Register der Volksfrömmigkeit
Johannes-Evangelium
«Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.» besass im Geisterleben der Bergler einen sehr hohen Stellenwert. Der Betruf beginnt oft ebenfalls mit dem Johannes-Evangelium, das der Rufer in feierlich-ernstem Choralton durch die Volle spricht.
Das Johannes-Evangelium diente auch zu magischen Zwecken. Es war sehr kräftig gegen das Unwetter, Gespenster und allerlei Gefährlichkeiten. Es schützte, wenn man es bei sich trug und andächtig betete.
Im Anfang war das Wort, / und das Wort war bei Gott, / und das Wort war Gott (Joh 1,1)). Im Anfang war es bei Gott (Joh 1,2)).
Alles ist durch das Wort geworden / und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist (Joh 1,3).
In ihm war das Leben / und das Leben war das Licht der Menschen (Joh 1,4).
Und das Licht leuchtet in der Finsternis / und die Finsternis hat es nicht erfasst (Joh 1,5).
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war (Johannes (Joh 1,6).
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen (Joh 1,7).
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht (Joh 1,8).
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, / kam in die Welt (Joh 1,9).
Er war in der Welt / und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht (Joh 1,10).
Er kam in sein Eigentum, / aber die Seinen nahmen ihn nicht auf (Joh 1,11).
Allen aber, die ihn aufnahmen, / gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, / allen, die an seinen Namen glauben, (Joh 1,12)
die nicht aus dem Blut, / nicht aus dem Willen des Fleisches, / nicht aus dem Willen des Mannes, / sondern aus Gott geboren sind (Joh 1,13).
Und das Wort ist Fleisch geworden / und hat unter uns gewohnt / und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, / die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, / voll Gnade und Wahrheit (Joh 1,14).
(Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war (Joh 1,15).
Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, / Gnade über Gnade (Joh 1,16).
Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus (Joh 1,17).
Niemand hat Gott je gesehen). Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht (Joh 1,18). Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 309. Literatur: Kälin Detta, Zauberwahn und Wunderglauben, S. 49 f.
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NACHWEISE
«... weder nach rechts, noch nach links konnte er sehen, nur gerade ob sich, und das hörte erst auf, als er das St. Johannes Evangelium betete.»
«Der Bub überwand seine Furcht und wachte. Er betete aber dabei das Evangelium des heiligen Johannes: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ ... „Wenn nitt der Hansäli (Johannes-Evangelium) uff d'r Zungä hättisch, sä tät-di zerrybä wië das Steindli!»
«Nach seiner Gewohnheit wollte er, bevor er sich ins Nischt legte, das St. Johannes-Evangelium beten.»
«Weil er am Abend nicht im Boden ankam, gingen die Älpler zurück, beteten aber das St. Johannes-Evangelium vor sich her. ... „Wenn'r nit ds St. Johanns-Evageeli b'bättet hättet, giëngt's-ech um keis Haar besser.»
«Der Kapuziner, der nicht selber auf die Alp kam, befahl ihnen, sie sollten am Abend zu Beten rufen und das St. Johannes-Evangelium beten.»
«Vor sich her – pfiff! er das St. Johannes-Evangelium. ... und brüllt mit vor Wut bebender Stimme: „Wenn nit der Hänsäli (Johannes-Evangelium) uf der Zungä hättisch, sä tät-di zärrybä wië dië Stei!»
«Und darnah heig das Gspängscht ä Stei üffgläsä und heig-ä zerribä- und heig gseit, wenn er nitt ds Sant-Johanns-Evangäli uff der Zunge hätt, sä miäch-er-em's haarglych.»
«Das Gespenst sprang auf, zerrieb zwei Steine zwischen seinen Pratzen zu Mehl und fauchte: „Wenn nitt dz Sant Johanns Evangäli uff der Zungä hättisch, so tät-di zerrybä wië dië Stei.»
