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Von der Drei- zur Zwei- und Spezialnutzung



Funktion, Milchproduktion

Das Kalb erhält von der Milch der Mutterkuh nur einen relativ kleinen Anteil, der grosse Rest wird vom Bauern gemolken und in den Molkereien abgeliefert. In den ersten Tagen nach dem Abkalben ist die Milch («Biämst») jedoch nicht geniessbar. Sie enthält für das Kalb lebenswichtige Inhalts- und Abwehrstoffe. Ein Kalb braucht in den ersten 2 bis 3 Monaten täglich 5 bis 8 Liter Milch. Die Milchration wird dann kontinuierlich vermindert ehe im Alter von 5 bis 6 Monaten endgültig auf die Fütterung mit Gras, Heu und Getreide umgestellt wird. Männliche Kälber (Stierkälber) werden vor allem für die Mast verwendet. Nach 3 bis 4 Monaten sind sie schlachtreif und werden zu Kalbfleisch verarbeitet. Weibliche Kälber (Kuhkälber) wachsen zum Rind heran.
Die Milchleistung einer Kuh ist abhängig von Rasse, Alter, Entwicklung, Gewicht, Körperbau und individueller Veranlagung. Einen wesentlichen Einfluss auf die erzielte Milchmenge hat auch die Fütterung. Um 1900 betrug der Milchertrag einer Kuh im Durchschnitt im Tag 5 Liter (morgens und abends zusammengerechnet). Beim Braunvieh haben die Kühe heute ab der dritten Laktation – also nach dem dritten Kalb – ihre Höchstleistung erreicht. Kann in der ersten Laktationsperiode bei einer guten Kuh mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 20 bis 25 Kilogramm pro Tag gerechnet werden, sind es nach dem dritten Kalb zwischen 25 und 35 kg pro Tag.
Im Alter von zwei bis drei Jahren bringt eine Kuh ihr erstes Kalb zur Welt. Nun wird sie zur Milchlieferantin: Während den nächsten zehn Monaten wird sie täglich zwei- bis dreimal gemolken. Innerhalb dieser im Fachjargon «Laktation» genannten Zeit steigt ihre Milchleistung zuerst an und nimmt dann nach ungefähr sechs Wochen langsam wieder ab. Nach rund zehn Monaten wird die Kuh «trocken gestellt». Der Bauer hört mit dem Melken auf und reduziert die Fütterung. Nun braucht die trächtige Kuh all ihre Reserven für ihr in rund acht Wochen zur Welt kommendes Kalb. Im Normalfall bringt die Kuh alle 12 bis 14 Monate ein Kalb zur Welt und liefert während einer Laktation 7'100 Kilogramm Milch. Spitzenkühe erreichen eine Milchleistung von über 10'000 Kilogramm. Eine gute Kuh gibt über zehn Jahre Milch.

Früher mussten die Kühe von Hand gemolken werden. Ein anstrengender und langwieriger Vorgang. Die Foto von Michael Aschwanden zeigt drei Melker in der Staffelalp im Maderanertal um 1910. Mit der Melkmaschine konnte die Melkzeit verkürzt und die Handarbeit auf ein Minimum reduziert werden. Doch ganz ohne geht es auch heut zumeist noch nicht. Vor dem eigentlichen Melkvorgang wird das Euter kurz massiert (auch «Anrüsten» genannt). Vor allem in Betrieben mit Laufställen werden Kühe immer häufiger in einen Melkstand geführt. Die Schweizer Bauern melken im Jahr 4. Milliarden Liter Milch! Das sind rund 525 Liter pro Kopf. Vier Fünftel der Milch werden weiterverarbeitet zu Käse, Butter, Rahm, Joghurt oder Milchpulver.

Literatur: Gisler-Jauch Rolf; Die Geschichte des Rindviehs in Uri, in: Historisches Neujahrsblatt Uri 2017/18, S. 9 ff. Foto: Melker an der Arbeit auf der Staffelalp im Maderanertal (Foto Michael Aschwanden; Staatsarchiv Uri Slg Bilddokumente 123.06-BI-37116).

   
   



Funktion, Fleischmast

Das Braunvieh ist eine typische Zweinutzungsrasse. So wurden und werden nebst der Milchproduktion Schlachtkälber oder Schlachtvieh gemästet. Mit den zunehmenden Verwertungsproblemen richteten einige Bauern ihren Betrieb seit den 1990er-Jahren ganz auf die Rindviehmast aus. Die einen Tiere werden bereits als Kälber im Alter von rund fünf Monaten geschlachtet (Kälbermast), andere nach 12 bis 20 Monaten (Grossviehmast).

In der Fleischproduktion bietet sich die Mutterkuhhaltung an. Sie ist eine natürliche, arbeitsextensive Rinderhaltungsform, bei der das Kalb an der Kuh zwischen 5 bis 10 Monate verbleibt. Die Kuh wird nicht gemolken. Ziel ist es, jedes Jahr ein gut entwickeltes Kalb von der Mutterkuh absetzen zu können. Im Winter werden die Kühe im Stall gehalten, den Rest des Jahres verbringen sie auf der Weide oder auf der Alp.

