Register der Volksfrömmigkeit
Pate, Patin (Patenschaft)
Am Tag der Taufe war es noch in den 1930er Jahren üblich, dass man Pate und Patin mit hübsche Götti und hübschi Gotte anredete. Das Patensein nannte man hibsch syy. Wer als Pate oder Patin gefragt wurde, sagte, er/sie ging ga hibsch syy.
Die Wahl der Paten war eine heikle Angelegenheit, denn mit der Wahl wurden verwandtschaftliche Beziehungspflege und ein Patronagesystem über die Familie hinaus aufgebaut. Patenschaften verstärkten die Freundschaft zwischen den Familien. Nicht nur verpflichteten sich die Patinnen und Paten zur christlichen Erziehung des Täuflings, im Unglücksfall ersetzten sich auch die Eltern. Ledige oder kinderlose Personen wurden häufig als Paten beigezogen. Starb ein Kleinkind, nahm man seine Paten wieder für ein folgendes Kind. Bis ins 20. Jahrhundert hinein bestand die Sitte, dass für Erstgeborene die Paten von deren Eltern, sofern sie noch lebten, als Taufpaten gewählt wurden. Im Schächental bestand die Sitte, dass der Ortspfarrer beim zehnten Kind einer Familie als Taufpate amtete. Manchmal war der Pfarrer beim neunten Kind Pate. Hier war vielleicht eine ungetaufte Frühgeburt mitgezählt worden. Der Pfarrer durfte aber nicht als Taufpriester und Taufgötti zugleich amten. Entweder nahm dann der Pfarrhelfer oder ein anderer Priester die Taufe vor, oder es stellte sich ein Statthalter-Götti (vielfach der Sigrist) zur Verfügung.
Wer als Pate oder Patin angefragt wurde, gab nur in äusserst seltenen Fällen einen abschlägigen Bescheid. Ein Ja war nicht nur in menschlicher Rücksichtnahme begründet, sondern auch in persönlicher Vorsicht. Wenn jemand als Taufpate gefragt wurde, sagte er nie nein. Eine Absage konnte Unglück in die eigene Familie bringen.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 442 ff. Literatur: Muheim-Büeler Josef, Domus, S. 329; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 338.
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