Altdorfer Beenälisuppä
BETRIEBSDAUER SUPPENSAISON 2019 /
20
Die Suppi-Saison ist bereits wieder Geschichte. Die Daten für die Saison
2019 / 20 stehen noch nicht fest.
KONTAKTADRESSE
Sekretär
Hansruedi Küttel
Attinghauserstrasse 16
6460 Altdorf
Telefon: 041 870 55 80
Mail: Adresse
ECKDATEN
Saison 2017/18 Liter gekochte Suppe: 3080 Anzahl Suppentage: 49
Anzahl Schüler: 236
VORSTAND
Präsident:
Anton Waser, Altdorf
Suppenkoch und Schaffner: Urs Gasser
Kassier: Martin Hauger, Unterschächen
Sekretär: Hans-Ruedi Küttel, Altdorf
DER GRÜNDER
Landammann Karl Muheim ist der Gründer der Altdorfer Suppenanstalt. Er starb drei Jahre nach der im Jahre 1883 - erst
48-jährig.
EHEMALIGE PRÄSIDENTEN
1880-1881
Dr. Alfred Siegwart
1881-1883
Karl Schmid 1883-1894
Dr. Alfred Siegwart 1895-1904
Anton Furger, Ratsherr 1905-1924 Jean Bucher (starb im Amte) 1925-1928 Martin Arnold 1929-1935 Walter Huber, Konditormeister 1936-1941 Franz Arnold, Wirt 1942-1945 Alfred Schön sen., Kaufmann
1946-1967
Otto Walker, Coiffeurmeister
1967-1993
Gustav Gisler-Waldis, Versicherungsagent
1993-2006
Heinz Gisler, Versicherungsagent
2006-2013 Dr. Peter Brunner, Apotheker
SUPPENKÖCHE
Als derzeitiger Suppenkoch amtet Schaffner Urs Gasser.
Otto Jauch-Kessler (1932-2014), ehemals Hotelier und Wirt des Hotels Goldener Schlüssel
in Altdorf, kochte von 1995 bis 2010 die "Altdorfer Beenälisuppe". Das Rezept
stammt von seinem Vater, der 35 Jahre lang als Suppenkoch tätig war.
1880-1892 Frau Johanna Gisler-Planzer
1893-1894 Frau Anna Lusser
1895-1911 Frau Brand-Haas, Winkel
1912-1914
Frau
Schillig-Haas 1915-1918 Frau Johanna Gisler-Mattli
1919-1920 Frau R. Miesch-Zgraggen
1921-1922 Frau W. Bachmann-Baumann, Allenwinden
1923-1924 Jean Göldi, Koch, Altdorf
1925 Otto Jauch, Koch und Hotelier, Feldli
1926-1928 Frau Vonmentlen, Altdorf
1928-1929 Frau Ida Herger-Müller
1929-1963 Otto Jauch, Koch und Hotelier, Feldli
1963-1964 Heinz Muheim, Konditormeister
1964-1968 Robert Zgraggen
1968-1971 Frau Arnold-Dietziker
1971-1976 Frau Elisabeth Bösch-Bernet
1976-1982 Frau Ida Achermann-Besmer
1982-1994
Frau Käthy Brand-Holdener
1994-2010 Otto Jauch-Kessler
2010-____ Urs Gasser
Den Namen und typischen Geschmack erhält die „Altdorfer
„Beenälisuppä“ von den roten Borlotti-Bohnen. Als weitere Zutaten enthält
die Suppe weisse Bohnen, gelbes Erbs- und Röstmehl, Kartoffeln, Zwiebeln,
Reis, Reibkäse und diverse Gewürze.
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Rezept
Die Altdorfer Beenälisuppe wird in den traditionellen
Suppenchacheli serviert.
