Register der Volksfrömmigkeit
Geistlicher
Ein geweihter Priester hiess im Volksmund «Geischtlich». Nicht nur die Weihe machte ihn zum Geistlichen, sondern auch seine Kleidung, die schwarze Sutane, die er nur in Ausnahmefällen nicht trug. Alle schwarz gekleideten Priester waren Geistliche, auch dann, wenn sie einem Orden angehörten. Die braunen Kapuziner nannte der Volksmund nicht «Geischtlich», sondern Kapuziner oder Pater.
Der leitende Priester in einer Pfarrei war der Pfarrer. Daneben gab es noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast in jeder Pfarrei mindestens einen Vikar (Vikari), in Pfarreien mit einer Pfründe einen Kaplan. War ein Pfarrer Dekan, wurde er auch als Dekan angesprochen. Im Volksmund der älteren Generation gab es in der erwähnten Zeit noch dr Heer, was soviel wie Herr bedeutete. Jeder Geistliche konnte dr Heer genannt werden, in grösseren Pfarreien beschränkte sich der Ausdruck aber meist auf den Pfarrer. Am gebräuchlichsten war der Ausdruck dr Heer für den Geistlichen im weissen Chorrock, vor allem dann, wenn er auf dem Versehgang war.
Der Geistliche, d. h. der Pfarrer, war in den meisten Pfarreien bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts der führende Kopf, meist nicht nur in der Pfarrei, sondern auch in der Gemeinde (wenn auch indirekt). Die Ehrerbietung des Volkes einem Geistlichen gegenüber beruhte nicht so sehr auf der intellektuellen Persönlichkeit als vielmehr seiner Weihe gegenüber, die dem Priester nach altem Volksglauben aussergewöhnliche Kräfte zubilligte.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 220 f. Literatur: Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 186.
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VOKLSGLAUBEN
DAS NACHSCHLAGEWERK
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Zeichen und Handlungen
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Walter Bär-Vetsch, Altdorf
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