Register der Volksfrömmigkeit
Milch
Milch gehörte in der Volksmeinung neben Brot zum Inbegriff der menschlichen Nahrung. Der Bauer schenkte ihrer Beschaffenheit grosse Beachtung. Er sorgte sich um die regelmässig gesunde Milch seiner Kühe. Wenn dies nicht der Fall war, wenn Kühe in ihrer Milchleistung nachgaben oder wenn sie gar rote Milch lieferten (z. B. vom Aronenkraut), argwöhnte er, dass eine Hexe dahinter war.
Das Milchwässern (zugeben von Wasser in die Milch, Milchfälschen) und das Milchverschütten wurden als übler Frevel geahndet.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 410 ff. Literatur: Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 288 f., 361.
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NACHWEISE
«Nach einiger Zeit kam es dem Ledigen in den Sinn, aus Lumpen eine Puppe anzufertigen; diese pflegte er nun wie ein Kind, strich ihr Reisbrei und Nidel ins Maul, gab ihr Milch und trug sie zärtlich auf den Armen in der Alp umher. Nach und nach – bigoscht – fing der Balg zu reden an.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 882.
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«Es ging eine alte Sage unter dem Volk, wenn ein Mensch imstande sei, am Karfreitag „unterm Passion“ die Kuh ganz sauber bis auf den letzten Tropfen auszumelken, ohne dabei auch nur ein einziges Wörtchen zu verlieren, der könne die zwei Armen Seelen erlösen.»
«Es komme alle Karfreitag eine „Hirzechüeh“ (Hirschkuh) vom Klariden her, die gäbe sieben Melchteren voll Milch. Wenn sie einer schweigend sauber ausmelken würde, könnte er, ich weiss nicht was alles, erlösen.»
«Die Geisterkuh hat dornige Strichen und gibt sieben Melchteren voll Milch. Alljährlich am Karfreitag während der Passion oder am Christfest in der Heiligen Nacht während des Gottesdienstes erscheint sie, und wenn sie einer, ohne ein Wort dabei zu sagen, sauber ausmelken würde, so würde der Senn erlöst und die Alp in ihrer alten Herrlichkeit erstehen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 101 a und d, 202 c.
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«... vo Bliämlänä, diä sind leetigs Milch gsy …»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 102 h.
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«Wie alte Leute aus dem Schächental berichten, war es früher überhaupt Brauch, wenn die Ziegen die Gelti bekamen, eines der erkrankten Tiere, etwa das geringste, lebendig zu verbrennen. Andere, und zwar bis in die neueste Zeit, verbrennen die Milch von einer der kranken Ziegen, indem sie diese in ein Feuer werfen oder in einer Eisenpfanne sieden, bis sie verdunstet ist.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 898.
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«Die Seelisberger und andere Urner sehen im Monde einen Mann mit einem Milcheimer an der Hand. Der habe einst nachts Milch gestohlen, und der boshafte Mond habe plötzlich seine Tat beleuchtet. Da habe der Dieb geflucht und sei zur Strafe in den Mond versetzt worden.»
«Die Isentaler reden auch von einem Mann, der im Walde Staudengarben stahl ... Da fluchte er grässlich. Der Mond aber „verschluckte“ den Flucher, so wie er dastand.»
«Ein Milchschelm mit dem Bränntli am Rücken, hatte fremde Kühe gemolken, vom Mondschein überrascht, flucht, wird vom Mond verschluckt.»
«Ä Ma midäma Pinggel Heib (Heu) am Rigg, hatte ihn gestohlen, vom Vollmond überrascht, flucht, wird verschluckt.»
«Manche sehen im Vollmond zwei Männer zugleich, einen mit einem „Pinggel Heiw am Riggä“ und neben ihm einen andern, der eine Kuh milkt ... Andere wollen nur den Dieb mit dem „Heiwpinggel“ sehen und sagen, der Mond habe ihn „verschluckt“.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 1042 und 1043.
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«Aber das Bliämi ist nicht gut melken, denn es hat dornige Strichen von Holz. Einer probierte es; aber bei der neunten Melchteren dachte er: „E, diä Chüeh gitt neiwä vill Milch!“ und alles war verschwunden.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 102 g.
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«Ein Stierenkalb zogen sie sieben Jahre lang mit Milch auf, und dann führte es eine Jungfrau nach Kartigel.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 877.
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«Ich war vor Jahren Senn auf dieser Alp, und durch meine Schuld ist dem Grossvater des jetzigen Besitzers, eben deines Herrn, viel Milch zugrunde gegangen. Dafür muss ich büssen und sühnen.»
«Ein Senn der Brunnialp war zu faul und zu nachlässig, die köstliche Milch, welche das so geschätzte, gehaltreiche Mutterngras im Übermass erzeugte, zu erwellen und gehörig zu nutzen. In einer Melchteren trug er sie davon und schüttete sie in den Brunnibach. Dieses frevelhafte Tun verlangte Sühne.»
«Früher hats eben nicht viel erlitten. Solche, die Milch versudleten, mussten nach ihrem Tode umgehen und kamen und setzten sich Leuten, die Milch trugen, auf die Bräntlisdeckel.»
