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Andachtsbild, kleines («Hèlgäli»)
   
Kleine Andachtsbilder waren visiten- bis postkartengrosse, mit prägnanten religiösen Motiven versehene Bilddrucke. Sie wurden mit verschiedenen Drucktechniken hergestellt und waren vom 17. bis ins 20. Jahrhundert weit verbreitet.41 Als Stiftungen und gute Werke, besonders als Erinnerung oder gar als Mahnung, die Gebete für die Seelen der Toten nicht zu vernachlässigen, waren Andachtsbilder als Aufruf zur betenden Erinnerung gedacht. Sie transportierten eine Bitte um Gnade für die Seele des Verstorbenen.

Die ersten gestochenen oder geschnittenen Spitzenbilder spielten im religiösen Volksleben eine unbedeutende Rolle. Es gab nur wenige Leute, die persönliche oder gesellschaftliche Beziehungen zu einem Frauenkloster, zu einem Geistlichen oder einer Klosterfrau hatten, die der Kleinkunst der Andachtsbilder nahe stand. Diese Bildchen fanden nur ausnahmsweise den Weg unters Volk. In grösserem Umfang verbreiteten sich die Andachtsbilder, als sie maschinell hergestellt und als Massenprodukt vertrieben wurden. Grossverlage und Bilddruckereien (z.B. Benzinger-Verlag in Einsiedeln), aber auch lokale Drucker (z.B. Anton Gisler im Suworowhaus in Altdorf, Käslische Lithografie in Altdorf) versorgten den regionalen Markt mit Andachtsbildchen. Entsprechend vielfältig war ihre Gestalt. Dabei kamen verschiedene Druck-, Stanz-, Präge- und Verzierungstechniken zum Einsatz. Fast allen Andachtsbildern gemeinsam war, dass sie sich auf prägnante Motive beschränkten. Sie zeigten meist Bildnisse von Jesus, Maria, Josef, von Engeln oder lokalen Heiligen.

Andachtsbilder bekam oder kaufte man zu verschiedenen Gelegenheiten. Oft gab der Dorfpfarrer die Bilder ab – viele von ihnen waren auf der Rückseite mit Gebeten bedruckt (Gebetszettel). Kinder erhielten sie als Belohnung für gute Leistungen in der Kinder- oder Christenlehre (Fleissbilder), bei der Weihe eines Priesters dienten sie der Erinnerung oder als Quittung dafür, dass man gespendet hatte (Primizbilder), oder man kaufte sie bei Volksmissionen in der Pfarrei oder als Wallfahrtsandenken beim Devotionalienhändler. Als Wallfahrtsbildchen zeigten sie oft eine Reproduktion eines am Wallfahrtsort hängenden Gemäldes des oder der verehrten Heiligen (meist Maria). Sie versprachen besonderen Schutz, aber nur, wenn sie mit dem ursprünglichen Gemälde in Berührung gekommen und gesegnet waren. Gesegnet und angerührt war hier die Formel, die oft mit auf das Bild gedruckt wurde und versprach, dass das Bild tatsächlich die Kraft des Wallfahrtsorts transportierte. Natürlich gab es auch Fälschungen.

Auf dem Land trugen die Kapuziner ganze Stösse von «Hèlgäli» in ihren Kutten, wenn sie von Haus zu Haus zogen, um Almosen zu sammeln. Kinder gaben einem Geistlichen damals auf der Strasse noch die Hand. Die Kapuziner belohnten diese Geste mit einem «Hèlgäli».

Andachtsbilder gehörten bei frommen Personen zu den beliebten Geschenken, meist mit einer Widmung oder einem Sinnspruch versehen. Der Pate und die Patin schenkten die «Hèlgäli» Patenkindern als «Tauf-Hèlgäli», zur ersten heiligen Kommunion oder Firmung. Man übergab sie aber auch Erwachsenen bei besonderen Anlässen und Namenstagen (meist mit dem Namenspatron darauf.

Im religiösen Alltagsleben der ansonsten an Bildern armen Zeit spielten die Andachtsbildchen eine wichtige Rolle. Man legte sie in die Gebetbücher, um sie während des Gottesdienstes zu betrachten. Jugendliche betrieben mit den «Hèlgäli» einen regen Tauschhandel, meist während des Gottesdienstes in der Kirche. «Hèlgäli» hingen aber auch dort an der Wand, wo man Hilfe oder besonderen Schutz erwartete: in der Stube beim Herrgottswinkel, wo die Bilder beim Hausaltar als Gebetshilfen dienten; im Schlafzimmer, wo sie über den Schlaf wachten, während man sonst schutzlos bösen Mächten ausgeliefert war; im Stall, wo sie gegen Brände und Viehkrankheiten schützten.

Autor: Bär-Vetsch Walter, Kraft aus einer andern Welt, S. 35 ff. Literatur: Schütz Markus, Andachtsbilder, Seite 149 f. Zihlmann Josef, Volkserzählungen und Bräuche, S. 33 f.

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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.6.2019