Register der Volksfrömmigkeit
Zeichäli, Zeieli
Zeichäli waren Gnadenpfennige oder die Wallfahrtsmedaillen. Sie versprachen Schutz noch über die Wallfahrt hinaus. Sie waren Zeichen oder Beweis dafür, dass man die Wallfahrt tatsächlich unternommen hatte. Die frühen Wallfahrtsabzeichen – die bis ins 16. Jahrhundert gebräuchlichen Pilgerzeichen – wurden deshalb sichtbar getragen, an den Hut oder an das Wams angenäht, an den Wanderstock genagelt. Bei den frühesten Zinn-, Blei- oder Bronzegüssen der Pilgerzeichen waren die dafür nötigen Ösen gleich mitfabriziert. Solche Zeieli hatten oft enorme Auflagen.
Oft wurden die Pilgerzeichen dem Pilger nach seinem Tode ins Grab gegeben. Sie wurden bei drohendem Hochwasser in die Flüsse geworfen, was wiederum nicht bloss als Volksaberglauben abgetan werden durfte, sondern was von höchsten Stellen vorgelebt wurde: Schon Papst Pius V bewahrte die Stadt Rom im 16. Jahrhundert dadurch von einer Überschwemmung, dass er ein Agnus Dei in den Tiber warf. Jedenfalls wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts auffallend viele Pilgerzeichen gefunden, als vielerorts Flusskorrekturen vorgenommen wurden. Einige Pilgerzeichen kannte man nur deshalb, weil an vielen Orten in die Giessformen der Glocken Abdrucke von Pilgerzeichen eingebracht und mit abgegossen wurden – dies ein Hinweis darauf, wie wichtig die Kraft des Wallfahrtszeichens war, die Gnadenwirkung der Wallfahrtsstätte zu transportieren: Man vertraute ihr sogar die Kirchenglocken an.
Die gesegnete Devotionalie wurde an der Halskette getragen, ans Bätti gehängt oder in den Geldbeutel gelegt. Der Segen war es, worauf man vertraute, das Amulett selber war nur der physische Träger. Ob es sich beim Amulett um eine kostbare Medaille handelte oder um ein Zeieli aus Aluminium, tat, von der volkskatholischen Substanz her betrachtet, nichts zur Sache. Die Weihe war es, die die Schutzfunktion ausmachte.
Die ursprünglich überwiegend in Bronze und Messing, seltener in Silber und Kupfer und später vor allem in Neusilber, Aluminium und auch in Gold geprägten Medaillen zeigten in der Regel auf einer S. das Gnadenbild oder eine Darstellung eines Heiligen. Wurden die Medaillen zunächst in den Klöstern geprägt, so übernahmen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Prägeanstalten die Produktion. Besonders heil- und schutzkräftig war der Benediktuspfennig. Sehr verbreitet war die wundertätige Medaille von der unbefleckten Empfängnis Mariä. Ihre Entstehung ging auf Erscheinungen der 1947 heilig gesprochenen Schwester Catherine Labouré aus Paris zurück, der die Muttergottes 1830 den Auftrag erteilte, dass sie nach dieser Erscheinung eine Medaille prägen lassen sollte. Wer sie trug, erlange grosse Gnaden.
Zeieli aus Einsiedeln oder einem andern Wallfahrtsort trug man als Amulett um den Hals. Es war ein kostbares Geschenk aus edlem Material, meist aber nur ein billiges Massenprodukt aus Aluminium. Viele Menschen trugen sie auch im Geldbeutel, Christophorusmedaillen sah man in vielen Autos am Armaturenbrett. Es war der Glaube, dass die Segenskraft durch Gegenstände übertragen wurde. Nach der Geburt wurde dem Kind ein gesegnetes Zeieli ans Bettchen geheftet. Wenn das Hochwasser drohte, warfen Leute Zeieli in das steigende Wasser.
Autor: Bär-Vetsch Walter, Aus einer anderen Welt, S. 659 f. Literatur: Schütz Markus, Zeieli – über die Wallfahrtszeichen, S. 78 f.; Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 31, 453 f. Wunderlin Dominik, Mittel zum Heil, S. 54; Kaiser Lothar Emanuel, Zeichen religiöser Volkskultur, S. 35.
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NACHWEISE
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VOKLSGLAUBEN
DAS NACHSCHLAGEWERK
Kraft aus einer anderen Welt
Zeichen und Handlungen
des Volksglaubens und der Volksfrömmigkeit
in Uri
Walter Bär-Vetsch, Altdorf
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