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Weihwasser
   
Dem Wasser kam in den Religionen eine besondere Bedeutung zu: als Aufenthaltsort von Gottheiten, als Urmaterie oder als Leben spendende Kraft. Aus der jüdischen Tradition übernahm das frühe Christentum bei religiösen Handlungen die kultische Reinigung durch gesegnetes Wasser. Für die Kirche war das Wasser Symbol der Reinheit, Läuterung und Gnade. An Gnadenstätten traf man häufig auf Quellen mit heiligem Wasser. Weihwasser galt als heilkräftiges Allerweltsmittel für Mensch und Tier sowie gegen Gewitter.163 Geweihtes Wasser wurde für Gesten des Segens benötigt, mit Weihwasser bekreuzigte man sich, um Schutz und Hilfe zu erflehen. Weihwasser verwendete der Priester in der Kirche und die Gläubigen daheim. Zum Aufbewahren wurden spezielle Weihwassergefässe geschaffen.

Erst durch eine Segnung des Priesters wurde Wasser zu geweihtem Wasser, dem heilbringende und unheilabwehrende Kräfte zugetraut wurden. Unter Weihwasser verstand das Volk das vom Priester gesegnete und zum Mitnehmen in der Kirche bereitstehende Wasser. Dieses wurde regelmässig am Sonntag eine Stunde vor dem Hauptgottesdienst gesegnet. Als Weihwasser mit besonderer Weihe galten Oster- und Pfingstau und das Dreikönigswasser. In Familien war es üblich, dass man Weihwasser im Hause hatte.

Dem Wasser kam in der katholischen Kirche besondere Bedeutung zu: Der Priester wusch seine Hände vor dem Messopfer mit Wasser. In der Wandlung wurden Wein und Wasser zum Blut Christi. Bei Segnungen besprengte der Priester die Gläubigen oder die bereitgestellten Gegenstände (zu segnendes Brot, Kerzen) oft mit Wasser, als Motiv der Tauferneuerung. Die Täuflinge wurden mit Wasser getauft (erinnert an die Taufe Jesu im Wasser des Jordan). Die Verwendung von geweihtem Wasser war seit dem 6. Jahrhundert bekannt, dürfte jedoch schon vorher üblich gewesen sein.

Häufig wurde auch Wasser von Gnadenorten verwendet, z. B. Lourdeswasser, das am Wallfahrtsort in Kunststoffbehältern mit Madonnenform oder gleich kanisterweise gekauft wurde.

In vorchristlicher Zeit hiess der Kult um das Wasser Heilwag. Das bedeutete: Wasser zu heiligen Zeiten. Das Wasser musste um Mitternacht oder vor Sonnenaufgang in aller Stille geschöpft werden. Man durfte es nur in Gefässen aufbewahren, die nicht stehen konnten, man musste sie aufhängen. Damit wurde verhindert, dass das Wasser mit der Erde in Berührung kam. Mit dem heiligen Wasser besprengte man alles, was zum menschlichen Leben gehörte. Auch zu Heilzwecken fand es Verwendung. Mit wenigen Abwandlungen übernahm das Christentum den Kult. Das Heiligwasser wurde zum Weihwasser. Die heiligen Zeiten, in denen das Wasser geschöpft wurde, waren Ostern, Weihnachten, Silvester-Neujahr, Dreikönige, die Nacht auf den ersten Mai und die Johannisnacht. Der moderne Katholizismus fasste das Weihwasser als blosses Symbol auf, im Volke aber wurde es immer auch zu magischen Zwecken verwendet. Es galt als besonderes Wasser, denn Weihwasser faulte nicht. Man konnte es das ganze Jahr in Flaschen und Krügen aufbewahren. Es schützte vor Hexen und dem Teufel. Diese erkannte man auch daran, dass sie das Weihwasser nicht ertrugen. Man besprengte mit Weihwasser Haus und Stall, sich selbst, die Tiere, das Feld, die Alpen und heute auch die Fahrzeuge. Bei der Beerdigung besprengte jeder Teilnehmende am Grab den Toten. Man machte dies, damit keine Geister in seine Nähe kamen. Zudem schützte dieses Ritual die Segnenden gegen alle Furcht vor dem Toten und dem eigenen Tod. Da man glaubte, dass Unwetter, Blitz und Hagel von Hexen und Unholden verursacht würden, spritzte man Weihwasser vor das Fenster oder stellte das Weihwassergefäss ins Freie. Gegen das Toggäli leerte man es in ein in der Schwelle angebrachtes Loch und verschloss dieses mit einem Zapfen. So verwehrte es diesem Plaggeist den Eintritt ins Haus. Zahnenden Kindern tauchte man den Saugpfropfen ins Weihwasser. Den Armen Seelen wurde bei verschiedenen Gelegenheiten Weihwasser gespendet, um ihnen die Qualen im Fegfeuer zu erleichtern. Vor dem ersten Auslassen des Viehs auf die Frühlingsweide spritzten die Bauern Weihwasser im Stall. Neugeborenen durfte man vor der Taufe kein Weihwasser geben.

Einen breiten Raum nahm das Weihwasser in Beziehung zu den Armen Seelen ein. Vor dem Schlafengehen machte man sich und den Kindern mit Weihwasser zur Segnung ein Kreuzzeichen auf die Stirn. „Dä Armä Seelä z Hilf und z Trooscht“ liess man drei Tropfen auf den Boden fallen. Auch bei älteren Personen war es brauchtümlich, dass sie beim Eintritt in die Kirche nicht einfach Weihwasser nahmen, um sich damit zu bekreuzen, sondern dass sie mit dem Finger dreimal Weihwasser auf den Boden spritzten. Man tat dies für die Armen Seelen. Auf den Gräbern spritzte man mit dem Weihwasserspritzer in der gleichen Art. Bei frommen Menschen war bisher auch das Von-Grab-zu-Grab gehen und damit verbunden das Weihwasserspritzen brauchtümlich. Wenn man auf einem Grab Weihwasser spritzte, sagte man „Zu Hilf und Trost der Armen Seelen“. Wenn man am Abend zur Ruhe ging, spendete man den Armen Seelen Weihwasser, desgleichen wenn man eine Friedhof betrat, ebenso wenn man ging. Gebet und Weihwasser linderten die Pein der Armen Seelen.

Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 630 ff. Literatur: Schütz Markus, Gebrauchsgegenstände zum Glauben, S. 131 f.; Kälin Detta, Zauberwahn und Wunderglauben, S. 36; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 440 f.; Niederberger Hanspeter, Hirtler Christof; Geister, Bann und Herrgottswinkel, S. 97; Imfeld Karl, Volksbräuche und Volkskultur in Obwalden, S. 90.

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Walter Bär-Vetsch, Altdorf

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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019