Register der Volksfrömmigkeit
Kranke Tage
Im christlichen Kontext stellten Krankheiten ein von Gott verhängtes oder unter Zulassung Gottes durch den Teufel oder Krankheitsdämonen bewirktes Schicksal dar. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament gingen Krankheiten – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht auf natürliche Ursachen zurück, sondern waren Strafen oder Prüfungen eines zürnenden Gottes. Wer die göttlichen Gesetze missachtete, hiess es im Buch Levitikus, dem schickte der Allmächtige „Schwindsucht und Fieber, die das Augenlicht zum Verlöschen bringt“. Krankheiten dienten auch der Prüfung und Läuterung der Gläubigen. Besondere Strenge liess Gott ausgerechnet bei jenen Menschen walten, die sich am meisten kasteiten. Leiden als Strafe oder als Mittel, Zweifler durch schwere Krankheiten zu Umkehr und Busse zu bewegen, war ein Motiv, das in vielen Heiligenlegenden erschien. Nicht selten wurden die von schweren Krankheiten geplagten Menschen durch ihre Schmerzen bewogen, sich ganz Gott zu weihen. Wie die Krankheit, so kam auch die Heilung von Gott, sofern man ihn in Demut darum bat. Wie die Krankheit, die Gott dem Menschen als Strafe oder Prüfung seines Glaubens auferlegte, war auch die Heilung von Gott abhängig. Gebete, Wallfahrten und die Opferung von Kerzen nützten nichts, wenn sie nicht in Bezug auf die Seele unternommen wurden. Wallfahrtsorte waren daher Stätten der Aussöhnung mit Gott. Die Heilung erfolgte durch Gebete, Demut und gute Werke des Menschen, mit denen er Gott wohlgefällig stimmte.
So komplex wie die Vorstellungen von der unnatürlichen Entstehung der Krankheiten, waren auch die Mittel, mit denen man ihnen entgegentrat. Wo die Entstehung von Krankheiten auf einen bösen Zauber zurückgeführt wurde, bekämpfte der Mensch das Leiden mit einem Gegenzauber, oder es wurde das Böse und Teuflische mithilfe Gottes, der Heiligen und ihnen geweihten Dingen aus dem Körper des kranken vertrieben. Vom Volk besonders angesehen waren Weihwasser, Kreuze und Reliquien. Fast all diese Dinge schützten vor Krankheiten und heilten sie zugleich.
Zum Volksleben gehörten für die kranken Tage die heiligen Helfer und Fürbitter, auf deren Gnädigsein man mit Selbstverständlichkeit hoffte. Man wusste ihre Namen, man kannte die Orte, wo man diese heiligen Ärzte besuchen konnte. Man ging auch tatsächlich hin, manchmal stundenweit. Es bestand kein Zweifel, dass viele in ihrem christlichen Vertrauen sehr oft Hilfe fanden.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 350 f.; Literatur: Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 50.
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