GESCHICHTE DER ALTDORFER BEENÄLI-SUPPÄ
Am
17. Januar 1880 schrieb der damalige Landesstatthalters Carl Muheim im «Urner
Wochenblatt» einen Artikel «Zur Volksernährung». Der Verfasser setzte
sich dabei eingehend mit dem Problem der Verschlechterung der Volksernährung
und dem Überhandnehmen des Schnaps- und Kaffeekonsums auseinander. In
seinen Schlussfolgerungen macht er den Vorschlag, in grösseren
Ortschaften, Suppenanstalten zu gründen, denn nicht einmal jede Frau
wisse eine gute Suppe zu kochen, selbst wenn sie in französischen
Instituten gebildet worden sei. Eine gute Suppe aber sei und bleibe die
gesündeste und nahrhafteste Erfrischung. Soweit der Aufruf des
Landesstatthalters!
Eine gute, nahrhafte
Suppe zum
Selbstkostenpreis
Der
Artikel blieb nicht ohne Wirkung. Es wurde eine Kommission bestellt,
welche die Frage der Gründung einer Suppenanstalt zu prüfen und Vorschläge
über Mittel und Wege für ein solch wohltätiges Institut auszuarbeiten
hatte. Die Sache wurde auch öffentlich diskutiert und die Meinungen, ob
eigentliche Volksküchen oder einfachere Suppenanstalten eingerichtet
werden sollten, fanden in teils vehementen Zeitungseinsendungen ihren
Niederschlag. Einen guten Monat später beschlossen die Einwohner von
Altdorf die Gründung der Suppenanstalt als Aktiengesellschaft. Das benötigte
Kapital von 800 Franken war durch eine allgemeine Aktienzeichnung
aufzubringen. Ein Ausschusssollte
die weiteren Aufgaben übernehmen und mit der Aktiensammlung beginnen. Das
gemeinnützige Werk entsprach einem allgemeinen Bedürfnis, speziell in
der Bauzeit der Eisenbahn, wo die Preise der Lebensmittel stets im Steigen
begriffen waren. Der statutarische Zweck der Suppenanstalt sah vor, „an
jedermann, besonders an Arme, Kranke und Hilfsbedürftige eine gute,
nahrhafte Suppe zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen“.
Am
21. März 1880 fand die konstituierende Aktionärversammlung im Hotel zum
Schwarzen Löwen in Altdorf statt, in dessen Verlauf auch ein Präsidium
mit Dr. med. Alfred Siegwart als Vorsitzenden gewählt wurde. Dem siebenköpfigen
Vorstand gehörten weiter der Schaffner, der Kassier, der
Markenkontrolleur, der Aktuar sowie zwei weitere Mitglieder an.
136
Aktionäre zeichneten insgesamt 562 Aktien zu 2 Franken. Freiwillige Beiträge
von 135 Franken ergaben die Gesamtsumme des Betriebskapitals von 1259
Franken. Nach vielerlei Vorbereitungen öffnete die Suppenanstalt Altdorf
am 2. November 1880 ihre Pforten in der damaligen Kaserne, dem heutigen
Zeughaus auf dem Lehn.
Kastanien statt Brot
Die
erste Suppenköchin, Johanna Gisler-Planzer, waltete für 1.40 Franken
Taglohn und 2 Liter Gratissuppe ihres Amtes. Sie verstand ihr Metier
ausgezeichnet und wusste in grossen Kupferkesseln aus Fleischbrühe, Gemüse,
Reis, Bohnen und Brot eine vortreffliche Suppe zu kochen, die für 10
Rappen per Liter verkauft wurde. Die Abnehmer der Suppe konnten diese während
den Wintermonaten in der Kaserne essen, wo ihnen auch das notwendige
Besteck zur Verfügung stand, oder sie konnten diese im „Milchchessäli“
mit nach Hause nehmen. Es wurden durchschnittlich täglich 150 Liter Suppe
gegen Marken à 5 und 10 Rappen abgegeben, die in der Dorf-Apotheke
gekauft werden mussten. Die Zubereitung respektive die Qualität der Suppe
waren dem Schaffner überlassen, der auch den Einkauf tätigte. Es wurde
immer die gleiche Suppe verabfolgt, zwei- bis dreimal pro Saison gab es
Fleischsuppe dank dem Entgegenkommen der ortsansässigen Metzger. 1904 war
die Kollekte so erfolgreich, dass an einem Tag an die Kinder eine
schmackhafte Wurst abgegeben werden konnte. An den Generalversammlungen
war die Abwechslung der Suppe ein sporadisch wieder kehrendes Thema und
der Vorstand erhielt etwa den Auftrag, die Verwendung von Maggi-Einlagen
zuprüfen.
