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Gesetzesbestimmungen

Reglement für das Staatsarchiv und den Archivar von Uri
LB UR Bd 01 (1892) S. 192-195 / Samstag, 9. April 1887

«Art. 1 Das Staatsarchiv steht unter der Oberaufsicht des Regirungsrathes, welcher dieselbe entweder direkt oder durch das Landammannamt ausübt.

Art. 2. Dem Staatsarchiv steht ein Archivar vor, dem bei Bedarf ein Landweibel als Abwart zu Diensten steht. Für ausserordentliche Arbeiten wird der Regierungsrath die nöthige Aushülfe bewilligen.

Art 3 Der Archivar leistet den regierungsräthlich festgesetzten Amtseid.

Art. 4. Der Archivar allein besitzt die Schlüssel zu dem Archiv und zu dem Gewölbe, welches die staatlich verwahrten Fonds und Werthtitel enthält, und niemals dürfen sie, ohne Gutheissung der Aufsichtsbehörde, Andern anvertraut werden. Der Abwart darf nur einen Schlüssel zum Archivbureau besitzen.

Art. 5. Wenn dem Archivar das Vorhandensein von in das Staatsarchiv gehörenden Archivalien, sei es bei Behörden oder Privatpersonen, zur Kenntniss kommt, so ist er verpflichtet, hievon dem Regierungsrathe Anzeige zu machen, damit dieser die geeigneten Schritte behufs deren Erlangung in's Archiv thun kann.

Art. 6. Der Archivar beglaubigt alle Abschriften, unter Beisetzung des Datums, durch seine Unterschrift und den Archivstempel. Gehen die Abschriften in andere Kantone oder in das Ausland, so muss seine Unterschrift noch durch die Standeskanzlei legalisirt sein.

Art. 7. Für Abschriften an Gemeinden, Korporationen und Privatpersonen ist der Archivar berechtigt, eine Gebühr von 50 Rp. per Folioseite zu beziehen. Ueberdiess ist derselbe befugt, für zeitraubende Nachforschungen eine verhältnissmässige Entschädigung zu erheben.

Art. 8. Wenn der Regierungsrath nichtkantonalen Behörden, Gesellschaften u. s. w. gestattet, Akten, Werthschriften u. dgl. im Staatsarchiv zu deponiren, so setzt er gleichzeitig die Entschädigung fest, welche dem Archivar hiefür zu leisten ist.

Art. 9. Der Archivar soll darauf bedacht sein, dass Privatsammlungen für die Vaterlandsgeschichte nicht verloren gehen, und den Regierungsrath auf das Vorhandensein von solchen aufmerksam machen, damit er dieselben auf geeignete Weise hiefür gewinnen könne.

Art. 10. Der Archivar wird die Akten und Urkunden genau nach dem vom Regierungsrathe zu genehmigenden Archivplan eintheilen und ordnen und ohne dessen Bewilligung nichts Wesentliches an denselben ändern.

Art. 11. Der Abwart sorgt für die Reinlichkeit der Archivlokale und steht diesfalls unter der Weisung und Kontrole des Archivars, bei Transport von Akten und Archivalien hat er Aushülfe zu leisten.

Art. 12. Der Archivar hat über die dem Archiv enthobenen Akten genaue Kontrole zu führen. Wenn von Behörden oder Amtspersonen, oder auch von Privaten Akten aus dem Archiv verlangt werden, so sind dieselben, von ihrer Aushingabe, in das hiezu bestimmte Kontrolbuch einzutragen; auch haben die Akten Verlangenden deren Empfang jeweilen im Kontrolbuche durch ihre Unterschrift zu beglaubigen. Die Aushingabe von Akten und Archivalien an Andere, als Behörden und Amtspersonen zu bestimmten Amtsgeschäften, kann nur der Regierungsrath gestatten. Eine gleiche Bewilligung ist nothwendig, wenn der Archivar selbst Gegenstände des Archivs mit nach Hause nehmen will.
Der Archivar ist für Archivgegenstände, welche ohne Beachtung dieser Vorschriften von ihm ausgeliehen werden, persönlich haftbar.

