Register der Volksfrömmigkeit
Tellenfahrt zur Tellskapelle in Sisikon
Uri kennt keine eigentlichen Schlachtjahrzeiten, an denen in einer Gedächtnisfeier mit einer heiligen Messe und einer obrigkeitlichen Ansprache der Gefallenen gedacht wird. Doch seit 1561 pilgert das Urner Volk mit den Behörden alljährlich zur Tellskapelle nach Sisikon. Die dortige Kapelle ist dem heiligen Sebastian, dem alten Schützenpatron, geweiht. Bis 2010 fand diese Fahrt stets am Freitag nach Auffahrt – dem Tellenfreitag – statt. Wegen des verlängerten Wochenendes über Auffahrt wird der Anlass heute eine Woche früher, am Freitag nach Pfingsten, durchgeführt. Der Brauch geht auf eine Stiftung der Dreifaltigkeitsbruderschaft von Altdorf zurück. In Erinnerung an Wilhelm Tell, Werner Stauffacher und Arnold von Melchtal, den Gründern der Eidgenossenschaft, sowie an alle für Gott und die Freiheit Gefallenen soll, wie es im Stiftungsbrief heisst, jedes Jahr am Freitag nach Auffahrt in der Tellskapelle am See ein Gedächtnis gehalten werden. 1884 – in einer Zeit, als die Tellsgeschichte zum Verdruss der Urner immer mehr angezweifelt wurde, erklärte der Landrat die Prozession zur offiziellen Landeswallfahrt und bestimmte, dass die Kosten künftig der Kanton übernimmt. Früher ging die Prozession zu Fuss bis Flüelen, dort stieg man in den Urnernauen und fuhr bis zum Tellen, wo Predigt und Hochamt gehalten wurde. Als das Dampfschiff aufkam, wurden die Urnernauen abgelöst, der Kreuzgang aber blieb. Bis 1965 pilgerte man zu Fuss von Flüelen nach Sisikon. Heute fahren die Pilger und die Behördenmitglieder mit dem Schiff von Flüelen zur Tellsplatte. Vor dort marschiert man in feierlichem Zug zur Tellskapelle, wo jedes Jahr ein anderer Kirchenchor aus einer Urner Gemeinde den Gottesdienst musikalisch begleitet. Wie bei der Landeswallfahrt nach Einsiedeln oder Sachseln hält auch hier der Landammann eine Ansprache, die mit dem Verlesen der Namen der in einer der zahlreichen Schlachten gefallenen Urner endet. Nach der nächtlichen Rückfahrt mit dem Schiff nach Flüelen trifft man sich in einer der Flüeler Gaststätten zum traditionellen, vom Kanton offerierten Chäschüechli-Essen.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 553.
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