«... schrie es (der Geist): „Wenn nitt dz Sant Johanns Evangäli 'pfiffä hättisch, sä tätdi zerryssä.“»
« Der Büeb syg g'gangä-n-aber heig g'seit, dz Sant Johanns-Evageli tiëg-er de noch vor-em anä pfyffä. ... Das Büebli syg nitt blücks gsy und heig das Chüehli losg'lah und heig immer dz Sant Johanns-Evageli darzüe pfyflet. Das Gspängscht syg düe fryli nitt frys üfgstandä ... „Wenn nitt der Hansäli uff der Zungä hättisch, sä tät-di zerrybä wië dië Stei!“
«Das ersah der Senn, der soeben käsete, liess den Käse fallen, sprang eiligst vor die Hütte und rief laut: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Jetzt purzelte der Unbekannte in das Loch hinunter.»
«Bei all seiner Arbeit pfiff er das St. Johannes-Evangelium.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 531, 604, 687, 881 2, 895 5, 918 1 und 918 2 b,
918 6, 921 4, 922, 1236 und 1485.
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«Der eine ergriff einen Knebel, der andere ein altes Schwert, auf dem das St. Johannes-Evangelium eingegraben war.»
«... der andere Knecht mit einem Schwert, auf dem das St. Johannes-Evangelium eingeritzt war.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 253 2 und 3 a.
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«Bevor der Urner Bauer am Abend den Stall verlässt, betet er den Anfang des Evangeliums des heiligen Johannes, nämlich die ersten vierzehn Verse: „Im Anfang war das Wort“ usw., und fügt hinzu: „Walt Gott und Maria, der Santä Toni und der Sant Wändel sollet alles b'hietä-n- und biwahrä!“ – Manche, die das Evangelium nicht beten, sprechen wenigstens beim Verlassen des Stalles am Abend oder beim „Innäzindä“ das „Walt Gott und Maria“, und viele fügen hinzu: „Tröst Gott und erlös Gott die Armen Seelen.“ – Also ein Betruf im Kleinen.»
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«Schweigend griff er zur Folle, betrat das Egg und rief mit aller Kraft den Anfang des St. Johannes-Evangeliums nach allen vier Weltgegenden. Da wurde es allmählig still in den Felsen und Gräten, der Wind legte und die Wolken lichteten sich.»
«Die Knechte jammerten über die verlorenen Rinder; auch Franzsepp bekam Angst, antwortete aber nichts auf die vorwurfsvollen Fragen und Blicke der Älpler, sondern griff ernst und schweigend zur Volla, trat auf das Egg hinaus und rief mit aller Kraft nach allen vier Windrichtungen das Evangelium des heiligen Johannes. Jetzt wurde es still in den Gräten und Felsen, der Wind legte sich, die Wolken wurden lichter.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 898 und 1406.
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«Wenn allemal der fromme Senn einer Alp in Meien bei Zunachten das St. Johannes-Evangelium durch die Folle rief, kam ein Gespenst durch die Alp herunter und spie Feuer.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 688 1.
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«Die Glocke wurde wohl deswegen St. Johannes-Sywli genannt, weil der Wettersegen mit dem Evangelium des heiligen Johannes beginnt und die alten Leute beim Herannahen eines Gewitters das nämliche Evangelium zu beten pflegten.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 200 2.
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«Eines Abends vergassen sie im Stafel N. – ich weiss nicht, wo es war – das Sant Johanns-Evangeli zu rufen. In der Nacht darauf nahm es ihnen das Vieh, und am nächsten Morgen sahen sie dieses oben am Stock an einem furchtbar wüsten Ort.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 923.
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VOKLSGLAUBEN
DAS NACHSCHLAGEWERK
Kraft aus einer anderen Welt
Zeichen und Handlungen
des Volksglaubens und der Volksfrömmigkeit
in Uri
Walter Bär-Vetsch, Altdorf
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Porträt
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