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Gesetzes- und Verfassungsbestimmungen

LB UR (1823) Bd I S. 072-076.
Niederlassung und Aufnahme von Beisassen (Art. 089 LB)
Mittwoch, 1. Januar 1823
   
«1 §. Es soll keiner, so des hiesigen Landrechts nicht genößig ist, in unserm Kanton ansitzen und wohnen mögen, außer er habe vorher bey der Gemeinde, in der er ansitzen will, um die Bewilligung dafür angesucht, und dieselbe, wenn er sie erhalten, dem w. w. Rath zur Bestättigung vorgelegt.

2 §. Die Ansitz-Bewilligung soll von den Gemeinden nur unter folgenden Bedingungen ertheilt werden:
a) Daß der Ansitzende gehörigen Heimath-und Wohlverhaltungsschein habe.
b) Das er eine gute Bürgschaft lege, deren Betrag der Gemeinde zu bestimmen überlassen ist, doch daß sie für ihn nicht mehr als Gl. 400 und nicht weniger als Gl. 300, und für jedes in's Land bringende Kind nicht über Gl. 100, und nicht unter Gl. 60 sein solle, und wenn ein ausgewachsener Sohn sich verheiratet, oder sonst allein Haushaltung und Gewerb führt, soll er die Bürgschaft auch zu leisten schuldig seyn.
c) Er solle beym Ansitz eine Gebühr von Gl. 60 der Gemeinde, und Gl. 20 für die Armen entrichten.
d) Er solle jährlich, statt ehemals bestandener Beschwerden und für die von den verschiedenen Sicherheit- und Lehranstalten einer Gemeinde ihm zukommenden Vortheile, eine Abgabe nach Bestimmung der Gemeinde, doch nicht über Gl. 26, und nicht unter Gl. 13 entrichten, wovon die Hälfte dem Gemeind-Seckel, und die andre Hälfte dem Armengut zukommen solle.

3 §. Die von dem ansitzenden Fremden geleistete Bürgschaft solle vorerst zu Deckung der allenfalls von der Gemeinde wegen solchem gehabten Auslagen, und hernach im übrigen für allfällige Schulden im Land bestimmt seyn.

4 §. Ueber die Hochheitliche Ratifikation einer solchen Annahme soll im w. w. Rath immer zur Zeit der Behandlung der wichtigern Geschäften berathen, und dabey der Heimath-und Wohlverhaltungsschein zur Prüfung der Aechtheit, als auch der Beweis vorgelegt werden, daß die Bürgschaft und Abgabe laut Litt b: und c. des obigen Paragraphs vorläufig bey der Gemeind hinterlegt worden seyen. Für erfolgte Ratifikation solle dann der ansitzende Fremde einen Schein herausnehmen, und 2 Rthlr. zu Händen des Landsäckelamts bezahlen müssen.

5 §. So wie laut Gesetz ohne oberkeitliche Bewilligung kein Fremder ehelich eingesegnet werden soll; so sollen fürohin, wenn ein Angesessener, oder dessen Sohn in hier sich zu verehelichen wünschen, solche im hiesigen Land nicht kopuliert werden mögen, es sey dann, daß dieselbe von ihrer Kantons Obrigkeit die gehörige Erlaubniß dazu haben, welche vom resp. Dorfgericht zu Anerkennung von deren Aechtheit dem w. w. Rath vorgewiesen werden solle.

6 §. Wenn Angesessene durch Unsittlichkeit und schlechten Wandel der Gemeinde zum Aergerniß, oder durch Bettel zur Last fielen, sollen die resp. Dorfgerichte verpflichtet seyn, wenn vorläufige Ermahnungen fruchtlos geblieben, solche in ihre Heimath fortzuweisen, und hiefür der oberkeitliche Beystand angesucht, und geleistet werden.

7 §. Wenn eine Gemeinde jemand ohne solche Ansitzbewilligung und oberkeitliche Ratifikation duldet, ist sie für alle und jede daherige Folgen verantwortlich.

8 §. Diese Verordnung ist auf alle seit den 1ten Jänner 1814, als dem Zeitpunkt des Aufhörenw der Mediations-Acte, im Land Angesessene und künftig Ansitzende anwendbar. Für die früher Angesessene und alten Beysaßen aber bleibt die Verordnung des folgenden Artikels in Kraft.

9 §. Die Angesessenen haben sich der, hinsichtlich der Gewerbstreibung bestehenden Verordnung, so wie andern sie berührenden Satz und Ordnungen zu unterwerfen.

10 §. Alle feit dem Ausbruch der Revolution im Jahr 1798 Angesessenen und künftig Ansitzenden dürfen nur in der Gemeind wohnen, wo sie angenommen sind, und so in eine andre ziehen wollen, müssen sich selbe jedesmal den Vorschriften des 1ten und 2ten § dieser gesetzlichen Verordnung unterziehen. Die vor 1798 im Land Angesessenen und alten An- und Beysaßen sind aber, in Betracht der mit uns und unfern Vätern für's Vaterland gethanen Auszügen und getragenen Lasten, dieser Beschränkung nicht unterworfen.

11 §. Die Ausländer, so nicht Schweizerbürger sind, betreffend, soll keinem ohne Bewilligung der Landsgemeinde der Ansitz gestattet werden, und so diese es bewilliget, hat er sich dann der obigen Verordnung zu unterwerfen, wobey das bey Lit. b und d des 2ten §. bestimmte Maximum für's Minimum gelten, und ein mehrers nach Umständen und Billigkeit der Gemeinde, wo er den Ansitz begehrt, überlassen seyn soll.

12 §. Alle sowohl alte als neue Angesessene sind, wie allen übrigen gesetzlichen Beschwerden, so auch der Militair-Pflicht gleich dem Landsmann unterworfen.»

Ergänzung vom 12. April 1839 (Beschluss Landrat)
«Wenn eine fremde in dem hiesigen Kanton verehelichte Weibsperson in vermögenslose und der Unterstützung bedürftige Umstände kommt; so könne sie allererst auf die hinterlegten Gl. 300 Anspruch machen, bevor Armenpflege und Verwandte um Unterstützung angegangen werden sollen, wo dann aber die gemeindräthliche Bewilligung und Hoheitliche Ratification für solche Kapitalveräußerungen eingeholt werden müssen.»

    
LG 1813, 1818; LB UR 1823 Bd I, S. 70 f. / LR 12.4.1839; LB UR 1842 Bd III, S. 29.
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Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / Impressum / Letzte Aktualisierung: 26.8.2018