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Jungfrau
   
Eine ehelose Frau wurde bis zum Lebensende Jungfrau, in der Kirchensprache «Virgo», genannt. Die moderne Bezeichnung Fräulein wurde erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allgemein gebräuchlich.
Als Inbegriff der Jungfrau galten bis in die 1930er Jahre hinein die Mitglieder der marianischen Jungfrauenkongregation, die ihre gottesdienstlichen Versammlungen hatten und an Prozessionen mit eigener Fahne teilnahmen. Die Fahnenträgerin und ihre zwei Begleiterinnen trugen weisse Kleider. Äusseres Zeichen aller Jungfrauen bei einer solchen Gelegenheit war ein hellblaues Band um den Hals, an dem eine Medaille hing, und ein Kränzchen oder eine weisse Blume im Haar. In einer solchen Kongregation waren sowohl junge wie alte Jungfrauen.

Inbegriff der Jungfrau war die Jungfräulichkeit, d. h. die sexuelle Unberührtheit. Wenn ein gefallenes Mädchen in weissem Kleid und Jungfrauenkränzchen erschien, gab es sich bald einem lästerlichen Gerede preis. Es kam auch vor, dass solche Mädchen aus der Kongregation ausgestossen wurden. Die so verstandene Jungfräulichkeit mit ihren Folgen reichte allerdings nur soweit wie das Pfarreileben.

Wenn eine junge Jungfrau (etwa unter 25 Jahren) starb, bekam sie in der Regel einen weissen Sarg. Sie wurde auch im weissen Kleid und mit einem Jungfrauenkränzchen um den Kopf (falls sie bei Prozessionen so angetan gewesen war) in den Sarg gelegt und beerdigt.

Weil es sich nach der Volksmeinung nicht schickte, dass ein Mädchen einem Burschen gegenüber Zuneigung bekundete, war es für eine Jungfrau ein Glücksfall, wenn ein solider und ehrenwerter Bewerber daherkam. Glücklich «unter die Haube» zu kommen, war eine schicksalsschwere Angelegenheit, deren Tragweite heute kaum mehr zu ermessen ist. Es war darum nicht verwunderlich, dass Mädchen nach übernatürlicher Hilfe riefen. Das Volk hatte ja schon immer von heiligen Fürbittern gewusst, denen man sich in Männeranliegen zuwenden konnte. Mürrische Jungfrauen, die den Burschen gerne die kalte Schulter zeigten, kamen ins «Giritzenmoos».

Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 312; Literatur: Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 249 f.

NACHWEISE

«Vor Zeiten, wenn einer sollte gehängt oder durch das Schwert hingerichtet werden und es kam eine Jungfrau und anerbot sich, ihn zu heiraten, so schenkte man ihm das Leben, sofern er in die Heirat einwilligte.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 89.
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«Es (das Büblein) lauschte und blickte dann um sich und ging dem Gesange nach und fand bald eine blühende Jungfrau, die auf einer Geldkiste sass ... und der Vater sowohl als der Abt des Klosters ermunterten den Knaben, den der Abt segnete, nach dem Wunsche der Jungfrau zu handeln; er habe nichts zu fürchten.»

«... im Rynächtloch behüte eine verwünschte Jungfrau in Gestalt eines Drachen mit sieben Köpfen eine Kiste voll Geld.»

Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 390 und 1477.
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«... eine schöne Jungfrau stand auf einem Stuhl vor dem Tisch, den Spiegel in der einen Hand, den Kamm in der andern, und beschaute sich im Spiegel und kämmte dabei ihre Haare.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1020.
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«Der Teufel ging auf das Angebot ein, und der Urispiegel schickte ihn, die folgenden drei Dinge herzuschaffen: Holz von einer Kanzel, auf der noch nie gelogen wurde, Milch von einer keuschen Jungfrau und einen Zopf von Krötenhaaren ... Aber der Urispiegel bekam keinen von diesen drei Gegenständen zu sehen, und der Teufel liess den Schwanz hangen und trottete ohne Beute davon.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1261
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«Ein Bursche hätte eine verwünschte Jungfrau erlösen können, wenn er ihr drei Küsse gegeben hätte.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 1564.
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«... von einer reinen Jungfrau geführt, das Gespenst tötete.»

«Ein Stierenkalb zogen sie sieben Jahre lang mit Milch auf, und dann führte es eine Jungfrau nach Kartigel.»

«Nun sollte nach des weisen Männleins Rat ihn eine reine Jungfrau, die edelste des Landes, von da dem Greiss entgegenführen. Sie waren wieder übel dran, bis die rechte in Attinghausen gefunden war. Sie wollte es wagen, reinigte sich vorher im Kloster zu Seedorf und rüstete sich auf den Tod. Von der Kirche zu Attinghausen ging in Prozession viel Volk mit der Jungfrau, die weissgekleidet war, bis zum Stierengaden.»

Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 872 1, 877 und 892.
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«Einige Männer in der Gegend von Silenen sahen einst eine herrliche Jungfrau durch die Lüfte gegen den Bristenstock dahinschweben.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 378 2.
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«Es war gerade das hohe Fronleichnamsfest, und mit der Prozession in Unterschächen zog auch die Jungfrau durch das geschmückte Dorf.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 2 1.
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«Zwei Jungfrauen aus dem Ried ob Amsteg gingen in den Stäubenwald „z'Helgä.“ Soeben hatten sie am Eingang in den Wassnerwald das Bätti aus dem Sack genommen und den Rosenkranz mit einander zu beten angefangen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 574.
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Walter Bär-Vetsch, Altdorf

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Stand der Arbeiten:
Begriffs- und Themenkatalog fertig
Nachweise in den Urner Sagen >
in Arbeit

 

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019