Die Produktionsverfahren unterscheiden sich. Bei der Produktion von «Absetzern» werden die Kälber nach dem Absetzen zur Weitermast (fremder Mast- oder Mutterkuhbetrieb) oder zum Schlachten verkauft. Bei der Ausmast im Eigenbetrieb werden die Kälber eine gewisse Zeit im eigenen Betrieb weiter gehalten und dann zum Schlachten im Rahmen eines Markenprogramms (Natura Veal, Natura Beef) oder als Direktvermarkter verkauft. Beim Zuchtbetrieb werden reinrassige Muttertiere und Deckstiere als Zuchttiere aufgezogen und verkauft. Die Produktionsverfahren sind kombinierbar oder finden sich in einer gemischten Form wie bei der Fleischproduktion mit Eigenzucht.

Quelle: Gisler-Jauch Rolf, Text Ausstellung «Uris Rindviecher» im Historischen Museum Uri (2017).

   
   



Funktion, Zugkraft

Der Ochse ist das kastrierte männliche Rind. Nur mittels Kastration war es möglich, die gegenüber dem weiblichen Rind viel grössere Arbeitskraft des Stiers für menschliche Zwecke zu nutzen. Zur Kastration wurde früher die Kastrationszange benutzt.
Normalerweise erfolgt die Kastration lange vor der Geschlechtsreife der Tiere etwa im Alter von einigen Wochen bis wenigen Monaten. Da sich bei kastrierten Tieren die Wachstumsfugen später schliessen, wachsen Ochsen deutlich länger als Stiere und erreichen dadurch eine Grösse, welche diejenige eines gewöhnlichen männlichen Rindes derselben Rasse übertrifft. Ochsen zeigen einen muskulöseren Wuchs als Kühe, jedoch einen geringeren als Stiere.
Im Gegensatz zum unkastrierten männlichen Rind, dem Stier, liess sich ein Ochse gut abrichten und eignete sich damit in der Landwirtschaft als Zug- und Arbeitstier.
Mit der Verbreitung des Traktors Anfang der 1960er-Jahre wurde die Zugleistung des Rindviehs überflüssig.

Bruchochsen
Der Gotthardpass wurde bis zur Eröffnung der Gotthardbahn im Jahre 1882 auch im Winter befahren. Das Offenhalten der Strasse (Scheebruch) war eine äusserst gefährliche Arbeit und erforderte unvorstellbar grosse Kräfte. Dabei kamen auch die so genannten Bruchochsen zum Einsatz.
Oft war es nicht leicht, den richtigen Pfad zu finden, da die vier bis fünf Meter hohen Markierungsstangen in den riesigen Schneemassen spurlos verschwanden. Nach Feststellung der richtigen Fahrlinie wurden die beiden Bruchochsen durch den Schnee geführt. Der Erste stapfte ohne Schlitten voran. Ihm folgte der zweite Ochse, der mit einem leeren Schlitten die Fahrbahn abzeichnete. Das Übrige besorgten die nachkommenden Wegknechte und leichter beladene Schlitten. Je mehr Ochsen und Schlitten durchzogen, desto besser und schneller war die Fahrbahn wiederhergestellt.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die Bruchochsen von Pferden abgelöst.

«Zwick-Mänä»
Zwillings- und Mehrlingsgeburten sind beim Rindvieh selten, kommen aber immer wieder vor. Bei Zwillingsgeburten, bei denen eines der Zwillingskälber ein Stier ist, verhindert der sich entwickelnde Hormonhaushalt des Stierkalbs über die Verbindungen der Blutgefässe der beiden Mutterkuchen bei seiner Zwillingsschwester die vollständige Ausbildung der Eierstöcke. 95 Prozent der weiblichen Kälber aus zweigeschlechtlichen Zwillingsgeburten sind unfruchtbar.
Heute wird die «Zwicke» als Mastkalb verwendet. Früher wurde die «Zwick-Mäni» als Zugtier benutzt, da diese Tiere – vergleichbar dem Ochs – kräftiger als die Kuh, jedoch ruhiger als der Stier waren. Diese Tiere wurden früher zum Teil auch aufgezogen und gealpt.
Doch die Zwicke war selten. Man stellte auch Rinder vor den Wagen. «Mänä» wurde allgemein als Zugtier gebraucht. Auf dem Urnerboden gab es sogar ein «Män-Recht». Dieses besagte, dass man im Winter mit Zugtier und Schlitten über die Liegenschaft durfte..

Quelle: Gisler-Jauch Rolf, Text Ausstellung «Uris Rindviecher» im Historischen Museum Uri (2017); Foto: Heuet im Isenthal (Foto Aschwanden, um 1940; StAUR Slg Bild-dokumente 291.05-BI-39057).

   
   

 
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 1.3.2018