Art. 13. Ohne Wissen des Archivars und vorherige Kontrolirung darf Niemand Aktenstücke aus dem Archiv wegnehmen. Desgleichen ist es Niemanden gestattet, ohne dessen besondere Erlaubniss eigenhändig im Archiv nach Akten zu suchen.

Art. 14. Alle Jahre einmal, und zwar im Monat Dezember, wird der Archivar alle dem Archiv enthobenen und noch nicht zurückgestellten Akten, bis auf 8 Wochen zurück, von den Personen, die sie gefordert haben, abverlangen. Werden diese auf seine Einladung in Zeit von 14 Tagen nicht zurückgestellt, so hat der Archivar das Verzeichniss der Saumseligen, sammt dem der Akten, ohne Ansehen der Person und Würde, zu weiterer Verfügung der Aufsichtsbehörde einzureichen.

Art. 15. Alle für eine Raths-, Gerichts- oder Kommissionssitzung benöthigten Schriften müssen, unvorhergesehene Fälle vorbehalten, wenigstens einen Tag vorher beim Archivar verlangt werden; unzeitigen Gesuchen ist der Archivar zu entsprechen nicht gehalten.

Art. 16. Wenn bei der Sichtung und Einordnung der Archivakten sich solche vorfinden, die kein staatsrechtliches, privatrechtliches oder historisches Interesse mehr haben, so sind dieselben zu entfernen. Rechnungsbelege dürfen nach einem Zeitraum von 10 Jahren vernichtet werden. Für Kassation von Archivalien hat sich der Archivar in einem schriftlichen Berichte an den Regierungsrath zu wenden, und erst, wenn die Bewilligung erfolgt ist, darf die Vernichtung geschehen.

Art. 17. Die Archivlokale sollen, so viel möglich, nach aussen und innen sichergestellt werden. Die Gewölbe dürfen unter keinen Umständen mit offenem Lichte betreten werden; das Rauchen in den Archivräumlichkeiten ist untersagt.

Art. 18. Die Archivlokale dürfen zu keinen fremdartigen Zwecken oder Versammlungen, ebensowenig zum Aufbewahren von nicht zum Archiv gehörenden Gegenständen verwendet werden.

Art. 19. Die Akten und Protokolle der Kanzleien, der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden sind periodisch in das Archiv abzuliefern. Der Archivar hat, falls von den verschiedenen Stellen die reglementarisch vorgeschriebenen Fristen zur Ablieferung nicht eingehalten werden, zu mahnen und die Saumseligen dem Regierungsrathe zu verzeigen, wenn die Mahnung fruchtlos geblieben.

Art. 20. Das Archivariat ist nicht verpflichtet, von den Kanzleien Akten und Protokolle in das Archiv aufzunehmen, die nicht nach den diesfalls bestehenden Vorschriften (Reglement des Regierungsrathes, der Justiz und Kanzleiorganisation) behandelt sind, vielmehr berechtigt, solche Akten zur Vervollständigung und vorschriftsgemässen Ergänzung zurückzuweisen.

Art. 21. Der Archivar hat für Bezug seiner Schreibmaterialien und Bureaubedürfnisse, sowie für Druck-, Buchbinder- und sonstige Arbeiten die Vorschriften des Art. 13 der Kanzleiorganisation zu beobachten.

Art. 22. Ebenso gelten für den Urlaub des Archivars der Art. 15, Absatz 1 und 2, und für die Archivinspektion Art. 18, letzter Absatz, der Kanzleiorganisation.»


Quelle: Erkanntniss des Regierungsrathes vom 09.04.1887.

 
RECHTSAMMLUNGEN

Übersicht
Rechtsquellen vor 1798
Urner Landbuch, 1823-1841
Sammlung der Gesetze, 1842-1863
Das Landbuch, 1891-1916
Sammlung der Gesetze, 1892-1958
Zwischenspiel Amtsblatt, 1959-1975
Das Urner Rechtsbuch, ab 1976

ABKÜRZUNGEN

LG = Landsgemeinde
eLG = Extra-Landsgemeinde
NG = Nachgemeinde
LR = Landrat
RA = Rat
WR = Wochenrat
AR = Allmendrat

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 15.09.2020