Register der Volksfrömmigkeit
Versehgarnitur
Versehgarnituren wurden im Dialekt auch «Verwaarzigg» genannt. Verwaarä bedeutete, jemandem die Sterbesakramente zu überreichen – was ausserordentlich wichtig war zu Zeiten, in denen man nichts so sehr fürchtete wie einen schlechten Tod. Anders als heute war der schlechte Tod einer, der einen plötzlich, unvorbereitet ereilte. Man wollte von ihm nicht im Zustand der Sündhaftigkeit überrascht werden. Dass Utensilien für die Darbringung der Sterbesakramente bei Bedarf gleich zur Hand sein mussten, war deshalb entscheidend für seinen letzten Kampf des Sterbenden mit dem Teufel, für sein Seelenheil nach seinem Tod. In Todesanzeigen las man daher oft «versehen mit den heiligen Sterbesakramenten».
Im 19. Jahrhundert leisteten sich katholische Haushalte wenn möglich den Kauf einer eigenen Versehgarnitur. Versehgarnituren wurden an den Volksmissionen an Devotionalienständen verkauft. Junge Eheleute liessen sich eine solche zur Hochzeit schenken. Diese war Zeichen für die allgegenwärtige Präsenz des Todes im Leben. Sie wurde auch verwendet, wenn eine Person im Haushalt krank oder bettlägerig war und der Priester die Krankenkommunion vorbeibrachte oder in der Wohnung eine heilige Messe las. Eine Versehgarnitur liess sich wie ein kleiner Hausaltar rasch auf dem Tisch aufstellen und enthielt das für das Ritual notwendige Zubehör, damit der Priester nahe beim Kranken eine heilige Messe lesen, die Krankensalbung oder die Sterbesakramente erteilen konnte.
Fast in jedem Hause hatte man eine Versehgarnitur. Sie bestand wesentlich aus einem Kruzifix, zwei Kerzenstöcken mit Kerzen, einem Weihwassergefäss und einem Gefäss mit Watte und Salz zur Reinigung der Hände des Priesters nach der Ölung. Meist gehörte auch ein weisses (oft besticktes) kleines Tischtuch dazu, mit dem man das Verwahrtischchen bedeckte. In vielen Häusern gehörte die Versehgarnitur seit Generationen zum unentbehrlichen Bestand des Hauses. Die Versehgarnitur hatte in jedem Haus seinen bestimmten Aufbewahrungsort. Kerzen dazu, meist bunt dekoriert, brachte man bei Bedarf von Wallfahrten heim.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 598 ff. Literatur: Lehner Esther, Sterben und Tod, S. 99 f.; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 425.
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