In
den Jahren des Ersten Weltkrieges stellen die Finanzen den Geschmack
jedoch in den Hintergrund. Der Vorstand verglich 1915 die
Selbstkostenpreise der verschiedenen Suppen: 1 Liter Maggisuppe kostete 12
Rappen, 1 Liter gewöhnliche Suppe 10 Rappen und 1 Liter Kartoffelsuppe
8,5 Rappen. In den Kriegsjahren stiegen die Lebensmittelpreise derart an,
dass 1917 der Selbstkostenpreis der Suppe 19 Rappen pro Liter betrug. Nun
erschien die Erhöhung des Literpreises auf 15 Rappen und die Beschränkung
auf 6 Liter Suppe pro Familie gerechtfertigt. Die Preisschraube drehte
sich jedoch horrend und an der Generalversammlung im Dezember musste der
Suppenpreis gar auf 25 Rappen per Liter festgesetzt werden. Die Abgabe von
Brot an die Kinder musste zudem eingestellt werden und es wurden Kastanien
zur Suppe verabreicht.
„Beenälisuppe“ mit
roten Borlotti-Bohnen
Auch
in den krisegeschüttelten 1930er-Jahren fand die Suppe grossen Absatz.
1933 wurde die Rekordzahl von 7'057 Litern erreicht. Der Grund war der
Verkauf der Suppe an den Vinzenz-Verein und an die Gemeinde für die
Arbeitslosen. Im Zweiten Weltkrieg kehrten für die Suppenanstalt die
Mahlzeitencoupons als Rationierungsmarken wieder. Der Krieg bedingte einen
neuen Posten, denjenigen einer Markenkleberin. Während 35 Jahren amtete
Schlüssel-Wirt Otto Jauch-Dittli als Suppenkoch. Laut Protokoll verstand
er nach seinem eigenen Rezept eine Suppe zu machen, die «eine wahre Götterspeise»
war, denn nur der liebe Gott und er sollten wissen, was diese enthalte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde schliesslich die Erhöhung dieser «Götterspeise»
von 35 auf 40 Rappen pro Liter beschlossen. Den Namen und typischen
Geschmack erhält die „Altdorfer „Beenälisuppä“ von den roten
Borlotti-Bohnen. Als weitere Zutaten enthält die Suppe weisse Bohnen,
gelbes Erbs- und Röstmehl, Kartoffeln, Zwiebeln, Reis, Reibkäse und
diverse Gewürze.
Mit
dem nach dem Zeiten Weltkrieg einsetzenden Wohlstand besuchten die Kinder
immer weniger die Suppenanstalt in der Turnhalle Winkel. Der Samstag wurde
in der Folge als Suppentag gestrichen. Ende der 1960er-Jahre wurden an den
46 Betriebstagen noch an jeweils 150 Kinder insgesamt 7000 Portionen Suppe
ausgeteilt. Der Ausschank ging somit innerhalb von 10 Jahren um rund zwei
Drittel zurück. Einzelne zweifelten am Geschmack der Suppe, andere schmähten
die Suppenanstalt als „alten Zopf“. Der Zuspruch zur „Beenälisuppe“
war jedoch immer noch vorhanden. Der Suppenanstalt kam zwar nicht mehr die
gleiche karitative Bedeutung zu, der Vorstand sah die soziale Bedeutung
jedoch darin, dass Kinder bemittelter und weniger bemittelter Eltern am
gleichen Tisch sassen, das gleiche Geschirr erhielten, die gleiche Suppe
assen und alle gleich behandelt wurden.