«Weder die Chloschterfräu isch scho mängsmal gseh wordä. A Geischlichä heig si einisch a'gredt, und dem heig sy bikannt, sy miess da lydä, wyl-si Milch versudlet heig, wyl-si z'füli gsy syg, d'Milch gheerig z'nutzä.»
«Das hend Vatter und Müetter eisster gseit, wemmä Milch üssghyi, sell-mä die armä Seelä treeschtä.»
«Bättä“, riet Johanni, „d'Müetter het gseit, wemmä Milch üssghyi, sä tieget die Armä Seelä-n-uf eppis plangä und mä sell's treeschtä.»
«Jetzt wollten sie eine Mutte voll Milch ins Bräntli schütten, um sie, wie gewohnt, in's Tal hinunter zu tragen. In diesem Augenblick schlug ein unsichtbares Etwas ihnen die Mutte aus den Händen, und die Milch wurde verschüttet ... Dann beteten sie für die Armen Seelen: „Treescht Gott und erlees Gott die Armä Seelä und gäbnä Gott die ewig Rüew und Säligkeit.“ Hierauf sahen sie ein schneeweisses Wybervölchli zur Hüttentüre hinaus und davon schweben.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sagen 974, 1042, 1043, 1053, 1054, 1107, 1117, 1146-1148
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«... und molk weiter und machte sich ans Käsen; als er zu dicken gelegt, wollte die Milch gar nicht dicken ... Das Skapulier hängte er am Turner auf. Wie ein Büchsenschuss fuhr jetzt der unverschämte Bettler zur Hüttentüre hinaus. Die Milch im Chessi begann zu dicken, und es gab einen rechten, guten Käse.»
«Beim Erwellen wollte die Milch nicht dicken bis am Abend zur Melkenszeit, und so wieder bis am Morgen. Da ging der Urner Knecht nach Näfels zu den Kapuzinern ... Darunter lägen drei kreuzweise übereinander gelegte Hölzchen, die solle er wegräumen und ins Feuer werfen.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 346 und 349 1.
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«Denkt euch! nicht etwa in der Schotten, sondern in der puren ganzen Milch badeten und wuschen sie den Dreckbub!»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 100 2 a.
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«Aber am Abend gaben jene zwei, die so geschneuzt hatten, rote Milch, und über den Windgällen und den Pfaffen und über Sewlialp entlud sich ein furchtbares Hagelwetter und brachte eine mächtige Rübi durch das Evibachtal hinunter.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 159.
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«Sibä Mälchtärä voll Milch hätt si ggä. Aber si syg furchtbar äs zäih's mälchä gsy usw.»
«Klariden war einst eine prachtvoll schöne Alp. Da mussten sie dreimal im Tage melken, so viel Milch gaben die Kühe; in der Alp wuchs nämlich das Milchlikraut. Sie lebten in solchem Überfluss.»
«Am Abend darauf waren die Kühe wieder da; aber hatten bresch! D'Strichä heiget g'glissä! Die Euter strotzten von Milch.
«Dië hent da dië versudlet Milch erwellt.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 101 f und hm 925 1 und 940.
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«In der Hütte, wo der Bärsian zuhause war, geschah es oft, dass das mit Milch gefüllte Chessi, wenn der Senn kam und erwellen wollte, vom Turner abgehängt war und nebenaussen stand.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 865 16.
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«“Es wird wohl ein eichener Nagel in der Glut sein,“ sagte jetzt der ältere Älpler bestimmter und untersuchte selber Glut und Asche. Richtig, jetzt kam ein eichener Nagel zum Vorschein. Der wurde weggeworfen, und seitdem brannte die Milch nicht mehr an.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 349 2.
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«Auf eine Zeit sei seine arme Mutter zu ihm gekommen, um ihren hungrigen Bauch mit Milch und «Süffi» (Schotte) zu füllen, der gottlose Sohn aber habe ihr Pferdeharn unter die Milchspeisen gemischt und mit so schlimmem Traktament wiederum abgefertigt.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 100 1.
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«Nach wenigen Tagen gab die Kuh rote Milch ... Sie sott, stupfte und zerrte dabei mit der Gabel in der Milch herum. Am nächsten Tage gab die Kuh wieder weisse Milch.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 136.
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 136.
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«Sie folgten ihm, und, als man ihn holte, da molk er sofort die Kuh, schüttete die Milch in ein Eisenchessli, stellte sie über das Feuer und rührte mit einer Kuhkette, in die er einen gesegneten Haselzwick verflochten hatte, die Milch. Da hörten sie ein entsetzliches Geschrei und Gejammer.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 134 1.
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«Will die Milch nicht buttern, und vermutet man dabei Zauber, so wirft man etwas Salz ins Butterfass.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 127.
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«Sogleich wurde die ganze schöne Alp in einen traurigen Firn verwandelt und die Kuh gab seither ganz „schwarz-zäggeti“ Milch.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 102 a.
