Klösterliche Grundherrschaften in Uri
Kloster Wettingen
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Heinrich II. von Rapperswil erwarb 1227 für 660 Mark Silber am Unterlauf der Limmat in Wettingen ein Grundstück und stellte es dem Abt von Salem für eine Klostergründung zur Verfügung. Noch im gleichen Jahr zogen zwölf Mönche des Mutterklosters in die neue Niederlassung, welche der Muttergottes geweiht war und den Namen «Maris stella» (Stern im Meere) erhielt, um in Gebet und Arbeit nach der Regel des Zisterzienserordens ein gottgefälliges Leben zu führen. Heinrich II. versprach seiner Stiftung eine Ausstattung von 1300 Mark Silber. Als Zahlung für 300 Mark übertrug er dem Kloster in Anwesenheit der Landleute von Uri allen Grundbesitz samt den Leibeigenen in Uri, den er aus väterlichem Erbe und aus dem hinterlassenen mütterlichen Erbe seiner Tochter besass. Auch Gold und Silber schenkte der Freiherr, alles in allem schliesslich eine Ausstattung an liegendem und fahrendem Gut von über 2700 Mark Silber.
Für Uris Geschichte war die Gründung von Wettingen von besonderer Bedeutung. Die Rapperswiler verloren in Uri ihre Machtstellung teilweise, was das Aufblühen anderer politischer Kräfte, namentlich aus dem Kreise der Fraumünster Ministerialen, förderte. Die neue klösterliche Grundherrschaft führte ein straffes Wirtschaftsregiment und strebte nach weiteren Gütern und wachsendem Gewinn. Die Leibeigenen fühlten sich eingeengt, bekundeten Widerstand und strebten nach sozialer Emanzipation. Der wettingische Güterbesitz weitete sich im 13. Jahrhundert ständig Grundbesitz des aus. Auswärtige Klöster veräusserten ihren urnerischen Streubesitz. Auch in Uri wohnende oder auswärtige Adelsfamilien schenkten oder verkauften Wettingen Ländereien. Dies geschah sehr oft zum eigenen Seelenheil, zur Vergebung der Sünden, vor gefahrvollen Pilgerfahrten ins Heilige Land oder nach Santiago de Compostela. Manchmal wurden Güter aus Finanznot der geldstarken Abtei angeboten. Den bedeutendsten Güterzuwachs realisierte Wettingen 1290, als die Gräfin Elisabeth von Homberg, die Schwester und Erbin des 1283 verstorbenen Grafen Rudolf III. von Rapperswil, allen Besitz in Uri samt dem Turm in Göschenen der Abtei für 428 Mark Silber verkaufte. König Rudolf von Habsburg hatte die Gräfin beim Tode ihres Bruders arg bedrängt und die Reichsvogtei Ursern, die Einsiedler Lehen und die Rechte über die Grafschaft Rapperswil an sich gerissen. Elisabeths Klagen fruchteten wenig. Sie darbte seither in Schuldennot, weshalb sie sich zur Veräusserung der Urner Güter entschloss. Wettingen verkaufte zur Finanzierung des Erwerbes in Uri Güter und verschiedene Rechte im Raum Wädenswil für 400 Mark Silber.
Heinrich II. von Rapperswil kaufte nach 1220 Güter in Wettingen sowie das Patronatsrecht über die Kirche und schenkte sie dem Zisterzienserkloster Salem am Bodensee zugunsten einer Ordensniederlassung. 1227 schickte die Mutterabtei den Prior und zwölf Mönche nach Wettingen, welche Gebäude und Kirche aufzubauen begannen.
Der Konvent konnte von Anfang an den Besitz vermehren, so in Uri (bis 1359) sowie in Zürich und Basel. Bis 1415 war Habsburg Schirmherr, dann die eidgenössischen Orte. Die Schwäche der Äbte führte dazu, dass 1529 ein Grossteil der Mönche zum reformierten Glauben übertrat. 1507 brannte das Kloster. Nach dem 2. Kappelerkrieg (1531) verfügten die katholischen Orte die Rekatholisierung des Klosters Wettingen und ernannten bis 1564 die Äbte selbst. 1803 kam das Kloster Wettingen wie die ganze Grafschaft Baden an den neuen Kanton Aargau, dessen Regierung den Weiterbestand der Klöster zusicherte; das Kloster hatte dafür eine Schule zu führen. 1841 beschloss der Grosse Rat die Aufhebung aller aargauischen Klöster. Der Abt musste mit seinem Konvent das Kloster verlassen. Die Gebäude wurden 1843 dem aargauischen Lehrerseminar zur Verfügung gestellt.
