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Haare
   
Das Haar, insbesondere das Kopfhaar, hatte eine hohe symbolische Bedeutung. Es stand für Kraft und Leben, war ein wichtiger Teil des Erscheinungsbildes und Ausdruck der Persönlichkeit. In der Zeit vor der Erfindung der Fotografie kam den Haaren noch eine weitaus höhere Bedeutung als Erinnerungsobjekt zu.

Den Haaren wurde eine besondere Verbindung zu einem Mitmenschen zugesprochen. Die Locke eines geliebten Menschen wurde als Erinnerung oder als Talisman getragen (z.B. in einem Medaillon). Ausgekämmte oder abgeschnittene Haare warf man nicht in den Kehricht, sondern ins Herdfeuer. Das Verbrennen der Haare schützte vor magischer Macht. Der Bursche, der die Liebe eines Mädchens gewinnen wollte, zupfte ihr möglichst unbemerkt ein paar Haare aus und nahm sie an sich. Als Verlobungsgeschenk flochten junge Mädchen ihrem Bräutigam aus ihren Haaren eine Uhrenkette. In manchen Familien schnitt man verstorbenen Frauen auf dem Totenbett einige Haare ab. Diese wurden dann von Leuten, die sich darauf spezialisiert hatten, zu Blumen- und Pflanzenimitationen verarbeitet und zu Totenandenken gestaltet. In manchen Stuben hingen solche Bilder an den Wänden. Haaropfer hatten auch als Votivgaben Tradition. Der tiefere Sinn lag darin, dass nach der Lehre der Haarmagie auch abgetrennte Haare mit den Seelenkräften ihres Lebewesens verbunden blieben und selbst Kraftträger der Seele waren. So gelang die persönliche Bindung an oder der Schadenzauber gegen eine Person am besten über deren Haare.

Die Haare galten als Inbegriff der Eitelkeit. Sogar von den Kanzeln der Kirchen wurde vor solcher Hoffart gewarnt. Fromme Leute sagten, dass Hexen sich kämmten, um dem Teufel zu gefallen. Wenn die Mädchen oder Tiere in ihren langen Haaren am Morgen beim Aufstehen Knoten hatten, war das «Toggäli» dafür schuld. Man sah es ungern, wenn man in der eigenen Familie ein rothaariges Kind hatte. Im Allgemeinen begegnete man rothaarigen Menschen mit Misstrauen. Rothaarige Mädchen wurden geradezu missachtet.

Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 250 ff. Literatur: Häner Flavio, Haarbilder, S. 105; Imfeld Karl, Volksbräuche und Volkskultur in Obwalden, S. 300; Watteck Arno, Amulette und Talismane, S. 24 f.; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 206 f.

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Walter Bär-Vetsch, Altdorf

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Stand der Arbeiten:
Begriffs- und Themenkatalog fertig
Nachweise in den Urner Sagen >
in Arbeit

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019