenntniß zu setzen, bezw. bei ihrem nächsten Zusammentritte ein Entlassungsbegehren zu stellen.
In besondern Fällen kann der Regierungsrath die außerordentliche Einberufung einer Gemeindeversammlung anordnen.

Art. 9. Findet eine Entlassung des Gewählten durch die Wahlbehörde nicht statt, so entscheidet der Landrath über das Begehren nach Maßgabe des Gesetzes.

Art. 10. Entlassungsbegehren als Mitglied des Landrathes sind direkt an diesen zu richten und von ihm zu entscheiden.

Art. 11. Ein Gewählter, der um Entlassung von seinem Amte einkommt, hat dasselbe zu besorgen und ist dafür verantwortlich, bis der Entscheid letztinstanzlich getroffen ist.

Art. 12. Wer die Annahme eines der in Art. 1 erwähnten Aemter, zu dessen Tragung er verpflichtet worden ist, verweigert, oder durch Vernachlässigung der Amtspflichten zu erkennen gibt, sein Amt nicht besorgen zu wollen, macht sich der Amtsverweigerung schuldig.
Die Anzeige derselben hat beim Regierungsrathe zu Händen des Landrathes zu erfolgen.
Zur Erstattung dieser Anzeigen sind verpflichtet: für die von der Landesgemeinde oder dem Landrathe übertragenen administrativen Aemter der Regierungs- bezw. der Erziehungsrath; für die Gerichtsstellen das Obergericht und für die von der Gemeindeversammlung getroffenen Wahlen der Gemeinderath.

Art. 13. Die Ueberweisung an das zuständige Obergericht erfolgt, gestützt auf die Schlußnahme des Landrathes, durch den Regierungsrath.

Art. 14. Die Strafe für die Amtsverweigerung beträgt Fr. 200—1000. Die betreffende Summe fällt in die Kasse des Kantons, wenn es eine kantonale Beamtung, in diejenige der betreffenden Gemeinde, wenn es eine Gemeindebeamtung und in diejenige der betreffenden Korporation, wenn es eine Korporationsbeamtung betrifft.
Das Obergericht hat bei Ansetzung der Strafe Rücksicht zu nehmen auf die Wichtigkeit des Amtes. Die geschwächte Gesundheit, ungünstige Vermögens- und Erwerbsverhältnisse, die angestrengte Private oder amtliche Beschäftigung und bereits erfüllte Dienste des Beklagten sind als Milderungsgründe in Betracht zu ziehen.

Art. 15. Eine Bestrafung tritt nicht ein, wenn der Gewählte während der Amtsdauer den Kanton, bezw. den Gerichtskreis oder die Gemeinde verläßt und auswärts ein festes Domizil gründet.

Art. 16. Beschwerden über die Verweigerung der Uebernahme von Stellen, welche gestützt auf staatlich genehmigte Statuten zu besetzen sind, entscheidet der Regierungsrath. (Siehe auch Art. 62 litt. u der Verfassung.)


Quelle: Landsgemeindebeschluss vom 4. Mai 1890.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020