Register der Volksfrömmigkeit
Viehdoktor (Véetokter)
Der Bauer holte den Viehdoktor, der mit einem auffallenden Naturtalent ausgestattet und nicht akademisch studiert war, wenn eine Kuh krank war oder nicht kalbern konnte. Der «Véetokter» wusste, was zu tun war, um dem Kalb eine andere Lage zu geben. In manchen Fällen war ein solcher Viehdoktor auch in der Lage, einen Viehtrank zuzubereiten oder ein Haupt Vieh zu beruhigen. Einige brachten es zu eigentlicher Berühmtheit, so dass die Leute von nah und fern zu ihm strömten. Man ging nicht nur wegen Viehkrankheiten zu ihm. Er war oftmals auch Wasserschmecker und konnte menschliche Gebresten heilen.
In manchen Fällen konnte man nicht sagen, ob das Vertrauen oder das Misstrauen des Volkes gegenüber einem Menschen, der mehr konnte als Brotessen, grösser war. Das Vertrauen ging häufig nur so weit, wie man sich einen persönlichen Nutzen versprach. Darüber hinaus herrschte Misstrauen, denn es hiess sehr bald, es habe sich einer dem Bösen verschrieben. Es waren auch nicht nur Dinge der Gesundheit von Mensch und Tier, derentwegen man zu ihnen ging. Von diesem oder jenem hiess es, er könne Diebe zwingen, gestohlene Sachen zurückbringen und dergleichen mehr.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 602 f. Literatur: Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 425 und 427.
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NACHWEISE
«Der „Dokter Füst“ oder „Dokter Füster“ (auch Füstus) hatte den Bösen ganz in seiner Gewalt und traktierte ihn grenzenlos.»
«Zur Zeit lebten drei berühmte Ärzte, Doktor Tuet in Glarus, Doktor Kohler in Schwyz und Doktor Füster in Uri. Der letztere hatte es mit dem bösen Feind.»
«Er lebte (Doktor Hans Tüet) noch zu Menschengedenken im Kanton Glarus und dokterte mit Sympathie. Ein ausgezeichneter Wasserkenner, wurde er oft von den Urner Älplern auf den Urnerboden berufen ... Aber gleichzeitig mit dem Tüet lebte auch ein Doktor Füsti. Der hatte es mit dem Bösen und traktierte den Tüet im Geheimen (auf Distanz) so, dass er zeitlebens kränkelte.»
«Der Türrlidokter war ein Wunderarzt in Unterwalden. Zu ihm nahm einst ein Urner aus dem Isental, dem ein Dieb ein bedeutendes Quantum Fleisch gestohlen, seine Zuflucht und bat, ihm den Dieb zu zeigen ... Im Verein mit zwei Gespanen hatte der Türrlidokter einen Akkord gemacht mit dem Teufel. Welcher von ihnen zuletzt sterbe, der sei dem Bösen verfallen. Aber der Türrlidokter tat viel Gutes und erreichte dadurch, dass er nicht der letzte wurde.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 284, 285, 286 1 a, 287.
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«Da herrschte einmal in der Alp Waldnacht ein Viehpresten, und die Urner liessen diesen berühmten Viehdokter kommen. Er erkannte sofort die Krankheit, schlug die Tiere, die nicht mehr zu retten waren, in den Erdboden und gab den andern einen Trank, und sie kamen davon. Die dankbaren Urner nötigten ihn, im Land zu bleiben und schenkten ihm das Landrecht.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 8.
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VOKLSGLAUBEN
DAS NACHSCHLAGEWERK
Kraft aus einer anderen Welt
Zeichen und Handlungen
des Volksglaubens und der Volksfrömmigkeit
in Uri
Walter Bär-Vetsch, Altdorf
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Porträt
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