Register der Volksfrömmigkeit
Krankheitsdämonen
Häufig war der Glaube, dass Dämonen Krankheiten verursachten. In Tiergestalt erschienen sie oft als Würmer, Käfer oder Kröten. Wenn der Mensch erkältet war und Halsschmerzen hatte, so hatte er „eine Kröte im Hals“. Schmerzhafte Verwachsungen im Finger hiessen Fingerwurm. Psychische Krankheiten, schlechte Laune und Rauschzustände wurden im Volksglauben lange Zeit auf das Vorhandensein eines imaginären Hirnkäfers zurückgeführt. „Den Käfer haben“ galt für Infektionskrankheiten, die durch das Wirken von Viren und Bakterien entstanden. Wer ohne ersichtlichen Grund Probleme mit dem Magen hatte, klagte dem Arzt, dass er „ä Chäfer üffglääsä“ hatte. „Das Zipperlein haben“ war eine allgemein übliche Umschreibung für die schmerzhafte Fussgicht, die Podagra, die ein normales Gehen verunmöglichte. Zipper war ein anderes Wort für Zwerg. „Das Zipperlein haben“ hiess also, „den Zwerg haben“ oder besser, den trippelnden Schritt der Zwerge. Auch die Art des Auftretens der Krankheitsdämonen liess sich durch die Sprache belegen. Der Mensch wurde nämlich nicht einfach krank, sondern die Krankheit packte ihn und warf ins Bett.
In solchen Redewendungen manifestierten sich die weit in die vorchristliche Zeit zurückreichenden Auffassungen von Existenz verschiedener Krankheitsdämonen, die den Menschen als geisterhafte Kobolde oder kleine Teufel erschienen. Das Auftreten dieser Wesen war auffällig oft an bestimmte Orte und Zeiten gebunden. Als besonders spukhaft galten die Fronfasten.
Meist blieb der Anblick eines Kobolds ohne Folgen. Gefährlich wurde es erst dann, wenn die dämonenhaften Wesen den nächtlichen Wanderern den Weg versperrten, sie anredeten, ansprangen, auf ihnen ritten oder mit ihnen rangen. Auch dafür fanden wir in unserer Sprache Belege: „Der Mensch wird vom Schlag getroffen.“ und „Seinen Zähnen setzen Zahnteufel zu.“
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 354.
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