Register der Volksfrömmigkeit
Katakombenheiliger
Katakombenheilige waren unbekannte Personen aus der Antike, deren Knochen zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert in den römischen Katakomben gefunden wurden. Die „cata cumbae“ waren riesige Höhlen ausserhalb Roms, worin im alten Rom die Toten untergebracht wurden, weil sie in der Stadt weder begraben noch kremiert werden durften. Millionen von Menschen wurden im Laufe der Jahrhunderte in den künstlich erschaffenen Höhlen bestattet.
Mit der Etablierung des Christentums als Staatsreligion im 4. und 5. Jahrhundert entstanden die ersten Stadtfriedhöfe Roms; die Katakomben wurden geschlossen. Die Höhlengräber gerieten in Vergessenheit. Nachdem Antikenforscher 1578 die römischen Katakomben wieder entdeckt hatten, interessierte sich seit 1600 auch die katholische Kirche für diese antiken Friedhöfe. Darin befindliche Skelette erklärte sie zu Märtyrern, selbst wo es sich bei den Toten um normale römische Bürgerinnen und Bürger handelte, die sich zum Christentum bekannt hatten.
Die Katakombenheiligen rückten ins Zentrum des barocken Reliquienkults. In der Folge entwickelte sich ein Reliquienhandel rund um die Katakombenheiligen, die nun systematisch aus ihren Gräbern gehoben wurden. Bis die einzelnen Katakombenheiligen an ihren neuen Bestimmungsort, häufig ein Kloster, gelangten, durchliefen sie ein längeres Prozedere. Postum erhielten die Gebeine Namen, die häufig auf christliche Tugenden hinwiesen oder sich auf den Glückszustand des Heiligen im Jenseits bezogen. Auf diesen Namen wurden sie getauft und fortan als Reliquien verehrt. Sie erhielten in Rom bereits eine fiktive Lebens- und Martyriumsgeschichte, die von den Empfängern später oft ausgebaut wurde. Eine grosse Anzahl heiliger Leiber wurde in die deutschsprachigen Gebiete Europas verkauft. Durch die päpstliche Schweizergarde hatte die Schweiz eine besondere Stellung in Rom und bekam durch diese Verbindung viele heilige Leiber zugesprochen.
Danach wurden die Gebeine meistens an einen Frauenkonvent zum Fassen übergeben. Einige Klöster waren besonders bekannt für die Herstellung von kunstvollen Paramenten. Der Leib sowie der Hintergrund wurden häufig rot eingekleidet, in der Farbe der Märtyrer. Ebenso galten Palmenzweige als Symbol der Märtyrer. Nachdem der heilige Leib eingefasst war, folgte die Translation, die feierliche Überbringung des Leibes in die Bestimmungskirche. Der Tag der feierlichen Überführung galt fortan als Verehrungstag des Heiligen. Mysterienspiele, Wallfahrten, Andachtsbilder und Souvenirs gehörten zum Kult rund um den Katakombenheiligen.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 326 f. Literatur: Hoffmann Heike, Eine besondere Figur: Der heilige Ignatius, ein Katakombenheiliger, S. 143 ff.
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