Der Urner Münzkatalog
20 Franken (Frauenkopf «Vrenäli»)
1897-1949
Gold
Ende des 19. Jahrhunderts schrieb das Eidgenössische Finanzdepartement einen Wettbewerb zur Schaffung einer neuen Goldmünze aus. Die Jury mit dem Maler Albert Anker wollte keinen ersten Preis verteilen, da die Wettbewerbsbedingungen nicht voll respektiert worden seien. Am besten gefiel noch das Modell des Neuenburger Medailleurs Fritz Ulisse Landry (1842-1927). Die Jury fand seine Helvetia jedoch zu jung, zu individuell, zu schwärmerisch und regte an, dass der Künstler den Entwurf überarbeiten und dabei die Gesichtszüge reifer und mütterlicher gestalten sollte. Kritisiert wurde auch die Gebirgskulisse im Hintergrund, die man als zu mächtig empfand. Der Bundesrat sprach dann dem Modell von Landry den ersten Preis zu.
Im Herbst 1895 legte Landry ein neues Modell vor; die Züge der jungen Frau wirkten etwas reifer, die Haare waren nun durch einen Zopf gebändigt, um die Schultern trug die Helvetia einen Kranz von Edelweiss statt von Rhododendron-Zweigen. Die Jury diskutierte den neuen Entwurf ausführlich und empfahl ihn schliesslich dem Bundesrat zur Ausführung, jedoch nicht ohne zu verlangen, dass dabei der Horizont der Berge im Hintergrund herabgesetzt werden müsse.
Als diese neuen 20-Franken-Goldstücke in Kurs gelangten, wurden sie von Fachleuten einer starken Kritik unterzogen. Die Heimat, sollte nicht durch ein junges Mädchen dargestellt werden. Die Helvetia sollte eine schöne Frau und Mutter sein, zwischen Jugend und gereiftem Alter. Es wurde gesagt, dass man sozusagen offiziell den Irrtum propagiere, das Schweizervolk setze sich nur aus Hirten und Hoteliers zusammen. Die Berge würden nur eine untergeordnete Rolle spielen und das Volk lebe zum grössten Teil im Flachland. Überhaupt hätte man es begrüsst, wenn man die Berge aus dem Münzbilde weggelassen hätte. Bei der Bevölkerung fand die neue Münze jedoch eine sehr gute Aufnahme.
Vrenälis frivole Stirnlocke
Kurz vor der Prägung im Jahre 1897 bemängelte ein besorgter Magistrat die ersten Probeprägungen. Die Stirnlocke gebe «dem Frauenzimmer ein frivoles Aussehen», was mit der Würde einer Personifikation der Schweiz nicht zu vereinbaren sei. Bei der definitiven Prägung wurde deshalb die Stirnlocke weggelassen.
Die Vorderseite des «Gold-Vrenäli» zeigt das Kopfbild eines Mädchens mit einer Edelweisskette. Die Rückseite bietet den Wappenschild (mit Schweizerkreuz), Wertangabe und Jahreszahl mit Münzzeichen B. Das 6,45 g schwere 20 Franken-Goldstück (900 / 1000 fein) wurde zwischen 1897 und 1949 geprägt.
Der Kosename «Vrenäli» bürgerte sich erst vor dem Zweiten Weltkrieg ein und tauchte 1943 erstmals gedruckt auf. Eine mögliche Erklärung ist, dass es sich bei der jugendlichen Helvetia-Darstellung von Landry eben mehr um ein «Vrenäli» als um eine Landesmutter handelt.
Als Folge der Weltwirtschaftskrise werteten ab 1931 die meisten Staaten ihre Währungen ab. Als Frankreich im Jahre 1936 diesen Schritt ebenfalls vollzog, wurde die wirtschaftliche Situation für die Schweiz kritisch. 1936 entschloss sich daher der Bundesrat, den Franken um rund 30 % abzuwerten. Als Folge dieser Massnahmen verloren die Goldmünzen, obwohl sie nicht ausser Kurs gesetzt wurden, faktisch ihren Kurswert. Der Goldwert des 20-Franken-Stückes stieg durch die Abwertung auf rund 28 Franken. Damit verschwand das «Vrenäli» vollständig aus dem Zahlungsverkehr und erhielt den Charakter einer Handelsware. Es wurde fortan vornehmlich als Sammel- und Geschenkobjekt gehortet.
Von 1911 bis 1922 wurde ein 10-Franken-Goldstück herausgegeben.Später wurden fünftausend 100 Franken «Vrenäli» geprägt.
1935 und der Buchstabe L
Um die stark angewachsenen Goldbestände abzubauen und um der grossen Nachfrage nach Goldmünzen gerecht zu werden, wurden von Februar 1945 bis April 1947 aus Goldbeständen der Schweizerischen Nationalbank 20-Franken-«Goldvrenäli» geprägt.
Die in diesen Jahren geprägten Münzen wurden mit der Jahrzahl 1935 versehen, um auszudrücken, dass sie den gemäss Münzgesetz erforderlichen Feingehalt aufweisen. Um diese Stücke von den 1935 geprägten unterscheiden zu können, stellte man der Jahrzahl 1935 den Buchstaben L (Lingot = Barren) voran. Rechts von der Zahl steht das Münzzeichen B. 1947 waren die Vorkriegsbestände erschöpft. Der Bundesrat beschloss, die nicht unumstrittene Vordatierung aufzuheben und den Buchstaben L vor der Jahrzahl wegzulassen. Die Münzen wurden nun mit der richtigen Jahrzahl versehen. Mit dem Ablauf des Fiskalnotrechts 1949 wurden auch die «Vrenäli»-Prägungen eingestellt.
Literatur: Schweizerische Eidgenossenschaft – swissmint, Das Goldvrenäli, Bern 2014.
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