Äbte von Wettingen (bis 1359)
- Konrad (1227) (vorher Prior von Salem)
- Heinrich von Murbach (1256–1261)
- Volker von Fulach (1278–1305)
- Ulrich Wolleb (1306–1308)
- Konrad von Müllheim (1310–1316)
- Heinrich von St. Gallen (1316–1324)
- Jakob von Schaffhausen (1324–1335)
- Eberhard von Tengen (1335–1337)
- Albrecht von Mengen (1338)
- Heinrich Sitti (1343–1351)
- Johann Murer (1351–1352)
- Berthold Tutz (1356–1358)
- Albrecht Hector (?) (1358–1379)
Das Gotteshaus dürfte an den Urner Ländereien vor allem wegen des besonderen Ertrags interessiert gewesen sein. Er bestand teilweise aus Käse und Ziger, aus Milchprodukten, welche die mittelländische Landwirtschaft kaum liefern konnte, und die daher besonders begehrt waren. Auch die Geldzinse waren beachtlich. Wettingen besass in Uri aber nicht nur Grundbesitz, sondern auch zahlreiche Hörige. Sie stammten vor allem aus der ehemaligen Rapperswiler Herrschaft. Überliefert ist auch der Kauf von Leibeigenen aus der Herrschaft Attinghausen. Das Kloster gewährte seinen Leuten eine Rechtsstellung, welche die Tradition Heinrich Wandelbers fortsetzte. Sie hatten dem Abt den Treueid zu leisten. Das Kloster übertrug ihnen Güter zur Nutzniessung als Erblehen bis in den vierten Grad. Die Lehen durften aber nur mit Zustimmung des Abtes an andere übertragen werden. Die Bauern hatten den jährlichen Zins gemäss Selbsteinschätzung und zusätzlich bei Todesfällen oder Erbgängen die Fallabgabe zu entrichten. Alle Angehörigen der Klosterfamilie waren frei von Reichssteuern. Ungenossenehen waren verboten ausser mit einer freien Frau. Ihre Kinder blieben vom väterlichen Erbe ausgeschlossen, es fiel hälftig dem Kloster und den übrigen Verwandten zu. Der Abt gelobte allen Untertanen, sie treu in klösterlichem Schutz zu behalten und nie, weder um Geld noch Gut, zu veräussern. Bei Widerspenstigkeit hingegen behielt er sich vor, nach Gutdünken zu verfahren.
Im Frühling und Herbst nahmen der Abt und der Kellner an der Versammlung (Täding) der Klosterfamilie teil, um die niedere Gerichtsbarkeit zu vollziehen und die Zinsen entgegenzunehmen. Die Äbte pochten auf ihre Herrschaftsrechte und widersetzten sich Versuchen, sich aus der Hörigengemeinschaft zu entfernen. Weil die Leute Wettingens schlechter gestellt waren als die Unfreien des Fraumünsters, versuchten einzelne, Zürcher Gotteshausleute zu werden. Vermögende vermochten mit Geld und Dienstleistungen das Ziel zu erreichen. Ärmere aber, die ihre Herkunft verheimlichten, wurden in öffentlichen Prozessen über ihre Hörigkeit befragt. Die Wettinger Leibeigenschaft wurde als schwere Bürde empfunden.
Die unmittelbare Verwaltung der Grundherrschaft oblag einem vom Abte eingesetzten Ammann.
Wettinger Ammänner
1257 gehörte Chuno, des Gotteshauses Ammann von Wettingen, zur Partei der Izzelinge. Über seine Herkunft und Familie ist nichts bekannt.
Um 1290 und später amtete Johannes Gebzo als Wettinger Ammann.
Die nun folgenden Ammänner sind unbekannt.
Die Äbte und Kellner von Wettingen nahmen die Führung viel stärker wahr als die Äbtissinnen von Zürich. Sie waren öfters persönlich in Uri. Die Beamten Wettingens hatten in der Klosterherrschaft nur geringe Selbständigkeit. Sie besassen nie politischen Einfluss, die Macht der Zisterzienser Grundherrschaft war auf ihre Hörigen beschränkt. Die Erblichkeit der Ämter wurde nicht geduldet. Gute Kräfte entfernten sich deshalb von Wettingen und traten in den Dienst des Fraumünsters, wo ihnen mehr Einfluss und eine bessere Laufbahn geboten wurden. Die Wettinger Grundherrschaft geriet in der Folge in den Einfluss gerade dieser Kreise. Auch der Landammann mischte in wachsendem Masse in die Obliegenheiten der klösterlichen Pfleger ein. Im 14. Jahrhundert verstanden es die Habsburger, das hochadelige Kloster in ihren Einflussbereich zu ziehen.
Literatur: Stadler-Planzer Hans, Geschichte des Landes Uri, Bd. 1, S. 119 ff.; www.hls.ch
Quelle / Literatur:
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