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«Das Urner Dorf» von Karl Iten



Spiringen

«Kurz bevor die steilen Strassenkehren beginnen, endet das heimliche Tannendüster. Die Passstrasse verlässt nun endgültig ihren munteren Begleiter, den Schächen, in dessen goldbraun durchsonnten Wassertümpeln die silberschuppigen Bachforellen stehen, mit starr glotzendem Auge, als lauschten sie dem hellen Singen der Flusskiesel, die am Grunde des Bachbettes von der Strömung langsam zu Tal gerollt werden. Jetzt schraubt sich die Strasse empor. Bei der Sägerei auf halber Höhe verschnaufe ich einen Augenblick und atme tief den bergwaldfrischen Harzduft der hellen, eben geschnittenen Tannenbretter; sie werden von den Sägern zum Trocknen links und rechts der Strasse zu hohen Stössen aufgeschichtet. Und dann grüsst mich dein Kirchturm von der Höhe, spitz und scharf und ehrfurchtheischend wie das Schwert des Erzengels Michael, des heiligen Streiters Gottes im Kampf gegen das Böse. Spiringen – Hüter des Eingangs zum schönsten Teile Uris! Doch kaum hat die Strasse deinen Hügel erklommen und dich erst am Rande gestreift, wendet sie sich auch schon wieder ab und strebt eilig bergwärts. Erst viel weiter hinten im Tal, wenn ich zurückblickend deine Häuser am steilen Hang liegen sehe, nehme ich mir vor, das nächste Mal dort zu verweilen. Frei verstreut liegen die «Eigen» an den stotzigen Halden, als habe ein Riesenkind seine Bauklötze ausgeschüttet und als seien sie, vom Zufall gelenkt, kreuz und quer in die Tiefe gepurzelt. Und weit unten, im dunstigen Sommerblau, weist der nadelschlanke Turm deiner Kirche in jene Richtung, die selbst im engsten Tale unaufhaltsam ins Grenzenlose führt.»

Iten Karl; Eine beschauliche Reise durch den Kanton Uri festgehalten in einer Folge von Linolschnitten und Texten von Karl Iten; Altdorf 1968.


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Urnerboden

«Nichts vermag deine winterlich-abgeschiedene Lage besser zu umschreiben, als dies: Dass dich meine Worte, die ich in Altdorf schreibe, nicht auf dem nächsten Weg über den Klausenpass erreichen, sondern aussen herum, über Goldau, Lachen und das glarnerische Linthal! Unter deinen Schneelasten harrst du ungeduldig auf den Tag, an dem der erste Jauchzer von der Passhöhe und ein fröhliches Treicheln und Schellen wieder die Ankunft der Herden auf der Alp und den Beginn eines neuen Sommers verkünden. Dann wird es Zeit! Dann, Freunde, geht – ich rat' es euch – und schreitet in der silbernen Morgenfrühe hinunter in die grüne, lockende Tiefe! Unterwegs wird euch der Hüterbub mit seiner Geissenschar begegnen; seht nur, welch glänzende Felle, welch neugierige Blicke aus hundert schalkhaften, bernsteingelben Äuglein, und welcher Wald drohenden Gehörns! Das messingene Gebimmel der Glöcklein und das emsige Trippeln der Tiere liegt wie eine lichte Wolke in der frischen Morgenluft und entfernt sich eilig bergwärts. Rosig streift das erste Morgenlicht die zernagten Gräte der gewaltigen, den Himmel verdrängenden Kalkwände, und aus den wettergrauen Hütten vor euch steigen dünne, milchig-blaue Räuchlein. Ersteht euch hier ein goldgelbes, rundes Alpkäslein! Glaubt mir, jedesmal, wenn zu Hause ein Stück davon auf eurem Teller liegt, spürt ihr noch einmal, wie ein leises Echo, den würzigen Geruch dieser sommerlichen Weiden: Das kurze Gras und die kräftigen Kräuter, den immergrünen Steinbrech und die kugelige Rapunzel den blauen Eisenhut, die bärtige Glockenblume mit ihrem verwaschenen Blau und die hellgeränderten, zierlich gefalteten Silbermäntelchen ... Ennetmärcht – so lebst du in meiner Erinnerung: Als gründurchsonnte, blaudurchschattete, ländliche Idylle vor dem sonntäglich-stillen Leuchten ferner, weisser Wolkentürme.»

Iten Karl; Eine beschauliche Reise durch den Kanton Uri festgehalten in einer Folge von Linolschnitten und Texten von Karl Iten; Altdorf 1968.


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Bauen (1802-2020)



Karl Iten verfasste viele Bücher und Schriften über Uri. So erschien 1968 eine beschauliche Reise durch den Kanton Uri festgehalten in einer Folge von Linolschnitten und Texten. Darin hat er alle Urner Dörfer aus seiner Sicht porträtiert.

> Portrait Karl Iten (1931-2001)

Texte und Angaben: Quellenverweise und Rolf Gisler-Jauch / Angaben ohne Gewähr / letzte Aktualisierung: 22.09.2021