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«Auch des Senns Mutter kam einmal mit dem Handbräntli, um Milch zu heischen. Aber der ungeratene Sohn gab ihr keine.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 102 b.
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«Nun wurde abgeschöpft, wobei er zu seinem fernern Erstaunen sah, dass dreierlei Süffi in die Geschirre gegossen wurde: rote, weisse und schwarze ... Die rote bedeute die unnütz gebrauchte und versudelte Milch während des Sommers; die weisse, dass sie die Kühe recht gemolken und mit der Milch recht umgegangen, und die schwarze, dass sie häufig in der Alp geschworen hätten.»
«Sie kamen in den Nidler und da waren drei Mutten voll Milch aufgestellt, weisse, rote, schwarze. Der ihn geheissen zu kommen, erklärte ihm die drei Sorten: „Die schwarze bedeutet, dass die Älpler beim unachtsamen Verschütten von Milch geflucht; die rote, dass manche bei dieser Gelegenheit zwar nicht geflucht, aber doch auch nicht gebetet; die weisse endlich, dass etliche dabei die Armen Seelen getröstet haben.»
«Es (das Gespenst) erwellte und zwar im gleichen Chessi dreierlei Milch, weisse, gelbe und schwarze. ... Ihre Bedeutung will ich dir offenbaren. Merke dir! Hat ein Älpler Milch ausgefällt (verschüttet) und tröstet er dabei die Armen Seelen, indem er spricht: Tröste Gott und erlöse Gott die Armen Seelen, so bleibt die Milch weiss; wenn er es unterlässt, die Armen Seelen zu trösten, so wird sie gelb; wenn er dabei gar flucht, so wird sie schwarz.»
«Das Gespenst sagte: „Ich habe drei Sorten Milch. Die erste ist jene, die von den Älplern unter Fluchen verschüttet worden ist; die zweite jene, bei deren Verschütten sie gebetet haben; die dritte ist die gerechte Milch, wenn du von ihr trinkst, kannst du schön johlen.»
«Rote, schwarze, weisse Süffi war in drei Mutten; er trank weisse und lernte johlen.»
«Er trank weisse Milch und lernte herrlich pfeifen.»
«Und nun erklärte das Ungeheuer die drei Sorten: Die weisse Milch ist die gerechte; die rote jene, die die Sennen aus Unachtsamkeit verschütten, indem sie aber dabei die Armen Seelen getröstet haben; die schwarze ist jene, die von den Sennen unter Fluchen und Schwören versudlet worden ist. Der Geist verschwand, und der Bub eilte mit seinem Melkstuhl bergab.»
«In der einen Mutte war die Milch schwarz (blau), in der andern rot und in der dritten weiss. ... „Die schwarze (die blaue) Milch ist jene, die versudlet und mit den Füssen zertreten (värschorrt uder värstampfet) wird; die rote ist jene, die unter Ausstossen von Fluchworten versudlet wird.»
«Drei Sorten Milch in drei Melchteren, graue, weisse und blaue oder schwärzliche.»
«Und sie schöpften mit dem Napf aus dem Wellchessi dreierlei Süffi, rote, schwarze und weisse und fragten, von welcher er trinken wolle.»
«Jetzt standen drei Mutten voll Milch da, in der einen war rote, in der andern graue und in der dritten weisse Milch.»
«Statt eines einzelnen Geistersennen werden auch drei genannt, die in drei Alpkesseln, jeder eine der drei Sorten Milch, rote, schwarze, weisse erwellten.»
«Da schöpfte der Senn aus dem „Wellchessi“ Milch in drei Mutten, und zwar war die Milch in dem einen Geschirr weiss, in dem andern rot und im dritten grün.»
«Drei Gesellen mit drei Sorten Süffi: blaue, schwarze, rote, aber keiner weissen, waren da, sonst hätte der Bub selbstverständlich von dieser getrunken.»
«Die drei Sorten Milch: Die rote bedeutet, dass sie Milch verschüttet hatten, ohne dabei die Armen Seelen zu trösten; die schwarze, dass sie dabei geflucht, und die weisse, dass sie dabei die Armen Seelen getröstet.»
«Drei Gesellen in der Hütte, die in drei Mutten je eine Sorte Milch anerboten und je eine Gabe: stark oder reich zu sein oder schön zu johlen.»
«Der Handknab folgte, und sie stellten ihn vor die Wahl, von der weissen, blauen oder roten Milch zu trinken. ... „Du hast mich erlöst. Hättest du nicht die weisse Milch gewählt, so hätten dich die zwei Sennen zerrieben, wie ich diesen Stein zerreibe.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 916-921.
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«Es gelang ihnen, ein junges, glänzendweisses Ziegenböcklein zu erwerben; das zogen sie fünf Jahre mit Milch auf, und dann ritt einer der Söhne auf dem gewaltigen Tiere rückwärts in den Stall und hob den Schatz.»
Müller Josef, Sagen aus Uri, Sage 395 4.
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DAS NACHSCHLAGEWERK
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Zeichen und Handlungen
des Volksglaubens und der Volksfrömmigkeit
in Uri
Walter Bär-Vetsch, Altdorf
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