Tradition steht im
Vordergrund
Heute steht die
Tradition eindeutig im Vordergrund. Die „Altdorfer Beenälisuppä“
soll am Leben erhalten werden. Die Tradition erfüllt jedoch nur dann
ihren Zweck, wenn das Angebot der Gratissuppe von den Kindern auch genutzt
wird. So besuchten in der letzten Suppensaison sieben Schulklassen die „Suppi“.
Man kennt aber auch kleine „Stammgäste“.
Man würde mehr Kinder am Tisch haben,
wenn beispielsweise „Wienerli mit Brot“ abgegeben würden. Die „Suppi“
muss sich jedoch selber finanzieren. Nebst Spenden geschieht dies vor
allem dadurch, dass viele Erwachsene der „Altdorfer Beenälisuppä“
ihre Referenz erweisen. So gehört es in Altdorf praktisch zum Bestandteil
eines Jahrgängers- oder Klassentreffen, dass man im Laufe des Programms
die „Suppi“ besucht. Letzte Saison wurden an den Tischen im Winkel
insgesamt zirka 1000 „Chacheli“ voll Suppe verabreicht. Rund 1500 der
insgesamt 3340 Liter Suppe wurden „über die Gasse“ gegeben.
Traditionell ist der Freitag vielfach noch traditioneller Suppentag, und
die Suppe ist nicht nur nahrhaft, sondern mit 2 Franken pro Liter auch
sehr preisgünstig.
Kein Personalmangel bei
den
Suppenschöpfern
An
der Gründungsversammlung wurden damals 30 Männer ausgewählt, die
abwechslungsweise zu zweien bei der Suppenanstalt die Aufsicht und
Kontrolle zu führen hatten. Sie hatten die Suppe auszuteilen und ungesäumt
an den Markenkontrolleur Rapport zu erstatten. Eine wesentliche Aufgabe
bestand auch in den Kontrollaufgaben über die grosse Schar Kinder und
Jugendlicher. Die Suppenschöpfer wurden anfänglich als Kontrolleure
betitelt. Diese rekrutierten sich - gleich wie noch heute - aus allen
Volks- und Berufsschichten. In den ersten Jahren war man auch nicht
abgeneigt, Frauen im Männerkreise zu dulden. So wurde die Witwe eines
Kontrolleurs 1893 angefragt, ob sie nicht die Stelle ihres Gatten
einnehmen wolle. Die Frauen amteten jedoch in der Folge nur als Köchinnen.
Erst nachdem Frauen in die Behörden Einzug hielten und als Delegation des
Schulrates beim Abschlussessen anwesend waren, wurde das Thema Frauen Ende
des 20. Jahrhunderts wiederum ein Thema. So gipfelte das Interesse der
zwei Vertreterinnen des Schulrats an der Suppenanstalt in der Erklärung,
dass sie bereit wären, als Suppenschöpferinnen zu fungieren, falls dies
mangels männlicher Schöpfer notwendig würde. Schmunzelnd gab Präsident
Gustav Gisler-Waldis zu bedenken, „dass bei solch tief greifenden
Reformen wohl zuerst Chur angefragt werden müsste, um eventuellen
Sanktionen vorzubeugen.“ 1907 auferlegten sich die Suppenschöpfer
erstmals eine Busse von 50 Rappen bei unentschuldigtem Fernbleiben vom
Suppenschöpfen. Mit diesen Beiträgen wird bis in die Gegenwart das so
genannte „Bussenessen“ finanziert.
Die
„Suppi“-Tradition stösst auch bei den Behörden auf gutes Echo und so
wird die Suppenanstalt in corpore vom Regierungsrat bis zum Schulrat
besucht. Für die Erhaltung dieses wohltätigen Brauchtums erhielt die
Suppenanstalt im Jahr 2000 denn auch die Altdorfer Medaille.
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NAHRUNGSMITTEL-PRODUKTION
FISCHFANG UND FISCHZUCHT
JAGD
KULINARISCHES
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